Ball Park Music - Puddinghead

Embassy Of Music / Warner
VÖ: 27.02.2015
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Liebe ohne Leiden
Was passiert, wenn Musik in voller Gänze ergreift und nicht mehr loslässt, wie das unbestimmte Gefühl, zu jemandem zu gehören, auf immer und ewig. Großspuriger Romantizismus, schon klar. Gleichgültig, wie man das kategorisieren mag – die Hormone sind in Wallung, das Herz schlägt schneller. Manchmal ereilt Musik wie Liebe. Das Zusammenspiel von vollkommenem Zeitpunkt und vollkommenem Ort von jeder Zeitlichkeit und jeder Örtlichkeit losgelöst. Keine Laune, die einen kurzlebig beflügelt, sondern tiefe Ergriffenheit.
Da kommt ein Quintett mit Hipsterattitüden aus Brisbane und erobert das Herz mit frenetischem Esprit, Charme und einer Nonchalance, die ihresgleichen sucht. Eine hierzulande kaum bis gar nicht beachtete Band mit umwälzlerischem Sturm und Drang. Der Verve, mit dem zu Werke gegangen wird, peilt eine Revolution an. Nichts weniger wollen Ball Park Music. Ihre Qualität wurde auf dem fünften Kontinent rasch begriffen. Der dortige Alternative-/Indie-Sender Triple J hat Ball Park Music schon früh unter seine Fittiche genommen und die Band bereits mit ihren ersten EPs auf Rotation gebracht. "Puddinghead" ist demnach kein "unschuldiger" Start im Sinne eines Debüts. Vielmehr bündelt es die auf zwei vorherigen Alben verteilten Vorlieben fünf junger Musiker/innen und kulminiert die dort noch eklektizistische Herangehensweise zu einer kaum zu erreichenden Meisterschaft, was nicht heißen soll, dass jenem Eklektizismus der Garaus gemacht wird. Es wird sich so ziemlich überall bedient, und die Funde werden anschließend zu einem Produkt überragender Qualität verarbeitet. Im Laufe des Schaffensprozesses, so scheint es, griff man aber auf die eigenen Stärken zurück und gelangte zur Einheit in der Vielheit: veredelte Selbstzentriertheit.
Man macht es sich zu leicht, "Puddinghead" als okayen nerdigen Pop oder als uneheliches Kind von Rivers Cuomo abzutun. Wo findet man bitteschön ein Album, das mit der Frische des Strokes-Debüts "Is this it", dem abgehangen Slackertum von Marcy Playground, der Schönheit der frühen Radiohead, dem popdefinierenden Melodienreichtum der Beatles, dem verschrobenen Witz der Super Furry Animals, der Verkopftheit der späten Blur, dem sonnendurchluteten Powerpop von Weezer und der Naivität der ersten Kooks-Platte "Inside in / Inside out" daherkommt? Kaum ein anderes Album dürfte es schaffen, Hipster, Hippies, Shoegazer, (Power-)Popper, Indies, Alternatives und New-Wavers unter einer Flagge zu vereinen.
Dabei gehen die Australier niemals den Weg der l'art-pour-l'art-Kunstkacke. Kein abehobener Pseudokünstler-Habitus, ihre Songs bleiben stets nachvollziehbar (man höre nur den Titelsong). Ja, sie springen einen förmlich an, wie "Trippin' the light fantastic". Schlichtheit ("Teenager pie"), (fragile) Euphorie ("Girls from high school") und Erhabenheit ("She only loves me when I'm there") halten sich die Waage. Die Tanzbarkeit ("Next life already") wird nicht vernachlässigt und belegt, dass große Kunst nicht immer verkopft und bedeutungsschwanger sein muss. Es geht auch neckisch-verslackt ("A good life is the best revenge"), hymnisch ("Everything is shit except my friendship with you"), mit Understatement-Orgeln ("Struggle street") oder selbstbewusst reduziert ("Cocaine lion"). "Puddinghead" ist Aufbruch ohne Bremsen. Man mag davon halten, was man möchte. Diese Musik aber ist wie ein neue Liebe, bei der jede Romantik des Verliebtseins zugelassen ist. Und ja, Liebe macht blind. Oder um es mit der Paraphrase eines Songtitels von Ball Park Music zu sagen: "Everything is shit except this record"!
Highlights
- She only loves me when I’m there
- A good life is the best revenge
- Cocaine lion
Tracklist
- She only loves me when I'm there
- Next life already
- A good life is the best revenge
- Teenager pie
- Trippin'the light fantastic
- Cocaine lion
- Everything is shit except my friendship with you
- Struggle street
- Error playin'
- Polly screw my head back on
- Girls from high school
- Puddinghead
Gesamtspielzeit: 43:45 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
guy speaking to himself |
2015-03-05 14:42:34 Uhr
kein Wunder. Ballhead machen halt Musik für den Puddingpark. |
not worried, just having fun |
2015-03-02 18:16:02 Uhr
Größter AdW-Flop der PT-Geschichte? |
Der Lektor |
2015-03-02 08:44:53 Uhr
Aufpassen (aus der Rezension):(...) peilt eine Revolution an. Nichts weniger wollen Ball Park Music. (...) Hiermit wird ausgesagt, dass die Band nichts weniger als eine Revolution möchte. Eine Revolution steht nach dieser Aussage also mal überhaupt nicht auf der Agenda der Band. Es könnte nichts anderes geben, was die Band weniger wollen könnte. Die Aussage des Autors sollte aber wohl in die andere Richtung gehen. Der Satz sollte aussagen, dass die Band sich gleich das (hochgesteckte) Ziel "Revolution" gesetzt hätte. Das geht allerdings mit obigem Zitat nicht. |
rainy april day Postings: 667 Registriert seit 16.06.2013 |
2015-03-02 00:49:43 Uhr
Am Stück werde ich mir das in Zukunft auch eher selten anhören, aber ein paar gute Songs gibt es hier auf jeden Fall zu finden. |
not worried, just having fun |
2015-03-01 15:21:53 Uhr
"So etwas muss zwischendrin einfach mal wieder sein."Wieso? |
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Referenzen
The Beatles; Weezer; Radiohead; Blur; Super Furry Animals; Franz Ferdinand; Alt-J; Manchester Orchestra; Marcy Playground; Black Mountain; Athlete; The Kooks; Canterbury; The Electric Soft Parade; Graham Coxon; The Strokes; The Libertines; Maximo Park; Seachange; Hope Of The States; British Sea Power; The Coronas; The Fray; Fiction; Gorillaz; Pulp; Nirvana; Head Automatica; The White Stripes; M83; Air; Belle & Sebastian; Hungry Kids Of Hungary; The Jungle Giants; San Cisco; Boy & Bear; The Preatures
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