Kiasmos - Kiasmos

Erased Tapes / Indigo
VÖ: 31.10.2014
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Gegensätze im Einklang
"Die Welt ist groß, klein ist der Verstand. Ach Gott! Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben." Dieser Textauszug aus Goethes "Faust I" wird gerne als Beispiel für den Chiasmus herangezogen – ein vornehmlich in der Lyrik verwendetes Stilmittel, bei dem gleichwertige Wörter, Teilsätze oder Sätze kreuzweise entgegengesetzt angeordnet werden. Das Wort ist vom griechischen Buchstaben Chi (X) abgeleitet. Durch die Kreuzstellung sollen vor allem Antithesen betont werden.
Dass Janus Rasmussen von Bloodgroup und Neoklassik-Komponist Ólafur Arnalds ihrem gemeinsamem Projekt diesen Namen gegeben haben, ist nur konsequent. Denn das Duo vermählt auf seinen Debütalbum Gegensätze, kreuzt akustische Instrumente mit Drum-Machines und Tape-Delays. In Arnalds' neuem Tonstudio in Reykjavík gesellten sich unter anderem auch ein Live-Schlagzeuger und ein Streichquartett dazu, Arnalds selbst sitzt am Konzertflügel. Besonders viel Liebe steckt hier im Detail. Um mehr Wärme zu erzeugen, ersetzen Kiasmos etwa gängige Hi-Hat-Sounds durch den Einsatz eines Daumenklaviers, Fingerschnippen und das Reibrad eines Feuerzeugs. So entstand ein atmosphärischer Sound, der beides ist: hochgradig tanzbar und tief melancholisch.
Die insgesamt acht Tracks sind kaum voneinander zu trennen. Sie ergeben vielmehr ein stimmiges großes Ganzes, gehen ineinander über, sind atmosphärisch Verwandte ersten Grades. Besonders heraus sticht aber "Held" – der Ausritt einer sentimentalen Piano-Melodie über Handclap-Hindernisse und streichelnde Streicher. Die Antithese dazu stellt gewissermaßen "Swayed" dar. Bei angezogenem Tempo herrscht hier kühle Club-Atmosphäre, die erst nach und nach mit etwas akustischer Wärme ausstaffiert wird. Ebenfalls stark: "Looped", das sich mit jedem Takt größer macht und von Lagerfeuer-Beschaulichkeit zu einem Open-Air-Rave mutiert.
Kiasmos gelingt mit ihrem Debut eine streckenweise tiefgründige und überraschend emotionale Electro-Platte, die Lust auf mehr macht. Aus den beiden sich anfangs duellierenden Widersachern werden im Laufe des Albums im Einklang Verbündete. Schade ist nur, dass Kiasmos es bei dieser einen Idee belassen und kein weiteres Risiko eingehen. Ein bisschen mehr Vertrauen in den eigenen Weg und ein paar mehr Farbtupfer im Klangbild könnten Ziele für die Zukunft sein. Dort braucht es dann zwar einen neuen Gegenpart, aber den werden Kiasmos schon finden. So leicht lassen sie sich nicht aufs Kreuz legen.
Highlights
- Held
- Looped
Tracklist
- Lit
- Held
- Looped
- Swayed
- Thrown
- Dragged
- Bent
- Burnt
Gesamtspielzeit: 50:52 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fakeboy Postings: 3762 Registriert seit 21.08.2019 |
2021-11-30 14:19:04 Uhr
Sehr sehr geile KEXP-Session |
fakeboy Postings: 3762 Registriert seit 21.08.2019 |
2021-04-19 16:25:01 Uhr
Letztes Jahr entdeckt, seither auf Dauerrotation. Meisterhaft, wie analoge und elektronische Sounds verwoben werden, wie mit Räumen und Stimmungen gespielt wird, wie Spannungsbögen aufgebaut werden, wie das Album fliesst und einen einlullt und mit sich zieht. 10/10 |
VelvetCell Postings: 5575 Registriert seit 14.06.2013 |
2020-03-26 21:38:03 Uhr
Dann habe ich das bestimmt aus deiner Jahrzehntenliste. Danke dafür! |
boneless Postings: 4777 Registriert seit 13.05.2014 |
2020-03-26 21:34:40 Uhr
Nicht umsonst in meiner Jahrzehntenliste. Das Album habe ich ungezählte Male aufgelegt. Verströmt eine sehr angenehme Ruhe, gerade nach einem stressigen Arbeitstag ist das perfekt. Empfehlenswert ist übrigens auch das letztjährig erschienene Vin von Janus Rasmussen, dem anderen Mann hinter Kiasmos. |
VelvetCell Postings: 5575 Registriert seit 14.06.2013 |
2020-03-26 20:00:13 Uhr
Irgendwo hier im Forum empfahl ein User kürzlich diese Platte. Und da ich Arnalds sehr schätze, habe ich mir das Album mal reingetan.Das ist genau der Sound, auf den ich gerade Bock habe. Gefällt mir super! Mal sehen, was weitere Durchgänge ergeben. |
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Referenzen
Amiina; Bloodgroup; Bugge Wesseltoft; Múm; Jónsi; Ben Frost; Efterklang; Pan Sonic; Max Richter; Murcof; Pantha Du Prince; Sigur Rós; Cameo; John Tejada; Ricardo Villalobos; The Field; Ellen Allien; Cashmere Cat; Oliver Koletzki; Loscil; Gui Boratto; Matias Aguayo; Hauschka; Rival Consoles; Matthew Dear; Robag Wruhme; Wighnomy Bros.; Monolake; Apparat; Henrik Schwarz; Jon Hassell; Eivind Aarset; Stefano Bollani; Ólafur Arnalds; Jóhann Jóhannsson; Douglas Dare; Ost
Surftipps
- http://www.erasedtapes.com/artists/biography/11/Kiasmos
- http://indigo.de/unser_programm/5353
- http://de.wikipedia.org/wiki/Ólafur_Arnalds
- http://www.lastfm.de/music/Kiasmos
- https://www.facebook.com/kiasmos
- http://www.discogs.com/artist/1459655-Kiasmosi
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