Dexys - Nowhere is home
Absolute / Rough Trade
VÖ: 24.10.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Agenten für Akzente
Kindheit, Jugend, Bewusstsein, Wehmut, Chaos: Einige Begriffe gibt es nur in der Einzahl. Singularetantum nennt der Fachmann solche Worte. Auch für "Heimat" bietet der Duden keinen Plural an. Üblicherweise hat jeder Mensch offensichtlich nur ein Zuhause. Kevin Rowland von Dexys hat nicht einmal das. Über die Unmöglichkeit, als Nachfahre irischer Einwanderer in England heimisch zu werden, singt er in "Nowhere is home", einem der Highlight des starken 2012er-Comeback-Albums "One day I'm going to soar". "Nowhere is home" hat Rowland nun auch als Titel für seine erste Live-Platte gewählt. Sie enthält Mitschnitte der Show am 24. April 2013 im Duke of York's Theatre im Londoner West End – und ist als Einzel- oder Doppel-CD bzw. als 3-CD-Box mit oder ohne DVD-Beilage erhältlich.
Der Heimatlose im Epizentrum seiner Geburststätte – und das im 35. Jahr der Bandgeschichte. Höchste Zeit für eine Werkschau. Und so liefert der Mitschnitt 20 Songs aus allen Phasen der Karriere. Der Fokus aber liegt klar auf dem neuen Material. Dexys liefern keine schnöde Best-of-Revue. Sie wollen sich nicht für vergangene Großtaten hochleben lassen, sondern weiter Akzente setzen. Dazu passt auch, dass das Publikum weit in den Hintergrund gemischt wurde und ihr größter Hit "Come on Eileen" keine Berücksichtigung fand.
Dass Rowland keine Heimat hat, kann man auch musikalisch interpretieren. Schon immer waren Dexys musikalisch schwer einzuordnen, waren Melting Pot verschiedenster Einflüsse wie New Wave, Northern Soul und Irish Folk. 2013 aber klangen Dexys wie nie zuvor in ihrer Karriere. Die zehn Musiker auf der Bühne spielen kunterbunten und anspruchsvollen Brit-Pop für Erwachsene. Das Tempo ist spürbar gedrosselt, der große Straßengang-Vibe wurde durch intimes Storytelling ersetzt. Rowland hat viel zu sagen. Seine Stimme hat sich über die Jahre zwar kaum verändert, er setzt sie aber anders ein. Sie überschlägt sich nicht mehr vor lauter Tatendrang, sondern trägt kontrolliert die Botschaften vor. Er stimmt dafür überwiegend ruhigere und tiefere Töne an und macht gekonnt den Crooner.
Etwas kraftlos sind die Hymnen aus vergangenen Tagen wie "Geno" und "Tell me when my light turns green". Sie klingen wie eine alte Lederjacke, die heute nicht mehr passen mag. Dexys tragen anno 2013 lieber Anzüge. Und spielen entsprechend passende Songs. Besonders gelungen sind das intime "Lost", das ausufernde "I'm thinking of you" und das Titelstück. Richtig dick fahren Rowland & Co. dann nochmal im abschließenden "This is what she's like" auf. Die Single von 1985 wird hier auf über 21 Minuten gedehnt und enthält alles, was diese Band je ausgemacht hat. Der Working-class-Poet Rowland mag sich entwurzelt fühlen. Mit seinen Dexys aber schafft er seit über 35 Jahren eine musikalische Heimat für alle Heimatlosen. Das verdient höchsten Respekt. Noch so ein Singularentum.
Highlights
- Lost
- Nowhere is home
- This is what she's like
Tracklist
- CD 1
- Now
- Lost
- Me
- She got wiggle
- You
- I'm thinking of you
- I'm always going to love you
- Incapable of love
- Nowhere is home
- Free
- It's ok John Joe
- CD 2
- The waltz
- Geno
- I love you (Listen to this)
- Until I believe in my soul
- Liars A to E
- Old
- This is what she's like
- CD 3
- The waltz (Live alt version)
- Nowhere is home (Live alt version)
- She got wiggle (Radio mix)
- Incapable of love (Radio mix)
Gesamtspielzeit: 140:55 min.
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2019-10-10 10:37:24 Uhr
Ja, ganz gut eigentlich! |
Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2014-12-11 01:05:54 Uhr
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
The Style Council; Paul Weller; The Beat; Scott Walker; The Jam; The Fall; Ian Dury & the Blockheads; The Divine Comedy; Lambchop; Haircut 100; Pulp; Prefab Sprout; Aztec Camera; The Associates; Jarvis Cocker; The Housemartins; The Go-Betweens; The Only Ones; Fun Boy Three; Elvis Costello; Julian Cope; Scritti Politti; Al Wilson; Edwyn Collins; The Specials; Billy Butler; Chuck Wood; Jimmy Radcliffe; Dobie Gray; James Fountain; Bobby Bland; Terry Callier
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