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Good Riddance - Peace in our time

Good Riddance- Peace in our time

Fat Wreck / Edel
VÖ: 24.04.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Mehr Fäuste

Das Jahr 2007 ging langsam zur Neige, George Bush war so gut wie weg aus dem Weißen Haus, Barack Obamas großes Wahljahr stand kurz bevor. Und mit ihm für viele Amerikaner jede Menge Hoffnung vor der Tür, dass sich was ändern würde, dass soziale Ungerechtigkeit und schwelender Rassismus offen diskutiert würden, und dass die Staaten ihre Rolle als Weltpolizei friedfertiger angehen würden. Was also tun als alternder Polit-Punk, als Sprachrohr einer Szene, die sich schon vor der Verabschiedung des in linken Kreisen verhassten Ex-Präsidenten in einer Identitätskrise befand? Getreu ihrer Haltung zogen Good Riddance die Konsequenz zu gehen. "Wir wollten nicht die Band sein, die Platten rausbringt, aber kaum Neues mehr zu sagen hat, und die dann keiner mehr hört", erklärt Frontmann Russ Rankin. Die Bandmitglieder kümmerten sich um andere Projekte und die Familien, und jeder bekam die Zeit, die er brauchte, um Abstand zu gewinnen.

Doch Kollege Gedwien sollte mit "Aussterben ausgeschlossen", seinem damaligen "My republic"-Fazit, tatsächlich Recht behalten: Good Riddance vermissten es unheimlich, ihre Songs zu spielen. Erste Revival-Konzerte folgten 2012, das Feuer brannte. Dass es mit "Peace of our time" bald auch neue Songs geben würde, daran ist das große Ganze mit schuld: Die US-Wirtschaft schlingert von Krise zu Krise, die USA mischen in diversen Kriegen sowie unübersichtlichen Konflikten mit und weiße Polizisten erschießen unbewaffnete Afro-Amerikaner. Höchste Zeit, die alten Messer auf Hochglanz zu wetzen – egal, was die da draußen sagen. Sich nicht für alte Punk-Ideale belächeln lassen zu müssen, sie in politisch brisanten Zeiten lautstark zu vertreten, davon handelt "Disputatio": In gut zwei Minuten vereint der Song alles, wofür man Good Riddance vermisst hat: Stakkato-Tom, fräsende Gitarren und Rankins Gespür für Widerhaken und Refrain.

"Peace in our time" ist nach über acht Jahren als ernstgemeintes Comeback zu verstehen: "We got to reconnect ourselves / And make this something more than fashion" bringt "Take it to the heart" das im Grunde nie begrabene Selbstverständnis dieser Band und den Appell an die Welt, Veränderung nicht als abstrakte Illusion abzutun, auf den Punkt. Dass der Song mit Shouting-Strophen und Killer-Refrain aufwartet und damit ein veritabler Hit ist – müßig zu erwähnen. Während die melodieverliebten "Washed away" und "Grace and virtue" in der Tradition von All und Descendents stehen und Ersteres etwas seicht klingt, nimmt sich umgehend "No greater fight" seiner gerade mal 81 Sekunden an, um alle Rest-Zweifel wegzuboxen: Schnell wie Bad Religion in ihren besten, alten Tagen drückt Sean Sellers am Schlagzeug das Gaspedal auf Anschlag als wäre 1997, bis Luke Pabichs Gitarre die Tonleiter von oben einfräst und der Refrain in einem Meer aus Fäusten fischt.

Das Album wurde mit exakt der Besetzung eingespielt, die in den Neunzigern "Ballads from the revolution" oder "Comprehensive guide to modern rebellion" geschaffen hat. Und lässt man die in "Dry season" hörbaren Referenzen zum hardcorelastigeren "Operation Phoenix"-Album außen vor, klingt die achte Platte des Vierers aus Santa Cruz tatsächlich wie damals – und frischer als etwa "My republic". Auch im hinteren Albumdrittel reihen sich mit "Running on fumes" und "Year zero" Protestsongs gegen den aktuellen Status Quo der Amerikanischen Demokratie. Noch zwei Mal Tempo, Breaks und Melodie, bevor dann "Glory glory" die Beleuchtung im mit Rauch und Schweiß erfüllten Raum erlischt. Dunkel schaut's aus, überm großen Teich. Und wenn die Lichter bald komplett erlöschen sollten, sag' bitte keiner, man hätte nicht davor gewarnt.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Disputatio
  • Take it to the heart
  • No greater fight
  • Running on fumes

Tracklist

  1. Disputatio
  2. Contrition
  3. Take it to the heart
  4. Half measures
  5. Grace and virtue
  6. No greater fight
  7. Dry season
  8. Teachable moments
  9. Washed away
  10. Our better natures
  11. Shiloh
  12. Running on fumes
  13. Year zero
  14. Glory glory

Gesamtspielzeit: 29:02 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2801

Registriert seit 14.06.2013

2015-04-23 11:27:28 Uhr
Wat? :)
Typotipp
2015-04-22 23:16:10 Uhr
@eric:
Wenn du die Lichter im letzten Satz der Rezi "erlöschen" lässt, statt sie zu "erlischen", kannst du auch dieses Posting wieder löschen.

Obrac

Postings: 2116

Registriert seit 13.06.2013

2015-04-15 12:13:00 Uhr
Du wirst für deine Worte geradestehen müssen, sollte sich die Platte als schlecht erweisen.

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2801

Registriert seit 14.06.2013

2015-04-15 09:54:46 Uhr
Hat aber trotzdem wieder mehr Kante als die letzte, bis auf die Hymne "Boise" und zwei, drei andere für mich recht leblose Platte.

Obrac

Postings: 2116

Registriert seit 13.06.2013

2015-04-14 15:59:01 Uhr
Exzellent.
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