Melanie de Biasio - No deal
PIAS / Rough Trade
VÖ: 25.04.2014
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Nachtschattengewächs
Schwarz. Schwarz ist die Nacht, schwarz sind die Gedanken. Schwarz ist das Cover von "No deal", des neuen Albums der belgischen Sängerin und Flötistin Melanie de Biasio. Und so düster wie das Artwork ist auch die Musik der Dame mit der spartanischen Kurzhaarfrisur. Ohne große Gesten und ohne jegliches Pathos entführen de Biasios dunkle Elegien den Hörer und die Hörerin in gerade einmal 33 Minuten in eine Parallelwelt aus Saum und Schatten. Denkbar ungeeignet ist ihre Musik für grell ausgeleuchtete Schickimicki-Locations, dafür umso passender für depressive Episoden in stummer Einsamkeit.
Es bedarf nur einiger sachter Klavierakkorde, um das Fundament für die markante Stimme de Biasios zu legen. Diese erinnert nicht selten an Größen wie Billie Holiday oder Nina Simone. Gerade wegen der äußerst spärlichen Instrumentierung wiegen die wenigen Zeilen, welche die Chanteuse ins Mikrophon haucht, umso schwerer. "I'm gonna leave you cause I wanna / And I'll go where people love me" raunt sie etwa in dem unstet wabernden "I'm gonna leave you". Unberührbar vielleicht, jedoch tief berührend. Unglaublich präzise ist indessen das Spiel der Begleitband, besonders das fein akzentuierte Drumming. Die instrumentalen Fähigkeiten de Biasios treten am stärksten in dem hypnotischen "The flow" hervor: Das den Song beschließende Flötensolo benötigt nur wenige Töne, um Gänsehaut hervorzurufen.
De Biasio beherrscht aber nicht nur die Kunst der Spärlichkeit, sie weiß auch um die Wirkung der Stille. So bleibt der Nachtwalzer "With love" instrumental, und bildet auf diese Weise das perfekte Bindeglied zwischen dem beschwörerischen Mantra des Titeltracks und der in Moll getünchten Ballade "Sweet darling pain", die sich perfekt für Soundtrack eines film noir eignen würde. "No deal" nimmt gefangen und lässt auch nach dem Verklingen der letzten Töne des zu Tode betrübten Schlusstracks "With all my love" nicht mehr los. Die Zeit steht still, der Mund offen. Es gibt nur ein Adjektiv, das diesem wundervollen Stück Musik gerecht wird: Sublim.
Highlights
- I feel you
- No deal
- I'm gonna leave you
- With all my love
Tracklist
- I feel you
- The flow
- No deal
- With love
- Sweet darling pain
- I'm gonna leave you
- With all my love
Gesamtspielzeit: 33:29 min.
Referenzen
Billie Holiday; Nancy Sinatra; Nina Simone; This Mortal Coil; David Lynch; Talk Talk; Trixie Whitley; Zara McFarlane; Hugh Coltman; Goldfrapp; Portishead; Madjo; China Moses; Mark Hollis; Cinematic Orchestra; Dinah Washington; Ella Fitzgerald; Sarah Vaughan; Anita O'Day; Etta James; Tori Amos; Fiona Apple; Meret Becker; Björk; Marianne Faithfull; Julia Holter; Grouper; Bohren & Der Club Of Gore
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