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Grouper - Ruins

Grouper- Ruins

Kranky / Cargo
VÖ: 31.10.2014

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Diesseits der Stille

Wie klingt Verfall? Schroff, laut, gar aggressiv? Mitnichten. Wenn von Menschenhand errichtete Bauwerke von Zeit und Witterung ihrem Vergehen zugeführt werden, ist das ein ebenso langsamer wie leiser Prozess. Was bleibt, sind Staub und Erinnerungen. Bilder können derlei Abläufe nur in gestundeter Form wiedergeben. Musik indessen transponiert visuelle Eindrücke, sie verleiht erkennbaren Stimmungen emotionale Kontur. Die unter dem Projektnamen Grouper operierende US-Amerikanerin Liz Harris ist eine echte Expertin in Sachen Niedergangsbeschallung: Schon seit 2005 veröffentlicht sie beinahe jährlich neue leisetretende Kleinode. Ihre Fangemeinde wächst dabei ebenso stetig wie die Verwunderung, woher sie all diese sprachlos machende Musik nimmt.

Durch die bewusste Reduktion auf simpelste Aufnahmetechniken besitzen ihre Werke stets einen rohen, unfertigen Charakter. Das Surren der Bandmaschine gehört ebenso zum Song wie Atemgeräusche der Sängerin oder ein im Hintergrund piepsender Mikrowellenherd. Im Gegensatz zum gitarrengetragenen Vorgänger "The man who died in his boat" steht diesmal ein mit reichlich Sustain gespieltes Klavier im Mittelpunkt. Die Akkorde dürfen geruhsam verklingen, teils schweben die Harmonien sekundenlang im Raum, ehe die Finger zurück auf die Tasten finden. Dazu erschallt Harris' typisch entrückter Gesang, der zwischen den Klangtupfern des Pianos zu verschwinden scheint. Wenn etwa "Labyrinth" minutenlang um dieselbe Akkordfolge kreist und dabei sukzessive langsamer wird, gibt es gar keine andere Option, als der Musik Folge zu leisten und sich ganz der Entschleunigung hinzugeben. Auch das zärtliche "Clearing" erreicht mit minimalem Aufwand die maximale Wirkung. Bei aller Zerbrechlichkeit zeugen die kargen Arrangements jedoch auch von großem künstlerischen Selbstbewusstsein. Das unbedingt Nötige ist hier auch das unbedingt Mögliche.

Entstanden ist "Ruins" größtenteils bereits 2011, als Harris sich nach Aljezur in Portugal zurückgezogen hatte, um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu schöpfen. Das Konzept, die Aufnahmen als Dokument einer Zeit der Einkehr zu begreifen, gewinnt durch das fantastische Artwork und die fragmentarisch wirkenden Liedtexte an Dringlichkeit und Konsistenz. Lieder wie "Holding" fangen nicht nur ein Gefühl überwältigender Trauer ein, sie definieren es. Das einzige Stück, das aus dem Rahmen fällt, ist das bereits 2004 entstandene, über elf Minuten lange "Made of air". Die Ambient-Komposition bildet den wogenden Kontrast zu den ansonsten relativ gleichmäßig verfließenden Songs. Behutsam werden Klänge aufgeschichtet, bevor nach ungefähr viereinhalb Minuten die Stimmung kippt und der schrittweise Abstieg ins Nichts begonnen wird. Die eigentliche Kunst der Liz Harris ist dabei, dem Hörer trotz aller Schwarzmalerei auch eine trostspendende Hand entgegenzustrecken. Wer sie ergreift, wird sie so schnell nicht mehr loslassen können.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Clearing
  • Holding
  • Made of air

Tracklist

  1. Made of metal
  2. Clearing
  3. Call across rooms
  4. Labyrinth
  5. Lighthouse
  6. Holofernes
  7. Holding
  8. Made of air

Gesamtspielzeit: 39:57 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2021-03-23 13:43:32 Uhr
Wunderbar verloren, das Album.

boneless

Postings: 5293

Registriert seit 13.05.2014

2019-10-25 23:02:38 Uhr
Fast 20€ für ne 7" auszugeben gehört wahrlich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, aber die beiden Songs sind schlicht zu gut, um es nicht zu tun.

Bei mir waren es die Woche 40 Euro. Ein wenig schluckt man bei solchen Preisen schon, aber ich musste diesen 7 Zöller einfach besitzen und hab die Hoffnung schon länger aufgegeben, einen für unter 40 Euro zu erstehen. Wenigstens waren die Versandkosten halbwegs erträglich. Zählt man die 35 Euro für die Water People Single dazu, hab ich für insgesamt 4 Songs von Liz eine ganze Menge Kohle gelassen. Aber selten war so wenig Musik so viel wert.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2019-05-21 00:02:58 Uhr
Schöner Soundtrack auch zur letzten Folge von "Game of thrones". :D

Eliminator Jr.

Postings: 1243

Registriert seit 14.06.2013

2016-12-30 12:06:57 Uhr
Jap, habe gleich am ersten Tag eine bei Boomkat geordert. Tatsache, scheint gerade überall out of stock zu sein. Aber bei 1.000 Stück kann ich schwer glauben, dass nicht irgendwo noch welche rumfliegen.

boneless

Postings: 5293

Registriert seit 13.05.2014

2016-12-30 11:43:37 Uhr
Du hast noch eine bekommen? Ich les schon wieder überall "Sold Out". :/
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