The White Birch - The weight of spring
Glitterhouse / Indigo
VÖ: 27.02.2015
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Langsam blitzeschnelle um die Ecke
Süße, wohlbekannte Düfte ziehen im Gedicht "Frühling" von Eduard Mörike ahnungsvoll durch's Land. Ahnungslos konnte man lange Zeit sein, ob jemals ein weiteres Lebenszeichen der norwegischen Slowcore-Band The White Birch zu vernehmen sein würde. Und schwuppdiwupp ist er da: der Nachfolger des fast zehn Jahre alten und immer noch hörenswerten "Come up for air". An ihr kleines Meisterwerk "Star is just a sun" kommt ihr nunmehr fünftes Album "The weight of spring" nicht ganz heran, es entfaltet dennoch das ein oder andere Mal die bekannte hypnotische Wirkung, welche The White Birch um Ola Fløttum, der mittlerweile einziges festes Mitglied der Band ist, so spannend macht.
Ahnungsvoll konnte man erst im letzten Jahr sein und diese wohlbekannten Düfte erspähen, als die Vorab-Single "Lantern" Bestandteil von "Blind" war, einem Film von Eskil Vogt, der auf dem Sundance Festival 2014 Premiere feierte. Fløttums Ehefrau spielt dabei sowohl im Film als auch auf dem Album eine große Rolle und zeichnet für das eindrückliche Coverfoto verantwortlich. Wer den Frühling finden will, muss sich erst einmal durch ein kleines Dickicht wagen, bis die Schönheit, die ersten Sonnenstrahlen und dann der Frühling freigelegt werden. Kaum verwunderlich ist da, dass der zweite Song "The Fall" heißt. Da führt jemand den Hörer in die Irre, doch plötzlich ist dort diese Unbeschwertheit in diesem dichten Soundgewand: "Let the bells ring / Let the air sing / Let the hearts bring / Their scars and submit to spring / Through solid dirt" heißt es im himmlisch-herrlichen und besten Stück "Solid dirt". Wie hier trumpfen immer wieder Viola und Geigen einer verwunschen wunderbaren Welt auf und malen verschwommene Landschaften.
Fløttum hat zahlreiche Songs in den letzten neun Jahren in seinem Keller in Oslo komponiert, wieder verworfen und letztlich zwölf mit professionellen Musikern auf "The weight of spring" untergebracht, so dass oftmals ein orchestraler Sound mit Ambient-Klimbim erklingt. Anfangs taucht man noch ein, gegen Ende eher ab und ermüdet unter dem ganzen Gewicht des Frühlings doch ein wenig. Bis zum finalen Spring Break entfaltet sich jedoch so manche Wohltat. So ist der Titeltrack ein schmuckes Duett mit Ingrid Olava und das anschließende "The hours" eines mit Susanna Wallumrød, Begründerin ihres Magical Orchestras. Einlullen war schon immer die Stärke von The White Birch, nur dass hier Fløttums Stimme stärker als einst in den Vordergrund rückt.
Am Ende dieses für The White Birch fast fröhlichen Albums schimmern endlich die blühenden Landschaften des Frühlings durch. Das Instrumental "Spring" wirft jegliches Gewicht ab und macht seinem Namen alle Ehre. Glücklicherweise war hier mit Grammy-Gewinner Bob Katz, der u.a. 1984 das preisgekrönte Spoken-Word-Album von Ben Kingsley "The words of Gandhi" als Soundmaster finalisierte, ein Könner am Werk, der für einen brillanten Feinschliff gesorgt hat. "The weight of spring" kam langsam blitzeschnelle um die Ecke und lohnt ein mehrmaliges Zuhören, auch wenn nicht alles funkelt. Nur knapp zehn Jahre lang warten will jetzt sicherlich niemand mehr auf ein sechstes Album. Doch vielleicht gelingt es Fløttum mit dem verworfenen Material, ein Album über den Herbst oder den Winter zu kompilieren. Passt ja auch besser!
