Alien Ensemble - Alien Ensemble

Alien Transistor / Indigo
VÖ: 20.06.2014
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Music from outer space
Vor kurzem fiel dem Rezensenten, der von sich selbst nur in seinen Rezensionen in der dritten Person spricht (ehrlich!), diese Platte in die Hände: "Leonard Nimoy presents Mr. Spock's music from outer space". 1967 hatte der Raumschiff-Enterprise-Darsteller in seiner Rolle als Mr. Spock ein Album aufgenommen. Nach kurzem Reinhören war der Rezensent beeindruckt von Nimoys Gesang, der William Shatners Spoken Word Lichtjahre voraus ist. Auch das Debüt von Alien Ensemble enthält "music from outer space", wenn auch ganz andere als Nimoys poppige Weltraummusik-Interpretationen.
Micha Acher, Bruder von Markus Acher und Gründungsmitglied von The Notwist, ist der Bandkopf der Jazz-Combo aus dem bayerischen Weilheim. Weitere The-Notwist-Musiker begleiten sein Projekt, meist stehen Alien Ensemble zu siebt auf der Bühne, mal sind es mehr, mal weniger, die in die Tasten hämmern und in Trompeten, Posaunen, Flöten und weiteres stoßen. Dass die Truppe dabei so manchen Ausflug in fremde Gefilde unternimmt, scheint die Jazzer-Fraktion dabei nicht abzuschrecken, immerhin gibt es zumindest keinen Gesang. Alien Ensemble sind Forscher auf dem Weg zu Klangwelten, wie sie noch nie ein Mensch zuvor gehört hat. So etwas gab es noch nicht: Da werden genrefremde Einflüsse genauso feinsinnig integriert wie ursprünglicher New-Orleans-Sound. Dabei spielen die Musiker ausschließlich unplugged.
Der Longplayer startet mit dem gut zehnminütigen "Alien circle" einer von der Trompete getragenen Hetzjagd durch den Kosmos, mit einer schwindeligen Querflöte und dem diabolischen Rasseln einer überdimensionalen Klapperschlage. Der Song droht in seiner Länge ständig zu kippen, findet aber immer wieder die Waagerechte. "The prayer" sticht nicht zuletzt durch seine Kürze hervor – nur eine Minute dauert der melodiöse Trompetenabgesang, der voller Würde beerdigt, was zuvor nicht mehr sein konnte. "Modest farewell" beginnt seinerseits mit spieluhrgleichem Glockenklang, lässt sich Zeit zur Entwicklung und beweist langen Atem, der nach Glückseligkeit riecht. Das Stück nimmt über seine Dauer immer mehr an Fahrt auf, baut weitere Percussion-Elemente ein, und die allgegenwärtige Trompete schaut nur vergleichsweise kurz vorbei, hat aber zum Ende hin noch einmal ihren ganz großen Auftritt und beschließt die Platte.
Dass im Hause Acher Experimentierfreudigkeit großgeschrieben wird, ist kein Geheimnis. Mit The Notwist wurden die Acher-Brüder zu Rocklegenden, wenn man einmal diesen Superlativ auspacken möchte. In "Alien Ensemble" steckt viel Herzblut. Von Vollblutmusikern. Das ist schon auf CD zu hören und live erst recht zu bewundern, wenn die Gruppe mit ihren großartigen Improvisationen glänzt. Auf Platte fehlt aber leider ebendieser Schmiss des Drauflosmusizierens, und es scheint, als wäre der ein oder andere schöne Ansatz nicht zu Ende gelebt. Eine klarere Melodieführung, die sich zwar nicht einem Strophe-Chorus-Schema unterordnet, aber doch einen saubereren Bezug zur popmusikalischen Heimat der Weilheimer herstellt, hätte diesem Debüt gut zu Gesicht gestanden. So aber bleibt hier noch etwas Raum nach oben.
Highlights
- Alien circle
- Modern farewell
Tracklist
- Alien circle
- D.A.G.C
- 1
- Thousand lights district
- The prayer
- Three doors part 5
- Modest farewell
Gesamtspielzeit: 42:17 min.
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