Natalie Prass - Natalie Prass

Spacebomb / Caroline / Universal
VÖ: 23.01.2015
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Und Disney weint am Ende
Wie. Macht. Das. Diese. Frau. Natalie Prass' Debütalbum klingt ob der musikalischen Weite und Grandezza wie das Alterswerk einer Grande Dame des Musikbusiness, einer Frau, die über 40 Jahre im Geschäft ihre Sporen verdient hat. Es widerspräche wohl auch kaum jemand, wäre da nicht die Stimme der 28-Jährigen. Die besitzt noch diesen jungen Charme und eine Lieblichkeit, die das Gegenüber sekündlich denken lässt: "Du kannst mir auch sagen, dass Du ein Reh mit einer Axt zerlegt hast, aber aus Deinem Mund sprudelt für mich nur ein Blumenmeer." Wer wäre also prädestinierter, ein Heartbreak-Album zu intonieren, als die junge Dame aus Nashville?
"Our love is like a long goodbye / We keep waiting for the train to cry", singt Prass in "My baby don't understand me", diesem nicht weniger als sensationellen, in opulent ausgestaltetem Country-Soul inszensierten und lange andauernden Abschieds-Szenario. Wer Matthew E. Whites "Big inner" mochte, wird diesen Track ohne Zweifel lieben und durch die musikalische und persönliche Nähe mutmaßlich auch das gesamte Album. Schließlich ist White, den Prass schon seit früher Jugend kennt, via der hauseigenen Band "seines" Labels Spacebomb Records und als Produzent an der Seite von Trey Pollard an den Aufnahmen zu Prass' Debüt maßgeblich beteiligt.
In "Bird of prey" tänzelt sie höchst galant und einträchtig mit den Silben über die dominante Piano-Rhythmik zu Flötendarbietungen der siebziger Jahre, die sich so ähnlich in Aufnahmen von Marvin Gaye oder auch Curtis Mayfield wiederfinden. Nachdem Prass den ehemaligen Geliebten final als "bird of prey with a heart like midnight" beschrieben hat, scheint der Track eigentlich zu Ende erzählt, aber Streicher, Piano und gestopfte Bläser planen einen zweiminütigen, eleganteren Abgang. Es hat Zoom gemacht: Zwei Songs und man verliebt sich in eine Frau, die gerade alles ist – nur nicht verliebt.
Nachdem "Your fool" Southern-Soul frönt und synkopische Claps scherenkrebsartig mitschnattern, rechnet mit "Christy" wohl niemand. Frei von Perkussions-Instrumenten, eigentlich bar jedweden Taktes, gelingt Brass mit Zeilen wie "Still the only one she sees belongs to me", Cello, Harfe, Streichern und barockem Kammerpop die Inszenierung der Nebenbuhlerin. Die 28-Jährige kehrt für "Why don't you believe in me" zurück auf den angefunkten Weg des Memphis-Souls. Nicht zum ersten Mal sinniert das Hirn über Dusty Springfield, nicht zum letzten Mal erscheint es schier unglaublich, wie White und Pollard separiert und völlig unabhängig voneinander Streicher und Bläser arrangiert haben sollen und beides derart gut ineinandergreift. Man könnte problemlos "Never over you" als Beleg anführen, noch erwähnenswerter erscheint allerdings "Violently".
Sharon Van Etten schmettert ihr "Your love is killing me" auf "Are we there" inbrünstig, Prass, obwohl lyrisch gleichgesinnt unterwegs, lässt ihren Schmerz langsam aus dem Körper strömen, hinein in dieses unwiderstehliche Streicher-Arrangement: "I'll break my legs / Because they want to walk to you / I just want to know you violently / I've had enough of talking politely." Prass, die lange für ihr Debüt gearbeitet hat und unter anderem in Jenny Lewis' Backing-Band spielt(e), übt sich in "Reprise" phasenweise in einer Spoken-Word-Perfomance, ehe "It is you" neue Dimensionen der Opulenz auslotet, das Album positiv gestimmt beschließt und Verantwortliche im Hause Disney zum Heulen bringt. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Wie macht das Natalie Prass? Mit Spacebomb und Liebe.
Highlights
- My baby don't understand me
- Violently
Tracklist
- My baby don't understand me
- Bird of prey
- Your fool
- Christy
- Why don't you believe in me
- Violently
- Never over you
- Reprise
- It is you
Gesamtspielzeit: 39:15 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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saihttam Postings: 2582 Registriert seit 15.06.2013 |
2016-01-05 02:08:37 Uhr
Immer noch ein sehr gutes Album. Die EP kenne ich noch nicht. Ich bin aber auch nicht so der Fan von Coverversionen. |
humbert humbert Postings: 2467 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-12-03 19:14:30 Uhr
Vor etwa zwei Wochen ist ja ihre neue EP 'Side By Side' erschienen. Gefällt mir recht gut. Die Arrangements haben etwas angenehm altmodisches. 'My Baby Don't Understand Me' gefällt mir in der luftigeren Fassung fast noch besser. Jedenfalls noch mal ein schönes EP Highlight zum Jahresende. |
Pitchie Pitchie |
2015-01-28 07:12:31 Uhr
Pitchie! |
captain kidd Postings: 3750 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-01-28 05:53:53 Uhr
na ja, der opener ist schon deutlich das beste stück. und nach dem zweiten track veliert es sich leider auch ein wenig. aber schon eingutes album. ein erstes kleines highlight des jahres. |
Blackberry Postings: 364 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-01-28 01:23:23 Uhr
Finde ich auch und zwar das ganze Album. Wie man das Album auf "My Baby Don't Understand Me" reduzieren kann, ist mir dagegen echt ein Rätsel. |
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Referenzen
Matthew E. White; Dusty Springfield; Petula Clark; Don Covay; Doris Allen; James Carr; Grandma Sparrow; Dionne Warwick; O.V. Wright; Lambchop; Stuart A. Staples; Frazey Ford; Etta James; Bill Withers; Al Green; MFSB; Curtis Mayfield; Roy C; Marvin Gaye; Otis Redding; Mavis Staples; The Manhattans; Scott Walker; Bill Fay; Ron Sexsmith; Anaïs Mitchell; Frank Sinatra; Judy Garland; Kate Bush; Jonathan Wilson; Ray Charles; Duffy; Tori Amos; Lana Del Rey; Sharon Van Etten
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