Steve Hackett - Wolflight
InsideOut / Universal
VÖ: 27.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Wie ein guter Wein
Gitarristen sind Rampensäue, die sich wild solierend in die Glückseligkeit gniedeln. So will es ein weitläufiges Klischee. Stephen Richard Hackett allerdings hat noch nie viel Wert darauf gelegt, auch wenn er allen Grund dazu hätte – allemal gilt Hackett als Erfinder diverser Spieltechniken, die sich später Eddie Van Halen oder Yngwie Malmsteen zu eigen machten. Hackett allerdings war immer damit zufrieden, in sich versunken, auf der Bühne zu Beginn seiner Karriere gar auf einem Stuhl sitzend, mit seinem feingliedrigen Gitarrenspiel die Songs der großen Genesis-Ära aus den Siebzigern zu unsterblichen Klassikern zu veredeln. Bizarrerweise sollte ihn diese schöngeistige Haltung später den Job kosten, als Hackett nämlich allzu offensiv mehr Songanteile forderte und daraufhin mit dem Band-Vordenker Tony Banks amtlich zusammenrasselte.
Während dies mittlerweile Geschichte ist, bleibt eines bei Steve Hackett konstant: Seine Platten bleiben vordergründig leise, introvertierte Werke, deren Zauber sich erst nach mehreren Durchläufen so richtig entfaltet. "Wolflight" macht da keine Ausnahme, versucht Hackett doch allen Ernstes völlig artfremde Genres wie Rock, sogenannte Weltmusik und Folk miteinander zu verbinden. Die ersten Gedanken sind folgerichtig: verkopft, überambitioniert, das kann ja nichts werden. Doch diese Skepsis verfliegt bei der Ouvertüre "Out of the body" umgehend. Wolfsgeheul, dann kurze rockige Töne, bis die ersten dramatischen Streicher einsetzen. Und spätestens, wenn Hackett darüber seine Gitarre singen lässt, ist alles gut, kommt die Magie seines Spiels umgehend zum Tragen und nimmt sofort gefangen.
Erst recht magisch sind der Titeltrack und das darauf folgende "Love song for a vampire". Drama ohne Pathos, aber dafür mit viel Seele, introvertiert und zerbrechlich, berührt insbesondere letzterer Song zutiefst und lässt doch ausreichend Raum für die immerwährende Bedrohung durch die elenden Blutsauger – kulminierend in krachenden Riffs gegen Ende. Hochspannend ist auch "Corycian fire", bei dem die Atmosphäre scheinbar mühelos zwischen orientalischer Erhabenheit, krachenden Rock-Riffs und orchestralem Filmscore wechselnd, ohne auch nur im Ansatz zu verwirren. Einzig "Loving sea" mag wegen der hippiesken Stimmung und dem fast an die Beach Boys erinnernden, mehrstimmigen Gesang nicht so recht ins Gefüge passen, aber das sind Petitessen, die beim für Hacketts Verhältnisse fast schon unverschämt groovenden "Black thunder" bereits wieder vergessen sind.
Man mag Steve Hackett für die Veröffentlichungspolitik im Zuge der "Genesis Revisited"-Tour kritisieren, die er gleich mit zwei Live-Alben zu dokumentieren für richtig hielt. Doch "Wolflight" ist einerseits ein klassisches Hackett-Album, voller zauberhafter und zutiefst emotionaler Momente. Andererseits zeigt Hackett auch erneut, das Genre-Grenzen oder musikalische Konventionen für ihn nur existieren, um durchbrochen zu werden. Das mag mancher für eitel halten. Und vielleicht ist es das sogar auch. Ganz sicher jedoch erreicht Hackett sein Ziel, seine Hörer herauszuforden, anspruchsvolle und im Wortsinn progressive Musik zu schaffen. Waren so manche Alben in der Diskographie des Briten eher orientierungs- und kraftlos, zeigt Hackett mit "Wolflight", dass er wie ein guter Wein mit den Jahren immer besser wird. Und genau das sollte auch das Getränk der Wahl sein, um diese Platte unter dem Kopfhörer zu erschließen und zu erleben.
Highlights
- Wolflight
- Love song for a vampire
- Corycian fire
Tracklist
- Out of the body
- Wolflight
- Love song to a vampire
- The wheel's turning
- Corycian fire
- Earthsine
- Loving sea
- Black thunder
- Dust and dreams
- Heart song
Gesamtspielzeit: 55:36 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
oh oh |
2017-02-16 02:57:18 Uhr
bilde ich mir das ein oder finden sich auf dem debüt-album von steve an einer stelle "sieg-h#eil!"-rufe? :D |
Waldwicht |
2015-04-05 13:41:26 Uhr
Ja ich glaub es hackett!!! |
bonsai |
2015-04-05 02:21:18 Uhr
schlechtestes cover des jahres? |
Nur zur Impfung |
2015-03-27 03:12:30 Uhr
Wolflight = Wolffather + Greylight |
rollator Postings: 662 Registriert seit 14.06.2013 |
2015-03-26 15:58:42 Uhr
aber hallo! |
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Referenzen
Genesis; Peter Gabriel; Yes; IQ; Gentle Giant; Van Der Graaf Generator; Emerson, Lake & Palmer; Camel; King Crimson; Spock's Beard; Transatlantic; Neal Morse; Archive; Big Big Train; The Flower Kings; The Tangent; Kaipa; Ritual; Beardfish; Pendragon; Marillion; Pallas; Arena; Glass Hammer; Jadis; RPWL; Oceansize; It Bites; Karmakanic; Gazpacho; Squackett; GTR; Steven Wilson
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