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Kasabian - 48:13

Kasabian- 48:13

Columbia / Sony
VÖ: 06.06.2014

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Veganer Ponyhof

Sind wir nicht alle ein bisschen Brit? Die Cool-Britannia-Bewegung erwischte jeden irgendwie – ob gewollt oder nicht. Ziehen wir eine kurze Bilanz: Der Britpop der 1990er Jahre etablierte eine britische Bewegung, musikalisch wie kulturell, welche in der Rückbesinnung auf die ureigene Vergangenheit der 1960er beziehungsweise der 1970er eine Konterbewegung zum ausklingenden Grunge bildete. Was als trendiges Label nur einige Jahre hielt, bekam schnell den Stempel des Post aufgedrückt. Bands wie Travis, Stereophonics, Feeder und Coldplay dominierten das Feld. Der große Knall folgte anschließend mit dem Post-Punk-Revival und der darin florierenden "Class of 2005". Was ist von den hier leider nur unzulässig zusammengekürzten britischen Movements übriggeblieben? Ein Trümmerfeld: Oasis, The Verve, Blur und Pulp als stabile Basis sind Ruinen. Die Jahresbesten von 2005 dümpeln, von Bloc Partys "Four" abgesehen, im belanglosen Abseits, Galionsfiguren wie Peter Doherty sind halbangesickte Zombies ihrer selbst, Travis waren mit den Stereophonics ohnehin seit jeher pure Mediokrität und Coldplay kollaborieren mit Avicii. Fuck the what!? Inmitten dieses ruinösen Umfelds hält sich der zitathafte Acid-Rock/Pop von Kasabian seit Anbeginn vergleichsweise ziemlich gut.

Mit "Velociraptor!" und Dan The Automator als Produzent kam 2011 ein neuer Aufschwung in den – kompositions- und produktionstechnisch – komplett drüber gefeuerten "West Ryder Pauper Lunatic Asylum"-Sound. Sänger Tom Meighan trennte sich von seiner (un)schicken Jesus-Matte und Kasabian fanden langsam wieder zu alten Stärken, wie sie "Kasabian" und "Empire" dominierten. "La fee verte", zugegeben ein infantiles, aber hip-chickes Drogen-Sha-la-la-la in guter Beatles-Manier, unterlegte sogar die dramatischsten Szenen von William Monahans "London Boulevard"-Verfilmung. Zu kaum einem Song konnte so britisch-gestylt gestorben werden, wie Colin Farrell zu Kasabians Absinth-Rausch. Mit "48:13" soll es nach Bandchef Sergio Pizzorno nun "direkter und ehrlicher" zur Sache gehen. Reduzierter und entblößter. Um es freudianisch zu formulieren: Das Würstchen muss wieder in das Böhnchen. Damit wird die Fährte von "Velociraptor!" zum Glück erneut aufgenommen.

Nach dem bedächtigen Instrumental-Opener "Shiva" (wo sind eigentlich Kula Shaker verdammt?) schmettern die nicht unbedingt für kleine Egos bekannten Leicester-Jungs gleich die Bewerbungsfanfare "Bumblebeee" für den vierten Transformers-Film hinterher: schmissig, großkotzig und unverschämt wadentrainierend – klappt im Pub genauso wie im Club. Warum sich mit mittelgroßen Indie-Filmen wie "London Boulevard" zufriedengeben, wenn man Michael Bay die englische Visitenkarte ins breite Monetenmaul stopfen kann? Ja, euphorisch ist das, gefolgt vom stampfenden "Stevie", das die saturierten Wohlfahrtsarschbäckchen wieder in Bewegung versetzt. Das knallt mit zwei Glas Gin intus auch gleich doppelt so heftig. "Mortis" und das kurze "Levitation" sowie "S.P.S." dagegen umnebeln mit feinst auserlesener Psychedelia, wobei letzteres als gleichwohl wunderschön und tatsächlich einmal reduzierte Ballade daherkommt, wie das große "Neon noon" vom Vorgänger. Kasabian at their best...definitely maybe?

Vom 80er-Wave infiziert, huscht "Explodes" durch die Tracklist, wie seinerzeit "Acid turkish bath (Shelter from the storm)". Satte Melodie-Bögen und Robotronic-Romantik geben sich hier in shakespearesker Zuneigung die Hand, wie es Romeo und Juliet wohl nie geschafft haben. Diese liebevolle Zutraulichkeit geht mit "Glass" dann für manche vielleicht doch zu weit, wenn Suli Breaks' spoken words in halbgarer Streets-Machart aus den Speakern nölen. Soll cool sein, braucht es aber nicht unbedingt. Die Vorab-Single "Eez-Eh" tuckert frisch als franzferdinandisierter Electronic-Stampfer durch die Synapsen und rundet "48:13" ab, wie "Days are forgotten" "Velociraptor!".

Kasabian stehen mit ihrem fünften Langspieler weit vor dem Trümmerfeld der durch die insulare Journaille vollkommen überhypten und overfucked, doch undercreative britischen Musikszene. "48:13" ist ein gutes und rundes Album – kompositorisch. Wer jedoch dermaßen sozialkritische Texte schreibt, wie in "Eez-eh": "Horsemeat in the burgers / People commit murders / Everyone's on bugle / We're being watched by Google", sollte sich vielleicht einmal Gedanken um einen veganen Ponyhof machen.

(Peter Somogyi)

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Highlights

  • Bumblebeee
  • Stevie
  • S.P.S.

Tracklist

  1. Shiva
  2. Bumblebeee
  3. Stevie
  4. Mortis
  5. Doomsday
  6. Treat
  7. Glass
  8. Explodes
  9. Levitation
  10. Clouds
  11. Eez-eh
  12. Bow
  13. S.P.S.

Gesamtspielzeit: 48:13 min.

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User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20059

Registriert seit 10.09.2013

2014-10-27 17:26:13 Uhr
Ja und? Elbow, Trail of Dead oder Future Islands waren da auch schon.

Desare Nezitic

Postings: 5406

Registriert seit 13.06.2013

2014-10-27 11:42:23 Uhr
Schade.
Indie-Spießer
2014-10-27 11:35:02 Uhr
Heute zu Gast bei Circus HallGalli

Desare Nezitic

Postings: 5406

Registriert seit 13.06.2013

2014-10-27 11:25:10 Uhr
Musik ist ja nur noch zweckgebunden für ne stattliche und auch geile Party. Dafür sind mir fast 40 Tacken aber doch zu teuer.
nur zur Mehlbestäubung
2014-10-27 09:22:16 Uhr
The Walking Bread = Bernd das Brot
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