Tokyo Police Club - Forcefield

Memphis Industries / PIAS / Rough Trade
VÖ: 28.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wenn ein Knoten platzt
Wenn irgendwas besonders gut werden soll, fällt es uns oft ein bisschen schwer. Etwa beim Sport, wenn die Vorbereitung auf den Wettbewerb ansteht und Du Deine blöde Bestzeit wieder und wieder um ein Zehntel verpasst. Oder im Job, wenn die versammelte Chefetage bei Keks und Kaffee Deinen Vortrag begutachtet und Du die Powerpoint-Präsentation dermaßen kompetent durchanimiert hast, dass Du Dich selber nicht mehr zurechtfindest. Oder auch beim ersten Date mit der schon länger angebeteten Dame, wenn Du außer fünf Einträgen auf der "Potenzielle Fettnäpfchen"-Liste am Ende nur sehr wenig abhaken kannst. Doch vor allem können Künstler ein Lied davon singen. Wenn der eigene Anspruch eine hohe Ziel-Messlatte auflegt, aber die Wege dorthin vor lauter Kopfanstrengung schon früh im kreativen Treibsand enden. Eine ähnliche Erfahrung haben Tokyo Police Club beim Schreiben neuen Songmaterials für den Nachfolger ihres, nicht nur in Nordamerika gefeierten, letzten Streichs "Champ" durchlebt.
Etliche Songfragmente fertigten die Kanadier schon vor über drei Jahren, doch glichen die Vorstellungen innerhalb der Band, wo genau es denn mit den vielversprechenden Klangschnipseln hingehen soll, zunächst eher einem Mündungsdelta ins Nirgendwo. Um so erstaunlicher, dass man ihrer treffend mit "Forcefield" betitelten, dritten regulären Platte diese internen Hindernisse zu keiner einzigen Sekunde anhört. Nein, nicht mal die luftig-epische "Agentina"-Trilogie zum Auftakt lässt Zweifel daran, dass die Band sich rasch auf ihre Erfolgsformel zurückbesonnen hat: In weit über acht Minuten poppt, rockt und tanzt man sich in Pop-, Indierock- und Indietronic-Gwändern durch alle Club-releavanten Kompetenzbereiche. Warum auch drei Songs aufnehmen, wenn das alles auf einmal geht? Und wie das geht. In verwundernswert mutiger Konsequenz packen Tokyo Police Club mit "Forcefield" nicht nur den Pop stärker beim Schopfe als zuletzt, sondern greifen recht zielstrebig nach dem Indiepop-Thron des anderen Klubs, des Two Door Cinema Club – etwa mit dem zackigen "Miserable". Auch die erste Single und zugleich verkappte Hot-Hot-Heat-Homage "Hot tonight" wird sich hartnäckig dagegen wehren, aus den kommenden Sommer-Playlists gestrichen zu werden.
Mit "Gonna be ready" hauen Tokyo Police Club dann einen zurückgelehnten, aber intensiven Indierocker heraus, der tiefe Furchen in den Windungen der Gehörgange hinterlässt. Auch in "Tunnel vision" schaffen es Bass und flirrende Gitarre, den Kampf gegen die alles überbordende Leichtigkeit zumindest teilweise für sich zu entscheiden. Aber wichtig ist das sowieso nicht, denn erneut sind es vor allem die unglaublich eingängigen, sich dennoch nicht anbiedernden Melodien, für die dem Vierer aus Toronto bald mal ein Schrein errichtet werden müsste. Und bei allem Anspruchsdenken sind es häufig eben andere, simple Elemente, die die Disziplin des Songschreibens ausmachen – und natürlich das Freimachen von den selbst angelegten Fesseln. Als Anschauungsunterricht liefert der Club hier den äußerst entspannten Album-Ausklang mit "Throuh the wire" und "Feel the effect", die beide wunderbar an Zeiten erninnern, in denen Phoenix noch nicht Wolfgang Amadeus hießen. Nicht erst jetzt haben sich Tokyo Police Club aller Kopflastigkeit entledigt. Wie schön es doch ist, wenn ein Knoten platzt.
Highlights
- Argentina (Parts I, II, III)
- Miserable
- Gonna be ready
- Through the wire
Tracklist
- Argentina (Parts I, II, III)
- Hot tonight
- Miserable
- Gonna be ready
- Beaches
- Toy guns
- Tunnel vision
- Through the wire
- Feel the effect
Gesamtspielzeit: 34:22 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Luke |
2014-10-26 21:06:30 Uhr
"A Lesson In Crime" und "Elephant Shell" waren göttlich, aber kommerziell gesehen wahrscheinlich ein Flop. Da muss dann wohl zwangsläufig so eine O.C.California-Hausfrauen-Mainstream-Pop-Grütze herauskommen, um das Konto wieder leidlich aufzufüllen. Durch diese Hölle mussten schon ganz andere gehen, z.B. Death Cab For Cutie... |
Desare Nezitic Postings: 5406 Registriert seit 13.06.2013 |
2014-04-04 23:04:18 Uhr
Das impliziert ja, dass "Mädchenrock" (was ist das?) was schlechtes sei. Finde das Album eigentlich recht sympathisch, nutzt sich aber furchtbar schnell ab. 6/10 |
Ohje |
2014-04-04 10:30:30 Uhr
Gesichts- und belangloses Mädchenrockalbum. Schade. |
noise Postings: 944 Registriert seit 15.06.2013 |
2014-03-30 11:45:53 Uhr
Fand die Debut-EP "A Lesson In Crime" ganz gut. Danach wurden mir die Nachfolger zu poppig und beliebig. Gerade auch diese hier. |
Nils Postings: 29 Registriert seit 15.06.2013 |
2014-03-29 13:46:56 Uhr
Hört die hier keiner? Ist teilweise schon ziemlich poppig geraten, aber auf eine gute Art, für mich ihr bisher bestes Album. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Beat! Beat! Beat!; Phoenix; Bombay Bicycle Club; Two Door Cinema Club; Hot Hot Heat; Hot Club De Paris; Math The Band; Throw Me The Statue; Video Nasties; Foals; They Might Be Giants; The New Pornographers; The Maccabees; Razorlight; The Coral; The Courteneers; Koufax; Action Action; Phantom Planet; Dogs Die In Hot Cars; Elefant; Mumm-Ra; Good Shoes; Pretty Girls Make Graves; Les Savy Fav; Los Campesinos!; Wolf Parade; Modest Mouse; Born Ruffians; Ra Ra Riot; Death Cab For Cutie; Crashcaptains; Nada Surf; The Shins; Vampire Weekend; The Drums; Scissors For Lefty; Robocop Kraus; Bloc Party; The Bravery; Monochrome; Ambulance Ltd.; Die! Die! Die!; The Cure; Maximo Park; Kaiser Chiefs; Glasvegas; The Smiths
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum
- Tokyo Police Club - Forcefield (9 Beiträge / Letzter am 26.10.2014 - 21:06 Uhr)
- Tokyo Police Club - Elephant shell (31 Beiträge / Letzter am 12.09.2014 - 23:29 Uhr)
- Tokyo Police Club - Champ (14 Beiträge / Letzter am 10.01.2014 - 09:14 Uhr)