Highlights
- Solid dirt
- The hours
- Lantern
Tracklist
- New York
- The fall
- Solid dirt
- Lamentation
- Winter bride
- The weight of spring
- The hours
- Lantern
- Love, lay me blind
- Lay me by the shore
- Mother
- Spring
Gesamtspielzeit: 61:10 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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carpi Postings: 1647 Registriert seit 26.06.2013 |
2015-03-21 15:02:01 Uhr
"An ihr kleines Meisterwerk "Star is just a sun" kommt ihr nunmehr fünftes Album "The weight of spring" nicht ganz heran, es entfaltet dennoch das ein oder andere Mal die bekannte hypnotische Wirkung, welche The White Birch um Ola Fløttum, der mittlerweile einziges festes Mitglied der Band ist, so spannend macht."Den Satz kann ich so unterschreiben, sodass ich derzeit noch zwischen 7 und 8 schwanke. "New York", "The Fall" oder "Winter Bride" und noch ein paar andere sind sehr schön. Packt mich in der Länge aber nicht ganz so wie damals "Star is just a sun". Savoy Grand, ja das würde mir auch gefallen. Die Pause dürfte ähnlich lang sein. |
dogs on tape Postings: 189 Registriert seit 14.06.2013 |
2015-03-20 08:11:30 Uhr
Höre das Album auch deutlich über 6/10. In dem Genre sicherlich ein Jahreshighlight.Wär ja schön, wenn Savoy Grand auch noch nachziehen. :) |
kingsuede Postings: 4367 Registriert seit 15.05.2013 |
2015-03-18 22:40:44 Uhr
Das stimmt. Ein Album höre ich anders, wenn ich es rezensiere: mit etwas mehr Distanz, analytischer. Geht wahrscheinlich nicht anders, wenn man - oftmals - wenig Zeit hat, bzw. auch schon dadurch, dass das Album nur digital vorliegt. |
Herder Postings: 1836 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-03-18 22:06:38 Uhr
Danke für den Einblick, kingsuede!Ich denke man hört evtl. auch ein wenig anders, wenn man über ein Album schreiben soll/will/muss. Ich kenne das v.a. vom Schreiben über andere Texte. Man nimmt dann eine gewisse - eben (be-) wertende - Distanz zu seinem Objekt ein und das verändert den Blick (und vielleicht ist das beim Rezensionshören auch so?!). |
kingsuede Postings: 4367 Registriert seit 15.05.2013 |
2015-03-18 21:59:00 Uhr
Hab das auch nicht so verstanden, aber erklären, wie ich/man zu einer Bewertung kommt, mache ich gern.Ich gebe einem Album meist drei-fünf Durchgänge (hängt immer auch von Länge, Komplexität, Infos zum jeweiligen Album, Zeit vor VÖ ab). Danach habe ich eine Tendenz und höre dann meist nur noch Abschnitte des Albums, lese die Texte und Infotexte. Um abschließend den Text zu schreiben und die Bewertung festzulegen noch einmal zwei volle Durchgänge |
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Referenzen
Codeine; Susanna & The Magical Orchestra; Sigur Rós; Galaxie 500; Savoy Grand; Dakota Suite; Dakota Suite & Quentin Sirjacq; Timesbold; Woven Hand; Kings Of Convenience; Logh; Mogwai; Andrew Bird; Idaho; Talk Talk; Mark Hollis; Red House Painters; Sparklehorse; Gravenhurst; Rivulets; I Like Trains; Jeniferever; Immanu El; Gregor Samsa; The Album Leaf; Aereogramme; The Unwinding Hours; A Whisper In The Noise; Her Name Is Calla; Low; Under Byen; September Malevolence; Bark Psychosis; Clann Zú; Múm; Stina Nordenstam; Archive; John Cale; Nick Drake
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