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INVSN - INVSN

INVSN- INVSN

Unter Schafen / Al!ve
VÖ: 30.05.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zwischen der Zeit

Zeitreisen sind aufregend – das lehrte zumindest die Älteren unter uns einst ein gewisser Marty McFly. Auch das Eintauchen in frühere Musikepochen kann vergangene Tage aufleben lassen. Doch wehe, eine mit "Legende" bestempelte, aufgelöste Band hievt sich selbst aus dem Grab, wie 2012 in Schweden geschehen. Als Punkrock-Purist oder unverbesslicher Musiknerd mag man noch so sehr mit dem "Oh weia! Kommerz!"-Schwert gefochten haben – über die Gründe für die rund zwölf Monate währende Refused-Reunion hat Dennis Lyxzén, der personifizierte schwedische Hardcore, ausführlich gesprochen. Und wer damals eine der Refused-Shows miterlebt hat, der bekam den Meilenstein "The shape of punk to come" live derart geballt zwischen die Gehörgänge geknallt, dass man meinte, diese 14 Jahre alten Songs seien der neueste Scheiß. Natürlich einerseits perfekt inszeniert – aber eben auch perfekt musiziert. Aber bei allem Herzblut, welches Refused dabei noch einmal, für viele auch zum ersten Mal, wachrüttelten, ist es dann dennoch beruhigend, dass Refused als Quell neuer Musik weiterhin "fucking dead" sind.

Sich selbst das Denkmal abzubauen, wäre nicht die schwerste Übung. Weiß Lyxzén selbst. Doch wäre er ebenso nicht er selbst, wäre er nicht schnell wieder auf den Geschmack gekommen, was das Schreiben neuer Songs angeht. Reinreden ließ sich der Songschreiber bislang sowieso von den Allerwenigsten. Dies ist aber nicht der Grund, warum er sein Post-(International)-Noise-Conspiracy-Baby, die Lost Patrol Band, nach Jahren des Schaffens wegen eines namensrechtlichen Streits plötzlich in "Invasionen" umtaufte und mit seiner Truppe zwei Platten zuletzt nur in Schweden veröffentlichte. Die Namensänderung allerdings nutzten die alten Freunde dann, um sich auch musikalisch ein wenig umzuorientieren: INVSN ist nun quasi die alte, neue Band – und bedeutet im künstlerischen Sinne vor allem áuch ein wenig Kehraus: Weg mit überflüssigen Vokalen im Bandnamen, weg auch mit der zuletzt etwas ausrangierten Sixties-Retro-Kutte der Lost Patrol Band. Auf zu neuen Ufern. Doch wohin? Haben INVSN wirklich die Zeitmaschine angeschmissen, um kurz nach Ian Curtis' Tod in den frühen 80er-Jahren zu landen? Nein, eine solch pauschale Analyse würde der Platte nicht gerecht werden.

Denn auch wenn dieses Quasi-Debut von INVSN vordergründig über die volle Distanz auf düstere New-Wave- und Post-Punk-Pose macht – Stücken wie "Västerbotten" und "It's all coming back" gelingt diese Emanzipation am deutlichsten – schafft nicht einmal Lyxzén selbst es, den geradlinigen Rock’n’Roll-Zug vollends aus den für den Songwriter typischen Schienen zu hebeln. Und noch eine Konstante bewahrt sich Lyxzén: die nach wie vor links-revolutionär angehauchten Themen. Das ist aber andererseits auch gar nicht schlimm. Weil dabei leicht düstere, aber wegen Bassistin Sara Almgrens Co-Vocals auch euphorische Hymnen wie die erste Auskopplung "Down in the shadows" entstanden sind. Auch, weil "Our blood" dann ein wenig die früheren Hardcore-Wurzeln an der Oberfläche freilegt. Und weil daneben auch poppig-luftige Songs wie "Distorted heartbeat" oder "Inheritance" es schaffen, aus dem Schatten von Robert Smiths Frisur zu treten. Manchmal klingt das auch so, als hätte jemand The (International) Noise Conspiracy in Umeå vom Friedhof gezerrt und in Manchesters Straßen der 80er-Jahre ausgesetzt, wie etwa "God has left us stranded" beweist. Puristen oder Musiknerds rümpfen unter Umständen die Nase. Andere machen den McFly und reisen mit. Ohne Scheuklappen. Irgendwo zwischen der Zeit.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Down in the shadows
  • God has left us stranded
  • Our blood
  • Distorted heartbeat

Tracklist

  1. #61
  2. Down in the shadows
  3. The promise
  4. God has left us stranded
  5. Västerbotten
  6. Our blood
  7. Inheritance
  8. It's all coming back
  9. Distorted heartbeat
  10. Hate

Gesamtspielzeit: 43:55 min.

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