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Agnostic Front - The American dream died

Agnostic Front- The American dream died

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 03.04.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Auf! Die! Fresse!

Über das Zusammenwirken von Musik und Politik sind schon zahlreiche Bücher geschrieben worden. Während die einen sagen, Musik diene lediglich der Unterhaltung, nutzen andere wiederum ihre Kunst als explizites Sprachrohr, um ihre politischen Botschaften zu verbreiten. Hardcore-Punk, insbesondere derjenige aus New York, hat sich hingegen schon immer eindeutig positioniert: Seit Jahrzehnten werden der Zusammenhalt der Szene beschworen und soziale Missstände angeprangert. Auch wenn insbesondere in den Achtzigern Bands wie die Cro-Mags, aber auch Agnostic Front mit Lyrics, die mit "ultra-konservativ" noch sehr wohlwollend umschrieben sind, eindeutig über das Ziel hinaus geschossen haben. Auch wenn sich die Mehrheit der Hardcore-Bands nach wie vor durchaus wertkonservativ zeigt, sind diese Zeiten gottlob vorbei. Im Fall von Agnostic Front geht dies sogar so weit, dass sich die Band gegen so manchen Widerstand aus der Szene dem Metal-Publikum geöffnet hat und gar auf im Kern völlig punkfernen Festivals wie dem Wacken Open Air auftritt.

Doch jetzt ist Agnostic-Front-Boss Roger Miret angepisst. Richtig angepisst. Denn das Amerika im Allgemeinen und das New York im Speziellen, das für viele immer noch einen gewissen Traum verkörpert, ist im Kern marode, eine Mischung aus Polizeistaat und hemmungslosem Kapitalismus, der den Schwachen, denen es einst Schutz bieten sollte, keinen Raum mehr zum Atmen lässt. Alleine schon das dystopische Intro zu "The American dream died" zeigt die blanke Wut, den Hass auf das eine Prozent der Bevölkerung, das den gesamten Wohlstand unter sich aufteilt. Und Banken und multinationale Konzerne kriegen ihr verdientes Fett im Titeltrack gleich mit ab. Noch nicht zornig genug? Dann tritt "Police violence" in einer knappen Minute den anscheinend völlig außer Kontrolle geratenen Gesetzeshütern so richtig ans Schienbein, ach was, mit Anlauf in die Visage.

Subtil wie eine Dampframme prügeln sich Agnostic Front durch 16 Songs in gerade einmal 28 Minuten, bellt Miret seinen unbändigen Zorn in die Welt hinaus, ohne jeglichen Schnickschnack, lediglich von kurzen Metal-Riffs unterbrochen, um in der Schlacht im Pit kurz für sowas ähnliches wie Ordnung zu sorgen. Doch diese rohe Gewalt hat Struktur, reißt immer wieder mit. Womit selbst vermeintlich abgedroschene Klischees wie die Gangshouts im zum gefühlt 2573. Mal den Zusammenhalt der Szene beweihräuchernden "Never walk alone" keinesfalls platt oder gar albern wirken, sondern eher zum gemeinsamen Kampf anzetteln. Seht her, wir halten seit Jahrzehnten zusammen, ihr könnt es auch, so die Botschaft. Die sogleich von den völlig enthemmten Abrissbirnen "Enough is enough" und "I can't relate" auf die Straße getragen wird.

Nein, Agnostic Front kämpfen nicht mit feiner Klinge, sondern bevorzugen den ungefilterten verbalen Faustschlag. Auch wenn die Selbstjustiz-Lyrics in "Social justice" wohl zu viel des Guten sind, transportiert "The American dream died" rohe Energie, blanke Wut, aber auch entschlossene Riffs – allemal verlangt die alte Punkregel "Kein Song länger als zwei Minuten" verdammt noch mal auf den Punkt zu kommen und sich nicht in Geplänkel wie Gitarrensoli zu verlieren. Selten waren Agnostic Front so rücksichtslos old school, selten so entschlossen. Und doch gelingt es den New Yorkern, das Niveau so hoch zu halten, dass man zwar umgehend den Molli abfeuern möchte, aber andererseits doch überlegt, ob es nicht schlauer sein könnte, die Aggression im Moshpit zu lassen. Denn ebenjene Wut auf die Gesellschaft so eindrucksvoll zu kanalisieren, dass muss man erst einmal schaffen.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Police violence
  • Never walk alone
  • Old New York

Tracklist

  1. Intro
  2. The American dream died
  3. Police violence
  4. Only in America
  5. Test of time
  6. We walk the line
  7. Never walk alone
  8. Enough is enough
  9. I can't relate
  10. Old New York
  11. Social justice
  12. Reasonable doubt
  13. No war fuck you
  14. Attack!
  15. A wise man
  16. Just like yesterday

Gesamtspielzeit: 27:59 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
wilson
2015-04-08 18:04:09 Uhr
die "victim in pain" reicht mir!
ja...
2015-04-08 14:46:12 Uhr
Vor allem, wo der schon Jahrzehnte mausetot ist...
Kein Fan
2015-04-08 14:30:26 Uhr
"The American dream died"

Meine Güte was für bierseliger dumpfer Titel!
Och nee
2015-04-04 10:49:09 Uhr
Diesen Proll-Hardcore-Müll brauch nun wirklich kein Mensch!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28474

Registriert seit 08.01.2012

2015-04-01 19:44:18 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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