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PeterLicht - Lob der Realität

PeterLicht- Lob der Realität

Staatsakt / Rough Trade
VÖ: 03.10.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Die wirklich wahrste Wahrheit

"Realität ist was für Leute, die nicht mit dem Internet klarkommen." Nicht etwa ein Slogan, mit dem Plattentests.de seinen Forumsusern neuerdings die Möglichkeiten alternativer Freizeitgestaltung aufzeigt, um sie vom Spammen abzuhalten, sondern vielmehr ein Vorschlag von Hörerseite für die Gestaltung von PeterLichts erstem Live-Album. Der Kölner hatte anlässlich "Lob der Realität" nämlich dazu aufgerufen, Coverentwürfe einzusenden, die nun auf seiner Website zu bewundern sind. Der eingangs erwähnte Beitrag ging zwar nicht in Serie, umreißt diese beiden CDs aber gut. Hier heißt es für den Mann, der seine Anonymität seit einiger Zeit Stück für Stück aufgibt: weg von der Kunstfigur, rauf auf die Bühne. Alles echt, mit Band und allem Drum und Dran. Egal, ob PeterLicht im wirklichen Leben nun tatsächlich Meinrad Jungblut heißt oder nicht.

Denn am wichtigsten ist, dass alle Beteiligten einen Heidenspaß haben. Was schon das amüsierte Glucksen des Publikums und die Mitsingeinlage beim "Lied vom Ende des Kapitalismus" belegen. Ansonsten geht es mit Schwung, Humor und ein wenig Schwermut durch die komplette PeterLicht-Diskografie: Das Klavier des euphorischen "Alles was Du siehst gehört Dir" gibt einen vorzüglichen Opener ab, und der herrlich sinnfreie Hopser "Wettentspannen" legt live sogar noch einen Zahn zu. "Wir sollten uns halten" weht wie ein zart rauschendes Dream-Pop-Schattenbild vorbei, bevor "Die transsylvanische Verwandte ist da" trostreich die Segnungen des Verzehrs von rohem Fleisch preist. Und auch das "Trennungslied" bleibt mit seiner umwerfenden Mischung aus Melancholie, Nonsens und Gruppenkuscheln nur halb so bescheuert, wie es aufs erste Ohr klingt.

Und wenn es einmal grenzwertig wird, ist PeterLichts Bescheuertheit immer noch eine ganz besondere. Da darf das unzerstörbare "Sonnendeck" als bejubelte, halbakustische Fingerübung ruhig etwas zerfasern, während "Gerader Weg" einen erstaunlichen, wiewohl nicht beabsichtigten Vorgriff wagt: Die auch strukturelle Ähnlichkeit mit dem fünf Jahre später entstandenen Broilers-Hit "Harter Weg" ist frappierend, wobei das schulterklopfende "Wir werden siegen" jedoch zum Glück nichts mit den Toten Hosen am Hut hat. Nein, auf "Lob der Realität" klingt Punkrock anders: wie der Rumpelstolperer "Fuzzipelz", dessen zerfetztes Gewand aus grober Beatbox und pöbelnder Fuzz-Gitarre auch nach über einem Jahrzehnt nichts an Wucht und Gaga-Qualität eingebüßt hat. Nicht einmal, wenn man schon über 70 Minuten dieses mitunter hirnzerbeulenden Programms hinter sich hat.

Denn so liebenswert, virtuos und einwandfrei gesinnt sich PeterLicht auch präsentiert: Mit der Zeit droht die Veranstaltung ein wenig zu viel des Guten zu werden. Was auch an wahrheitsdeformierenden Spoken-Word-Einlassungen wie "Der Arbeitgeberpräsident kommt auf eine Idee", "Der Hosengott" oder "Vorschläge für eine neue Sportart" liegt, die sich deutlich am berühmtesten Sohn von Mülheim an der Ruhr orientieren. Merke: Nicht jeder darf, was Helge Schneider darf – es ist aber nett, wenn er es trotzdem versucht. Und so hat dieses etwas andere Live-Album wenigstens eins mit seinen Artgenossen gemeinsam: Damit man PeterLicht auf der Bühne von vorne bis hinten wertschätzen kann, muss man sich im selben Raum aufhalten. Und kollektive Verbrüderung am eigenen Leib erfahren, wenn es heißt: Willkommen in der Realität. Ist doch schön hier, oder?

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Alles was Du siehst gehört Dir
  • Wir sollten uns halten
  • Die transsylvanische Verwandte ist da
  • Wettentspannen
  • Trennungslied
  • Fuzzipelz
  • Wir werden siegen

Tracklist

  • CD 1
    1. Alles was Du siehst gehört Dir
    2. Gerader Weg
    3. Wir sollten uns halten
    4. Sonnendeck
    5. Mehrgeschossige österreichische Keller
    6. Die transsylvanische Verwandte ist da
    7. Wettentspannen
    8. Lied vom Ende des Kapitalismus
    9. Der Arbeitgeberpräsident kommt auf eine Idee
    10. Benimmunterricht (Der Arbeitgeberpräsident)
    11. Trennungslied
    12. Das Ende der Beschwerde / Du musst Dein Leben ändern
  • CD 2
    1. Shiva
    2. Es bleibt uns der Wind (Du bist richtig hier)
    3. Der Hosengott
    4. Fuzzipelz
    5. Vorschlag für eine neue Sportart
    6. Befreiungsgeräusche
    7. Wir sind jung und machen uns Sorgen um unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt
    8. Wir werden siegen
    9. Zonen
    10. Das Sausen der Welt
    11. Offenes Ende

Gesamtspielzeit: 114:27 min.

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