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Atari Teenage Riot - Reset

Atari Teenage Riot- Reset

Digital Hardcore / Rough Trade
VÖ: 06.02.2015

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Musik als Waffe

Der Begriff "Atari" stammt aus dem japanischen "Go"-Spiel und beschreibt einen Zustand, bei dem die Kette nur noch eine einzige Freiheit hat, da der Gegner droht, sie im nächsten Schritt zu schlagen. Die einzige Möglichkeit, die Atari Teenage Riot seit den 1990ern haben, ist, die Musik als Waffe zu benutzen, um korrupte Regierungen, Überwachungswahn und Medienmanipulation mit ihrem Noise-Techno-Punk wegzublasen. Mittlerweile gab es einige personelle Umstellungen, doch Agitationskönig Alec Empire tritt, gemeinsam mit Rapper Rowdy SS und Sängerin Nic Endo, weiterhin den Kampf gegen das System an. Dabei ist Musik als Waffe nichts Neues. Am Hamburger Hauptbahnhof wird seit Jahren der Vorplatz mit klassischer Musik beschallt, um die Junkies zu verjagen. Auch die Songs, mit denen die Häftlinge in Guantanamo gefoltert worden sein sollen, lesen sich wie ein Buch über die Populärkultur der letzten 30 Jahre. Doch wie lässt sich Musik, die einen quälen soll, aushalten?

"J1M1" klingt noch relativ freundlich. Man hört eine Menschenmasse im Hintergrund, nach einigen Sekunden schlägt die Stimmung in ein hartes Gitarrenbrett aus Stahl um. Die hysterisch kreischende Stimme von Nic Endo skandiert im Refrain Durchhalteparolen wie "Don't let 'em break you." Alles noch hörbar. Halftime-Feeling bei "Street grime", eine Predigt darüber, was man tun und was man nicht tun sollte. Im Refrain rast der Track mit gefühlten 200 km/h auf ein entgegenkommendes Auto zu. Dennoch verfügt der Song über angenehme Dynamikwechsel und interessante Synthesizer, die im Hintergrund sirenenhaft aufheulen. Ist das die Revolution? Schwenk zum Technopunk-Genre. Jetzt gilt das Maximalprinzip. Viel hilft viel. Beim titelgebenden "Reset" wird die gemeinsame Zurücksetzung auf Level Null gefordert. Die Auslöschung als letzte Antwort, auf alles, was schief gelaufen ist. Eine fanatische Geste, alles in den Staub zu werfen, alles abzureißen und ganz von vorne anzufangen.

"Death machine" ist ein bewusster Angriff auf das Gehör. Verzerrer auf Stufe 12. Adrenalin überfordert das Nervensystem, dem stehen auch "Transducer" und "New blood" in nichts nach. Geschwindigkeit und Sound werden noch mal aufgepeitschter. Mehr geht kaum noch, hiergegen ist The Prodigy Meditationsmusik. Zum Glück fängt das Dub infiltrierte "Erase your face" einen kurz vor dem Schlaganfall noch mal auf. Der Selbsttest zeigt keine negativen Nebenwirkungen. Nach der Einnahme verspürt man lediglich den Drang, ein Zimmer zu verwüsten, sich schwarz zu kleiden und mit einem Molotow-Cocktail in die Nacht zu ziehen, um bestehende Systeme umzuschmeißen. Um Genuss geht es hier sicher nicht. Die Band kann nur in ihrer Funktion bewertet werden. Und diese ist gut und wichtig, auch wenn die reißerischen Texte ein bisschen zu pathetisch auftragen und die Musik keine Revolution an sich ist. Doch die Band sagt ja selbst: "In jedem Atari-Teenage-Riot-Song stehen die Texte an erster Stelle. Die Musik wird nur geschaffen, um diese zu transportieren."

(Konstantin Maier)

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Highlights

  • J1M1
  • Death machine
  • New blood

Tracklist

  1. J1M1
  2. Street grime
  3. Reset
  4. Death machine
  5. Modern liars
  6. Cra$h
  7. New blood
  8. Transducer
  9. Erase your face
  10. We are from the internet

Gesamtspielzeit: 42:47 min.

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