Chumbawamba - Readymades
Mutt / Zomba
VÖ: 26.08.2002
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
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Es ist ihnen doch noch gelungen. Man muß den bösen Kapitalisten der Musikindustrie nur lange genug vors Schienbein treten, damit sie einen vor die Tür setzen. Da kann die Nestbeschmutzung noch so sehr in süßlichen Pop getunkt sein. Irgendwann platzt der Kragen. Genau das ist anscheinend den fröhlichen Anarchisten von Chumbawamba passiert, die sich mit "Readymades" endlich auf ein eigenes, standesgemäß unabhängiges Label begeben mußten.
Wer jetzt aber erwartet, daß die Verfasser von Brandsätzen wie "Mouthful of shit", "The day the Nazi died" oder "Enough is enough" jetzt endlich wieder so richtig auf die Polit-Kacke hauen, wird sich irritiert Augen und Ohren reiben. Wo ist das Feuer hin, wo die beißenden Attacken? Wo verstecken sich die flammenden Anklagen und der zynische Spott? Sind Chumbawamba jetzt, wo sie eigentlich keine Rücksicht mehr auf die verhaßten Label-Kapitalisten mehr nehmen müßten, etwa die Ideale abhanden gekommen?
Nun ja, natürlich bietet auch "Readymades" mal wieder spitze Spitzen gegen die da oben, solidarische Aufmunterungen für Gebeutelte und Schicksalsgeplagte und jede Menge Slogans für nächtliche Ausflüge mit der Sprühflasche. Nur hat sich leider auch der letzte Rest von Punk dorthin verkrümelt, wo ihn auch Glatzenkollege Moby nicht mehr findet. Auch die Kommune aus Sheffield bedient sich mittlerweile der Rezepte des einstigen Pop-Unterwanderers, um das in freundlichen Tralalas versteckte Gedankengut der Zielgruppe nahezubringen. Niemand schreit mehr seinen Zorn heraus. Statt dessen wird die Wut und Verzweiflung anderer einfach gesamplet.
So sollen alte Folksongs und angestaubte Wehklagen für Atmosphäre sorgen, ersticken aber leider meist unter Bergen von angekitschter Elektronik und gähnenden Standard-Beats von vorvorgestern. Ein bißchen Ragga, ein wenig Trance, ein Hauch HipHop - fertig ist der AgitPop. Spannend ist anders. Nur einmal gelingt mit "Jacob's ladder" ein wahrer Volltreffer. Zum relaxten Groove schraubt sich die bittersüße Melodie in rührende Höhen, während Lou Watts ein paar jämmerlich ersaufende Matrosen beklagt. "And they sent him to the water / To be slain, to be slain." Doch die flammenden Reden von einst sind meist nur noch luftleere Theorie. Statt wärmenden Molotov-Cocktails gibt's jetzt Flugblätter in Schönschrift und mit Rosenduft. Subversiv wie Sesamstraße und Anlageberatung.
Highlights
- Jacob\'s ladder
- Without rhyme or reason (The killing of Harry Stanley)
Tracklist
- Salt fare, North Sea
- Jacob's ladder
- All in vain
- Home with me
- If it is to be, it is up to me
- Don't try this at home
- Song for Len Shackleton
- Without rhyme or reason (The killing of Harry Stanley)
- Don't pass go
- One way or the other
- When I'm bad
- Sewing up crap
- After Shelley
Gesamtspielzeit: 53:08 min.
Referenzen
Moby; Schiller; The Beta Band; The All Seeing I; Skinny; Blueboy; Deep Forest; Enigma; Credit To The Nation; Negativland; Consolidated; Cornershop; Big Yoga Muffin; The KLF; William Orbit; Robert Miles; Baby D; Culture Beat; Sylver; Fragma; Robbie Williams; Belle & Sebastian; Gorky's Zygotic Mynci; Noam Chomsky
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