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Iceage - Plowing into the field of love

Iceage- Plowing into the field of love

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 03.10.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Mit Sternchen

Wo Iceage drauf steht, ist auch Iceage drin. Das galt zumindest bisher. Denn die beiden LoFi-Punk-Arschtritte namens "New brigade" und "You're nothing" der allseits gelobten nordischen Lärm-Bengels waren mindestens Liebe auf den zweiten Blick. Und die hält für gewöhnlich länger. Für ein paar Sekunden ist dann auch auf "Plowing into the field of love", der neuen Platte der Kopenhagener, alles wie immer: Es brummt und schrammelt und klingt wieder herrlich kaputt. Und dann, was zur Hölle ist das? Auf einmal gräbt sich ein fast aufmüpfiges Pianomotiv durch den Lärm. Muss das?! Oder anders: Darf das? Plötzlich versucht sich Elias Bender Rønnenfelt, der bekanntlich meilenweit an allen Noten vorbei singen kann, tatsächlich an einer Gesangsmelodie! Und das über 5:16 Minuten – womit der Opener "On my fingers" tatsächlich beinahe genau so lange dauert, wie die ersten drei Stücke der letzten Platte zusammen. Damit war eher nicht zu rechnen.

Und Iceage meinen das ernst: Über fast 50 Minuten – noch einmal sei bemerkt: in dieser Zeit könnte man ihre beiden letzten Alben hintereinander anhören – öffnen sie für "Plowing into the field of love" ihre steil nach vorne gerichteten Scheuklappen und schweifen den Blick zur Seite aus. Das ist mutig. Weil wohl niemand das erwartete oder gar verlangte. Warum auch, wenn die Band doch so konsequent anti-ästhetisch musizierte und gerade deshalb so großartig war. Bei aller Kompromisslosigkeit und trotz des Tempos gehörten Iceage-Songs zwar schon immer irgendwo zur düsteren Fraktion, allerdings ging dem Vierer aus Kopenhagen die Melodieverliebtheit des Post-Punk immer auch ein wenig ab. Doch jetzt schrauben Iceage merklich am großen Ganzen und versuchen sich daran, ihre ungeraden Töne, ihr unorthodoxen Takte, ihr unterschwelliges Dunkel hin zu neuen Ufern zu tragen – und zurren dabei gar melodische Motive fest. Vielleicht auch, weil das deutlich gedrosselte Tempo zulässt, was vorher schwer möglich war?

Rønnenfelt selbst, der für dieses Album auch länger an seinen Texten feilte, meint gar: "Wir wollten schon immer so klingen. Es hat eben nur ein bisschen gedauert." Ein Paradebeispiel für die "neuen" Iceage ist wohl "How many", denn hier gelingt der Spagat zwischen Vertracktheit und Eingängigkeit, zwischen Chaos und Ordnung: Wer die schrägen Strophenparts durchsteht, bei denen nahezu alle Instrumente mitsamt Rønnefelts Stimme aneinander vorbei zu musizieren scheinen, kann dem dramatischen Refrain sowieso nicht entkommen. Und der sitzt. Wie auch die erste Single: "The Lord's favourite", ein musikalischer Gruß in Richung Libertines, nimmt den Hörer mithilfe seiner Country-Gitarre unweigerlich an die Leine. Schwieriger wird es dann, wenn Bläser, Streicher und Akustikgitarren unmittelbar in den Fokus rücken. "Glassy eyed, dormant and veiled" ist so ein überfütterter Art-Pop-Kandidat, den Fans der ersten Stunde erst einmal verdauen müssen.

Ebenso wie der düster-dramatische Post-irgendwas-Brocken "Stay", der in seiner Stimmung gar bei Nick Cave zu Besuch ist – aber funktioniert. Großartig auch das fast schon elegische, sich mit subtiler Wut aufladende "Forever": Doch dann, zur finalen Explosion, spielt die Trompete eine Fanfare. So klingt sie wohl, die Schönheit inmitten der Zerstörung. Immerhin ist dem Hörer dann mit dem zurückgelehnten, von dezeten Bläsern und Piano getragenen "Against the moon", die mittlerweile nötige, akustische Entspannung vergönnt. Ähm, Moment, hat da gerade wer "I keep pissing against the moon" gesungen? Keine Frage, diese Platte ist Iceages bislang ungewöhnlichste und ambitionierteste. Doch steckt in diesem Paket namens "Plowing into the field of love" derart viel drin, dass es eben eine Zeit lang dauert, bis man gewohnte Schubladen umsortiert hat. Und dann am besten gleich auch anders beschriften. Vielleicht ja Iceage mit Sternchen, oder so.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • The Lord's favourite
  • How many
  • Stay
  • Forever

Tracklist

  1. On my fingers
  2. The Lord's favourite
  3. How many
  4. Glassy eyed, dormant and veiled
  5. Stay
  6. Let it vanish
  7. Abundant living
  8. Forever
  9. Cimerian shade
  10. Against the moon
  11. Simony
  12. Plowing into the field of love

Gesamtspielzeit: 48:55 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2021-07-22 21:11:30 Uhr
Geiles Album. Aber ein Grower vorm Herrn. Am Anfang war da eher interessierte Irritierung. :)

Kojiro

Postings: 2967

Registriert seit 26.12.2018

2021-06-11 19:16:50 Uhr
Ich muss sagen, dass ich das Debüt streckenweise anstrengend finde.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2021-06-11 16:45:54 Uhr
Kenne nur "You're nothing", die hier und die neue. Derzeit würde ich wohl die hier favorisieren, wobei mein Lieblingssong wohl der Opener der "Seek shelter" ist.
Aber ich bin echt noch im Hineinhören bei dieser Band.

Jfanta

Postings: 105

Registriert seit 28.09.2020

2021-06-11 16:27:35 Uhr
Was hast du denn alles angehört schon und was favorisierst du? Wie gesagt, die ersten beiden Alben sind auch gut :) aber Plowing für mich - wie bereits geschrieben - der klare Favorit.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2021-06-11 12:26:19 Uhr
Ganz eigene Faszination hat diese Band auf mich. Find es immer besser, also alles von denen. :D
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