DJ Koze - Reincarnations part 2
Pampa / Rough Trade
VÖ: 24.10.2014
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Vollgekozt
Ein Witzbold, der Herr Kozalla. Die ersten Worte auf "Reincarnations part 2" überlässt er Dr. Mini, einer angeblichen indischen Heilerin, deren einzige Aufgabe es ist, DJ Koze als gottgleichen Über-DJ und weltbesten Remix-Virtuosen einzuführen. Ähnlich albern auch das zweite Quatsch-Interlude, ein Radiointerview zwischen Track drei und vier, in dem sich Koze auf die Frage nach dem besten Remix-Künstler aller Zeiten auch selbst völlig bescheiden gibt: "Ei sink its mie. Oa wäit... Jes, its mie." In breitestem deutschen Akzent, natürlich.
Gut gemacht ironische Selbstbeweihräucherung – eigentlich zuverlässiger Generator einiger Extra-Sympathiepunkte, wenn es so gut funktioniert wie hier. Das Spezielle bei DJ Koze: So richtig überzeugt widersprechen kann man diesen waghalsigen Phrasen nicht. Was der Mann anfasst, wird zu Gold, das behauptet nicht nur Dr. Mini. Der Flensburger Stefan Kozalla hat mit seiner Solo-Platte "Amygdala" zuletzt eines der besten elektronischen Alben 2013 vorgelegt und kommt jetzt wieder einmal mit der Erkenntnis aus der Hüfte geschossen, dass sein größtes Talent eigentlich sogar anderswo liegt.
"Reincarnations part 2" ist Kozes dritte Remix-Compilation, wobei diese Betitelung eigentlich unangemessen ist. Der mittlerweile 42-Jährige hat nicht nur gelernt, schön kohärente Soloalben zu bauen, auch diese Platte ist als dramaturgisch enorm stimmiges Gesamtwerk konzipiert und eben nicht einfach als wilde Zusammenstellung. DJ Koze kleidet nicht wie auf "Amygdala" einen Haufen Gäste in seine Tracks, sondern vergreift sich direkt an den eigentlich fertigen Werken anderer, um wiederum irgendwie eigene Stücke daraus zu basteln. Das Ergebnis sind tatsächlich "Reincarnations": Wiedergeburten als neue, vollständig individuelle Track-Persönlichkeiten, hübsch hintereinander aufgereiht.
Als Ausgangsmaterial für seinen Blattgold-Überzug greift sich DJ Koze in der Regel direkt Tracks aus der elektronischen Strebervitrine, die ein nachträgliches Aufpimpen kaum nötig haben. "Reincarnations part 2" ist erwartungsgemäß eine hochkarätige Zusammenstellung von Ohrenschmeichlern im vollgekozten Gewand, auch die Originale würden eine hervorragende Playlist abgeben. Da ist Moderats "Bad kingdom", ausgequetscht und von jedem Quäntchen überflüssigem Pop berfreit. Daneben "You saw it all" als eins von zwei Matthew-Herbert-Stücken, dem flugs der House gestrichen wurde –- zugungsten sehr warmer organischer Klänge. "Found out" ist nicht Kozes erster hervorragender Caribou-Remix und Apparats "Black water" beschließt die Platte mit einem unerwartet psychedelischen Crescendo.
"Reincarnations part 2" ist parallel zu "Amygdala" entstanden – obwohl Kozalla nicht müde wird, zu betonen, dass er eigentlich genug hat von diesem ganzen Remix-Ding und es halt einfach irgendwie immer wieder passiert. Insgesamt dürfte es jetzt aber stiller werden um ihn: Ein Arsenal eigener Tracks kam 2013, die volle Packung aktueller Remixes 2014, der digitale Ablagestapel ist dünn geworden. Vielleicht möchte sich der Herr ja aber auch erst einmal ganz woanders probieren? In traditioneller indischer Veterinärheilkunde zum Beispiel? Der turbanbemützte Kätzchenverzauberer auf dem Cover wirkt jedenfalls schon sehr authentisch. Und Cat Content geht ja eh immer.
Highlights
- Bad kingdom (Moderat)
- You saw it all (Herbert)
- Found out (Caribou)
- Black water (Apparat)
Tracklist
- Intro
- Jo gurt (Super Flu)
- Bad kingdom (Moderat)
- It's only (Herbert)
- You saw it all (Herbert)
- Keep me in my plane (WhoMadeWho)
- Made to stray (Mount Kimbie)
- Found out (Caribou)
- Golden song (Zwanie Jonson)
- Knight moves (Gonzales)
- Distortion (The Big Crunch Theory)
- Faith (Ada)
- Marche funèbre (Soap&Skin)
- Black water (Apparat)
Gesamtspielzeit: 77:29 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
adolfnoize |
2014-12-21 15:00:06 Uhr
guter und verrückter mann |
Dielemma Postings: 472 Registriert seit 15.06.2013 |
2014-12-21 13:29:15 Uhr
In der Rezi hätte ich mir mehr zur Musik selbst gewünscht, das Drumherum ist zwar nett geschrieben, aber 1/5 Abschnitten zu den Songs ist mir zu wenig. Außerdem finde ich nicht, dass die Songs komplett zerlegt werden, ein Bsp. dafür ist der Burial Remix von Paradise Circus. Kommt aber mMn den Tracks zugute, da sehr gutes Ausgangsmaterial verwendet wird, wie bereits im Amygdala Thread geschrieben.Mit der sehr guten Bewertung des Albums stimme ich überein, DER Elektro-Track von 2013 sollte noch zu den Highlights (It's only). |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27875 Registriert seit 08.01.2012 |
2014-12-21 00:32:25 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen? |
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Referenzen
Adolf Noise; Super Flu; Moderat; Herbert; Matthew Herbert; WhoMadeWho; Mount Kimbie; Caribou; Zwanie Jonson; Gonzales; The Big Crunch Theory; Ada; Soap & Skin; Apparat; International Pony; Die Vögel; Isolée; Robag Wruhme; Christopher Rau; Roman Flügel; John Talabot; Pantha Du Prince; Vondelpark; Four Tet; Darkstar; Heiko Voss; John Roberts; Axel Boman; Efdemin; Matias Aguayo; Lawrence; Holden
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