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William Elliott Whitmore - Radium death

William Elliott Whitmore- Radium death

Anti / Epitaph
VÖ: 27.03.2015

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Punk im Schafspelz

William Elliott Whitmore ist ein naturverbundener Mensch. Er ist Farmer in Iowa, hat sein Leben nach den Zyklen der Erntezeit ausgerichtet. Doch ist er auch dieser Ausnahme-Musiker. Seine Lieder behandeln das einfache Leben; mit durchdringenden Metaphern aus Natur und Feldarbeit vermag er tiefe Gefühlszerrüttungen und den kompletten emotionalen Haushalt des Menschen zu beschreiben. In seinen Texten verschmilzt das Innenleben über den Ackerbau mit der umgebenden Umwelt zu einer synthetischen Einheit. Im Laufe der Jahre kanalisierte Whitmore seinen (durch und durch säkularen) Pantheismus zu politisch motivierter Systemkritik und aufbegehrender Selbstermächtigung. Seine musikalischen Ambitionen beschränkten sich dabei auf seine unverkennbare, einzigartige Stimme und auf größtmöglichen Minimalismus: Banjo, Gitarre, hier und da etwas Schlagzeug. Mit den simpelsten Mitteln gelang ihm seine ureigene Uminterpretation des Roots-Folk.

Doch jahrelang das Immergleiche ist des Gleichen zu viel. Whitmore verspürte das Bedürfnis zu "more full-band type stuff". Mit diesem Gedanken im Hinterkopf entstand "Radium death". Zwischen Tierfütterung, Aussaat, Ernte und Schreinerei reiste Whitmore einmal wöchentlich zu den Flat Black Studios in Iowa City, die sein Cousin Luke Tweedy aus dem Boden stampfte. Jenseits der Farmroutine arbeitete Whitmore in entspannter Atmosphäre an seiner musikalischen Metamorphose. "Radium death" ist ein weiteres Glanzlicht in der langen Reihe der whitmoreschen Meisterwerke: markerschütternd, aufrüttelnd und melancholisch. Zugleich löst es im Medium des Americana, Blues und Folk das Versprechen ein, das uns der Punk seit Jahren gibt: Rebellion, und das aus guten Gründen. Auf "Radium death" behandelt Withmore Themen im folkloristischen Gewand, die in dieser Form sonst eher im Hardcore exerziert werden. Der Titel nimmt Bezug auf die sogenannten "Radium girls" des beginnenden 20. Jahrhunderts – Frauen, die am Fließband Uhrenzeiger mit Radium bestrichen, damit diese im Dunkeln leuchteten. Dabei leckten sie die Pinsel ab, um sie zu formen. Zu der Zeit allerdings war nicht bekannt, dass die chemische Substanz hochgradig schädlich ist. Für Whitmore repräsentiert der Titel nicht nur alle jene Dinge, die andere für uns als gut bestimmen und die dann zur Gefahr werden, sondern auch Gegenmaßnahmen, mit denen wir uns schützen können. Es geht um Überleben, Schutz und menschlichen Respekt. Musikalisch gelingt die versuchte Metamorphose nur bedingt, dafür ist Whitmore zu sehr Whitmore. Zum gewohnten DIY-Ethos kommen auf "Radium death" Wut und Aggression sowie eine Klangexpansion in Richtung Bandsound. "Times change, and I hope that I can too / This world is strange, I guess we've all got some healing to do" schmettert er zum rhythmischen Shuffle von "Healing to do", einem Kampfaufruf, die angerichteten kollektiven Schäden auszumerzen.

Unterbrochen wird die Anklage des Künstlers von einem gut zehn Sekunden langen Schrei, der in dieser Form auch von einem gestandenen Hardcore-Growler kommen könnte, um die Augen ja nicht mehr vor den Problemen der Welt zu verschließen. Dieser von einem Uptempo getragene Impetus wird mit "1000 deaths" und "Don't strike me down" fortgesetzt. Harsche Zivilisationskritik wird dagegen in "Civilizations" mit schlichter Banjo-Untermalung intoniert, wogegen "South Lee County brew" weniger um billigen Fusel, als um solidarisches Sozialbewusstsein bemüht ist. Schließlich gemahnt Whitmore in dem an Gospel-Standards erinnernden "Ain't gone yet" an die Pflicht der Generation Hashtag, ihr Möglichstes zu tun, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen – denn es wird eine nächste Generation folgen. Ein Aufruf, der uns alle betrifft. Natürlich ist das moraldurchtränkt und auf den ersten Blick banal. Doch worum ging es den alten Punk-Heroen, zu denen wir stets hochschauen? Um nichts anderes. Und niemand wird abstreiten wollen, dass es höchste Eisenbahn ist, Whitmores Aufruf nachzukommen.

(Peter Somogyi)

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Highlights

  • Healing to do
  • Civilizations
  • Go on home

Tracklist

  1. Healing to do
  2. Civilizations
  3. Trouble in your heart
  4. A thousand deaths
  5. Go on home
  6. Don't strike me down
  7. Can't go back
  8. South Lee County brew
  9. Have mercy
  10. Ain't gone yet

Gesamtspielzeit: 34:01 min.

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Armin

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2015-04-01 19:47:05 Uhr
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