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Philip Selway - Weatherhouse

Philip Selway- Weatherhouse

Bella Union / Rough Trade
VÖ: 03.10.2014

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Raus aus dem Schatten

Prinz Philip, seines Zeichens Gemahl der ewigen Queen Elisabeth II., sitzt stets im Schatten seiner Angetrauten. Wenn er sich doch einmal auf die große Bühne wagt, gelingt es ihm nicht immer, politisch korrekt an diplomatischen Fettnäpfchen vorbeizumanövrieren. Sein Namensvetter Philip Selway hat zwar keinen adeligen Stammbaum vorzuweisen, ein prominenter Schattensitzer ist er allerdings: Als Schlagzeuger von Radiohead malträtiert der Engländer seit vielen Jahren größtenteils unsichtbar die Trommeln, während sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf den weitaus auffälligeren Sänger Thom Yorke konzentriert. Dass sich hinter dem gemütlich wirkenden Selway auch ein Mann für die Bühnenmitte verbirgt, hätten bis zum Release des schnieken Debütalbums "Familial" wohl nur die Eingeweihtesten für möglich gehalten. Mit "Weatherhouse" begibt sich der Brite nun ein zweites Mal auf den Solotrip. Lipophob, versteht sich.

Das Album beginnt spannend: Zu einem zurückhaltenden Beat, der sich auch auf einem Massive-Attack-Album gut machen würde, widmet sich Selway behutsam der Klang- und Stimmungsverdichtung. Mit viel Hall auf den Gitarren und noch mehr Gefühl in der Stimme macht der Kahlkopf unmissverständlich klar, dass die Zeiten der folkigen Reduktion vorbei sind. Drei Jahre hat Selway an seinem Zweitling gewerkelt, und diese Zeit merkt man der detailversessenen Produktion jederzeit an. Auch das jazzig brütende "Around again" zieht in seinen Bann. Besonders herausragend ist hier das Zusammenwirken des Selway-typischen Drummings mit einem opulenten Streicherarrangement. Dass ein Schlagzeuger zu rhythmisch ausgefeilten Kompositionen fähig ist, überrascht selbstverständlich nicht. Dass er jedoch auch in Sachen Harmonie und Melodieseligkeit alles andere als unbedarft daherkommt, ist dann doch keine Selbstverständlichkeit.

Die Frage nach der künstlerischen Eigenständigkeit Selways muss an dieser Stelle natürlich gestellt werden. Und ja, man hört vielen Liedern an, bei welcher Band sich der Engländer hauptberuflich verdingt. Während Radiohead jedoch – vor allem aufgrund der elektronischen Eskapaden Jonny Greenwoods und Thom Yorkes – den Weg zur Schönheit häufig bewusst verbauen, schreckt Selway nicht davor zurück, den Himmel ganz unverkopft mit Geigen zu behängen. Manchmal klappt das ganz hervorragend: "Drawn to the light" gewinnt erst durch die im Hintergrund flirrenden Violinen an Strahlkraft. Schwierig gestaltet sich dagegen "Ghosts", dessen erste Akkorde exakt wie "Exit music (for a film)" klingen. Während das Original sich zu einem zwischen Euphorie und Fatalismus pendelnden Schlussteil emporschwingt, bleibt "Ghosts" ruhig. Und verklingt, ohne nennenswerte Spuren hinterlassen zu haben. Gänzlich übertrieben kommt "It will end in tears" daher: Die an sich hübsche Pianoballade vergisst gegen Ende, was sie ist, und tut so, als sei sie "Hey Jude". Funktioniert leider nur bedingt.

Am überzeugendsten ist Philip Selway immer dann, wenn er nicht übertreibt. In dem leicht dissonanten "Waiting for a sign" belässt er es bei einem simplen Achtelgroove und einer gezupften Akustikgitarre und erreicht damit mehr als beispielsweise in dem viel zu überzuckerten "Don't go now". Textlich schippert der 47-Jährige leider häufig in seichten Gewässern dahin. "Let it go / Let it go / Now it's over / I'm over it now" säuselt er etwa in dem mit allerhand Glockengeläut und Schellenkranzgeschepper verzierten "Let it go". Schade, dass er nur selten mehr zu berichten weiß – ein überaus melodiebegabter und geschmacks- sicherer Songwriter ist er nämlich ohne Zweifel. Womit er seinem hochwohlgeborenen Namensvetter definitiv etwas voraus hat.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Coming up for air
  • Around again
  • Drawn to the light

Tracklist

  1. Coming up for air
  2. Around again
  3. Let it go
  4. Miles away
  5. Ghosts
  6. It will end in tears
  7. Don't go now
  8. Drawn to the light
  9. Waiting for a sign
  10. Turning it inside out

Gesamtspielzeit: 37:09 min.

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User Beitrag

Christopher

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 3576

Registriert seit 12.12.2013

2014-10-15 22:13:26 Uhr
Hab da sehr lange mit mir gerungen, ob ich 6 oder 7 geben soll. Eigentlich ein sehr liebenswertes Album - wenn da eben die teils erschreckend banalen Ausfälle nicht wären. Die guten Songs könnten mich aber durchaus durch den Herbst begleiten.

Jennifer

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 4711

Registriert seit 14.05.2013

2014-10-15 21:55:28 Uhr
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