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Shlohmo - Dark red

Shlohmo- Dark red

True Panther / Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 03.04.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Die Tiefe des Raums

Manche Parties dauern zu lange. Eigentlich wollte man ja schon um drei gehen, doch aus unerfindlichen Gründen sitzt die eigene Hülle im morgenfahlen Grauen immer noch in dem abgewetzten Sessel, der vom Sperrmüll sein sollte, aber von IKEA ist. Menschen, die ebenfalls noch Wachsein vorgaukeln, führen Nicht-Gespräche. Das sich Bahn brechende Sonnenlicht offenbart die Notwendigkeit eines Großputzes, der wahrscheinlich auf "morgen" verschoben werden wird – wann immer auch das sein mag. Und aus den Lautsprechern, die billiger aussehen, als sie klingen, erschallt ein dämmriges Jaulen. Jedes einzelne Instrument wirkt zu laut, obwohl die Anlage nur halb aufgedreht ist. Passend zur Situation auch der Titel eines Tracks wie "Buried". Halb geöffnete Augen blinzeln durch Schall und Rauch. Ist es wirklich schon so spät?

Henry Laufer alias Shlohmo ist wahrscheinlich auch ein Wachbleiber. Einer, der nächtelang Rädchen dreht und Regler verschiebt. Immer auf der Suche nach diesem einen Sound, der wie ein Tinnitus im Kopf sitzt und raus muss. In die Lautsprecher, in die Welt. Einer, der liebend gerne auf eine gesunde Gesichtsfarbe verzichtet, wenn er dafür einen perfekt zischelnden Hi-Hat-Sound bekommen kann. Somnambul und tastend sind die Miniaturen des US-Amerikaners. Zeugnisse einer Innerlichkeit, die auf der Suche nach Ausdruck ins Stolpern gerät. Und jede Sekunde der Dissoziation genießt. Wenn die Synthesizer keuchen und husten, während verstimmte Gitarren den Neonmond anheulen. Wenn wie in "Relentless" verhuschte Stimmen den Übergang vom Rausch zum Rauschen ankündigen. Wenn der Vorhang fällt.

Klänge werden entblättert, Resonanzen ausgereizt. Unaufdringlich, aber unnachgiebig beißen sich Melodiefetzen fest. Gerade weil nichts so recht zusammenpassen will, ergibt alles plötzlich Sinn. Der unstet dahineiernde Sample-Wirrwarr von "Ditch". Der liebevoll dekonstruierte Breakbeat von "Slow descent". Der fehlende Boden, der den Füßen Platz zum Fallen lässt. Selbsthypnose ist eine effektive Strategie zur Wirklichkeitsbewältigung, sofern das Bewusstsein ausreichend verlangsamt wurde. Der Musikproduzent nennt das "time stretch". Shlohmo nennt es "Remain". Denn nur durch Wiederholung, durch das Zelebrieren zerdehnter Klangschleifen sind Ideen von Dauer. Am Ende des Schlingerns wartet vielleicht so etwas wie Trost – in Dur-Kadenzen gehüllt. Die Verfänglichkeit des Moments zerfließt, digitale Hände klatschen und eine Sirene heult. Odysseus, komm gut heim. Der Raum ist tief und leer.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Ten days of falling
  • Slow descent
  • Ditch
  • Fading

Tracklist

  1. Ten days of falling
  2. Meet ur maker
  3. Buried
  4. Emerge from smoke
  5. Slow descent
  6. Apathy (feat. D33j)
  7. Relentless
  8. Ditch
  9. Remains
  10. Fading
  11. Beams

Gesamtspielzeit: 58:26 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2015-04-30 01:08:56 Uhr
Was ist denn hier los, dass plötzlich solche Sachen wie Shlohmo rezensiert werden? Darf ruhig öfters vorkommen.
Das Album selbst hat mich allerdings beim ersten Hören im Vergleich zum tollen Vorgänger ziemlich kalt gelassen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2015-04-29 23:37:42 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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