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And The Golden Choir - Another half life

And The Golden Choir- Another half life

Cargo
VÖ: 09.01.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der Alleinunterhalter

Es ist Ritual: den Applaus abwarten, die Nadel vorsichtig zur Seite bewegen, die aufgelegte Schallplatte auf ihre andere Seite drehen, die Nadel wieder zurückführen, starten und einen Schluck vom Rotwein nehmen. Anders als bei vielen seiner Kollegen sind es nicht Loop-Station und erschwingliche Software, die Tobias Siebert (Klez.E, Delbo) sein alleiniges Bühnendasein erlauben. Viel mehr ersetzt er seine Band schon im Studio, spielt dort ausnahmslos alle Spuren selbst ein, um sie auf Vinyl zu pressen und sich fortan drehend und knackend auf der Bühne begleiten zu lassen. Ein Stück pro A- und B-Seite. Dieses Prozedere sei hier aus zwei Gründen voran gestellt. Zum einen zeigt es deutlich, dass das Alleinunterhaltertum Sieberts als And The Golden Choir kein Verzicht oder Mangel, sondern eine bewusste Entscheidung ist. Zum anderen hat man von dieser originellen Idee, vom visuellen Live-Eindruck samt Knistern, auf "Another half life" naturgemäß leider nichts.

Ungeachtet dessen ist "Another half life" ein sehr gelungenes erstes Lebenszeichen des Klez.E-Sängers auf Albumlänge, seit "Vom Feuer der Gaben" vor gut sechs Jahren erschien und die Band fortan langsam von der Bildfläche verschwand. Sieberts kreativer Output kanalisierte sich in der Zwischenzeit in der Produktion für zahlreiche Bands der deutschen Indie-Szene (Kettcar, Me And My Drummer, Phillip Boa, Slut, Sport) und jene, die dazu gehören wollten (Juli). Aber eben auch in And The Golden Choir und zwei EPs, deren Stücke nun fast geschlossen auf "Another half life" erneut zusammenfinden. Statt auf Deutsch, sind die Texte für sein Soloprojekt auf Englisch verfasst, auch weil der Sprachwechsel der hohen Kopfstimmlage Sieberts entgegen kommt.

Eine erste Transformation, um gleich im passenden Vokabular zu bleiben. Analog zu "Vom Feuer der Gaben" wird dieses Album von einer sprachlichen Spiritualität, fast schon Religiosität, dominiert. Im Gegensatz zur letzten Klez.E-Platte ist damit keine möglichst allumfassende Opulenz verbunden, sondern ein oft reduzierter Rückzug ins Private, der aber nicht minder düster ausfällt. So ist Siebert nicht nur Alleinunterhalter für sein Publikum, sondern steht auch mit sich selbst im Dialog. Damit bleibt auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen musikalischen Vergangenheit nicht aus und so können sich "Holy diamond" und andere Stücke, auch aufgrund des Gesangs des Berliners, von einer Verwandtschaft zu Radioheads "OK Computer"-Zeit nicht lossagen, die auch schon im Klez.E-Inspirationskosmos eine gewichtige Rolle gespielt haben dürfte.

Seine Eigenständigkeit verliert "Another half life" vom a-capella eingesungenen Eröffnungsstück über eindringlich gespenstische Stücke wie "The hunter of souls" bis zum abschließenden, sakralen "In Heaven" jedoch nicht. Dies gelingt auch, weil letzteres von einem sachte summenden Harmonium getragen wird. Tobias Siebert bringt auch mit dem Zupfen einer Waldzither, dem zarten Anschlagen eines persischen Hackbretts und anderen alten Instrumenten den warmen und belebten Sound, fernab von jeglicher Digitalität, von der Bühne auf die Platte. Die namensgebenden, zahlreichen, sich selbst beschleichenden Chöre unterstützen diesen Eindruck noch und so funktioniert "Another half life" auch ohne das direkte Vis-à-Vis mit Künstler und Plattenspieler ausgezeichnet. Das Album-Cover ist nicht umsonst mit einem Goldrand versehen, denn Tobias Siebert manifestiert mit "Another half life" seine ihm ureigene Liturgie der Harmonien.

(Andreas Menzel)

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Highlights

  • The transformation
  • Choose to lose
  • The hunter of souls

Tracklist

  1. Another half life
  2. The transformation
  3. Holy diamond
  4. My brother's home
  5. My heaven is lost
  6. It's not my life
  7. New daily dose
  8. Choose to lose
  9. Dead end street
  10. The hunter of souls
  11. Angelina
  12. In heaven

Gesamtspielzeit: 52:19 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Köllefornia
2016-12-22 12:46:56 Uhr
In Köln war es mit Band fantastisch. Die generell schon guten Songs wurden nochmal auf ein neues Level gehoben.
Tolle Idee übrigens ein Programmheft mit Liedtexten und Fotos vor dem Konzert zu verteilen!
Die neuen Songs waren ebenfalls sehr stark.
Porge
2016-12-21 23:02:02 Uhr
Sicherlich nur meine Meinung, aber mit Live-Band fand ich es mind. eine Liga besser. Da passiert einfach mehr auf der Bühne, wenn die Musik nicht von der Konserve kommt. Ich habe eigentlich nichts erwartet, wollte nur einen freien Mittwoch verbringen und war am Ende doch schwer begeistert von Sound, Songs und "Vibe"

Gomes21

Postings: 4867

Registriert seit 20.06.2013

2016-12-09 09:16:16 Uhr
Werde ich nächste Woche mal anschauen. Ich freue mich auf die neue Kiez.e, obwohl mir an golden choir besser gefällt, dass er nicht Deutsch singt

AndreasM

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 705

Registriert seit 15.05.2013

2016-12-09 09:07:02 Uhr
Bei den neuen Songs stimme ich dir zu. Ob ich die Konzerte mit Band aber tatsächlich besser finde, da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Aber den Tourauftakt und das erste Konzert überhaupt in 5er-besetzung als Maßstab zu nehmen, wäre sicherlich auch unfair. In Leipzig hat man diese Tatsache jedenfalls gemerkt, ein Vergleich mit dem letzten Konzert der Tour wäre sicherlich super. Aber die neue Live-Dynamik tut den Stücken auf jeden Fall gut, nur ein paar mehr Chöre hätte ich mir gewünscht, wenn man das Projekt schon so nennt ;)

2017 wird ja dann erst einmal das Klez.E-Album erscheinen, aber vielleicht kommt ja Ende des Jahres auch schon ein neues Choir-Album, wo doch schon so viele neue Stücke fertig sind.

0811Jan

Postings: 40

Registriert seit 13.06.2013

2016-12-08 23:37:44 Uhr
Die neuen Songs schließen nahtlos an die Qualität des Debüts an. Die Band kommt auch sehr gut rüber.

Würde mir wünschen dass die Aufmerksamtkeit 2017 deutlich zunimmt.
Zum kompletten Thread

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