John Frusciante - Enclosure

Record Collection / Caroline / Universal
VÖ: 11.04.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Krieg gegen die Wutlosigkeit
Wut, Leid, Trauer: Die emotionalen Motoren des Rock'n'Roll liegen allesamt auf der Schattenseite des Lebens. Der sprichwörtliche Hunger hat bislang die beste Musik in diesem Genre hervorgebracht. Doch was soll man tun, wenn man mit seiner Band ganz oben angekommen ist auf der Erfolgsleiter, dort also, wo die Sonne scheint? Wenn man sich Kraft dieser Emotionen in den Fokus der Öffentlichkeit geboxt hat, wo man nun dafür beklatscht wird? Wenn man Millionen von Platten verkauft, überall auf der Welt Stadien ausverkauft, einen Platz in der Rock'n'Roll Hall of Fame zugeteilt bekommt, zum besten Gitarristen der letzten 30 Jahre gekürt wird und auch noch zum Poster-Model taugt?
Man könnte sich zur Ruhe setzen. Sich dem Golfspielen widmen. Oder einfach weiter Songs schreiben, die niemandem weh tun – solange, bis sie es eben doch tun. John Frusciante hat sich für die Radikalkur entscheiden: Auf dem kommerziellen Höhepunkt der Red Hot Chili Peppers ist er ausgestiegen. Er hatte die Nase voll von der großen Bühne. Zudem war ihm das musikalische Korsett der Band zu eng geworden. Und er hatte eben noch diesen Hunger, diesen Appetit auf relevante Musik. 2009 war das. Seitdem hat er vier Solo-Alben veröffentlicht. Das fünfte (insgesamt elfte) Solo-Werk nun heißt "Enclosure" und es ist laut Frusciante die Erfüllung aller musikalischen Ziele, die er sich in den letzten fünf Jahren aufgestellt hat.
Mit dem melodiös-warmen Sound seiner ehemaligen Band haben seine Songs traditionell nicht so sehr viel am Hut. Mittlerweile aber hat sich Frusciante von allem üblichen abgewendet: Die Gitarre taucht nur noch sporadisch auf – quasi als Echo aus der Vergangenheit. Wie schon auf den Vorgängeralben dreht Frusciante auch hier lieber an Maschinenknöpfen. Besonders der Roland MC-202, ein Synthesizer/Sequenzer der frühen 80er Jahre, hat es ihm angetan. Sechs Stück davon besitzt er und nutzt sie, um seine Gitarren-Parts in Synthesizer-Sprache zu übersetzen und seine Stimme zu verfremden. Auch Drum-Computer und Sampler kommen wieder zum Einsatz.
Damit verschiebt Frusciante noch stärker die Stil-Grenzen als es ihm zuvor mit der Gitarre möglich war. Er vermählt Einflüsse aus Glam- und Krautrock, Postpunk und Electronic, Jazz und Klassik. Heraus kommt Musik, die man so noch nie gehört hat. Ein fantastisches Klang-Parallel-Universum, das mit konventionellen Soundvorstellungen bricht. Das gilt auch für die Song-Strukturen. Eingängige Parts werden immer wieder ausgebremst von extralangen Solo-Teilen oder chaotischen Beat-Brücken. Seinen Hörern verlangt er damit manchmal einiges ab – so wie in "Sleep", das wie drei Songs in einem wirkt und den Hörer auch nach mehrmaligem Abspielen ratlos hinterlässt. Dann aber gibt es immer wieder Momente, in denen man reich belohnt wird: Wenn sich etwa in der zweiten Strophe von "Fanfare" die gewaltige Wand aus Synthies hinter Frusciantes majestätischen Gesang aufbaut, läuft es einem eiskalt den Rücken runter.
Er fühle sich beim Musikmachen manchmal wie ein Kommandant im Krieg, sagte Frusciante kürzlich. Gut, dass dieser Mann noch kämpfen will. Die Gemeinde der Musikfreunde wäre sonst um ein bemerkenswertes Album ärmer.
Highlights
- Stage
- Fanfare
- Zone
Tracklist
- Shining desert
- Sleep
- Run
- Stage
- Fanfare
- Clinch
- Zone
- Crowded
- Excuses
Gesamtspielzeit: 37:35 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Omarboy Postings: 28 Registriert seit 05.08.2013 |
2014-07-13 09:55:51 Uhr
@hexed allBlack Knights man! Hatter produziert. |
hexed all Postings: 247 Registriert seit 15.06.2013 |
2014-07-13 01:46:31 Uhr
Seinen Hip Hop Ausflug??? |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34199 Registriert seit 07.06.2013 |
2014-04-17 12:07:32 Uhr
Das neue ist doch ganz nett anhörbar. Wobei das breakgebeate schon manchmal sehr billig ist. Empfinde immer noch "Shadows" als seine beste. |
bazilicious Postings: 2909 Registriert seit 27.06.2013 |
2014-04-12 17:30:03 Uhr
Seine beste ist mit Abstand To record only water for ten days, danach shadows collide with people. Empyrean fand ich stinklangweilig mit einer schlechten Produktion und die neuesten Sachen waren einfach schrecklich. Seinen Hip Hop Ausflug fand ich zuletzt auch schwach. Keine Ahnungwas mit ihm passiert ist, aber er hat sich kreativ total verloren. Dem Album hier gebe ich noch eine Chance. |
FukkuFukku |
2014-04-12 17:12:51 Uhr
Hochinnovatives Monstrum von einem Album 9/10 |
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Referenzen
Red Hot Chili Peppers; Radiohead; Can; Depeche Mode; Captain Beefheart; Frank Zappa; The Mars Volta; Josh Klinghoffer; Jimi Hendrix; Björk; Animal Collective; Joy Division; Talking Heads; Fugazi; Kraftwerk; Neu!; Ornette Coleman; Syd Barrett; Steve Vai; David Bowie; Television; Lou Reed
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