Radio 4 - Gotham!
City Slang / Labels / Virgin / EMI
VÖ: 30.09.2002
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Apfelstrudel
Eine Stadt, unzählige neue Bands, null Friseurbesuche. Keine Frage, New Yorks Musiklandschaft ist wieder wer. Seit die Strokes zwecks Welteroberung auszogen, stehen Woche für Woche neue Mattenträger auf der Matte, kleiden sich, als würden sie einem Second-Hand-Wanderbazar hinterherreisen, und revivaln, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Verrückte Hühner wie die Liars drehen den Art-Punk durch den Reißwolf, atemberaubende Styler wie Interpol tappen im Dunkeln, und Straßenpenner-Lookalikes wie die Yeah Yeah Yeahs werden zum Next-Big-Thing-Topfavoriten auserkoren. Wir erkennen derweil neiderfüllt an: This city never sleeps, indeed.
Und nun also Radio 4. Die nächsten New Yorker, die bis zum Hals im Lärm der Spätsiebziger stecken. Soweit also nichts besonderes. Ganz im Gegensatz zu dem, was mit ihrem wehrlosen Kopf passiert ist. Auf den muß nämlich eine bunt blinkende Discokugel gefallen sein. Zumindest läßt sich nicht anders erklären, wie man ein Album wie "Gotham!" aufnehmen kann, das auf einer Idee beruht, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Meint zumindest der Kopf: Disco meets Punk und macht ihm ordentlich Beine. Das kann doch gar nicht gehen. Der Bauch hört aber "Dance to the underground", murmelt was von "paßt schon" und wirft sich ins Getümmel auf der Tanzfläche.
"Gotham!" ist ein feuerspeiendes Monster von einer Platte geworden, ein Album nach dessen Genuß selbst die Stereoanlage naßgeschwitzt ist. Wobei diese sowieso der völlig falsche Ort für die Klänge von Radio 4 ist, denn deren 13 Songs gehören auf den Plattenteller eines geschmackssicheren DJs - oder am besten gleich auf die Bühne. Dort muß es der helle Wahnsinn sein, wie der Baß einen tighten Beat hinklatscht, die Schrammelgitarren sich kongenial reinfrickeln und die Percussion das ganze bedingungslos nach vorne pusht und mit dreckscoolen Bongo-Soli abrundet. Your disco needs this!
Rastlos schwanken schwer keuchende Pumper wie "Our town" und "Certain tragedy" zwischen bedingungsloser Tanzbarkeit und rührendem Pre-9/11-NY-Tribut. Pausen sind dabei rar und kurz. Das zähflüssige "Pipe bombs" fließt mit ätherischer Langsamkeit durch die Hirnwindungen seiner Zuhörer, muß dann allerdings der völlig überdrehten Mottomusik von "New disco" weichen, die absolut jeden Dancefloor abfackelt. So wackelt am Ende selbst der Kopf mit dem Arsch. "Dance to the underground" eben. Now or never. Wenn this nämlich nicht it is, dann wissen wir auch nicht mehr weiter.
Highlights
- Our town
- Dance to the underground
- Certain tragedy
- New disco
Tracklist
- Our town
- Start a fire
- Eyes wide open
- Dance to the underground
- Struggle
- Calling all enthusiasts
- Save your city
- Speaking in codes
- Certain tragedy
- The movies
- End of the rope
- Pipe bombs
- New disco
Gesamtspielzeit: 49:24 min.
Referenzen
The Rapture; The Faint; Liars; Gang Of Four; Public Image Limited; The Clash; Mission Of Burma; The Fall; Television; Talking Heads; Wire; Millionaire; Clinic; Ikara Colt; Les Savy Fav; ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead; Sonic Youth; Fugazi; Brainiac; Q And Not U; The Dismemberment Plan; The Robocop Kraus; Bloc Party; Spoon; The (International) Noise Conspiracy; Primal Scream
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