Lydia Loveless - Somewhere else

Bloodshot / Rough Trade
VÖ: 14.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Auf der Flucht vor Taylor Swift
Liebeskummer ist immer noch der größte Dauerbrenner der Popmusik. Über kaum ein Thema - abgesehen vielleicht vom Verliebtsein selbst - sind so viele Songs geschrieben worden. Die Bandbreite der Gefühle, die sich in einen einzigen Song über eine verflossene Beziehung einbauen lässt, in unendlich. Schließlich starten die meisten Beziehungen ja glücklich, bevor Misstrauen, Frust, Missverstandenheit, Wut, Trauer, Rachegefühle, Melancholie und Resignation ins Spiel kommen. Eine junge, blonde Country-Sängerin hat es sich zur persönlichen Mission gemacht, alle ihre gescheiterten Liebschaften in Songs und damit auch in gutes Einkommen zu verwandeln: Taylor Swift.
Lydia Loveless ist nur ein Jahr jünger als Swift, ebenfalls blond, in der Country-Szene unterwegs und singt von gebrochenen Herzen. Darf man die eine nun viel zu kitschig und langweilig finden und sich die andere - beziehungsweise ihr drittes Album - in den Plattenschrank stellen? Ja, denn bei Swift erinnert allenfalls noch die in den Hintergrund gemischte Westerngitarre daran, dass sie ihre Songs größtenteils selbst schreibt. Der Rest säuft meist in überproduziertem Pop-Pomp ab. Loveless braucht nicht einmal in schrammelige Indie-Gefilde abbiegen, um von Beginn an interessanter zu sein. Tut sie trotzdem: "Really wanna see you" ist angezerrter Alt-Country, der ein bisschen an Uncle Tupelos "Gun" erinnert.
Danach wird es ein bisschen klassischer. Loveless schüttelt mit Slidegitarren, Schunkelschlagzeug und ihrer immer ein bisschen bemüht klingenden Stimme Melodramatisches wie "Chris Isaak" und "To love somebody" aus dem Ärmel. Trotz des tristen Covers ist auf "Somewhere else" glücklicherweise nicht alles nur Depri-Stimmung. In Songs wie dem rastlosen "Head" schwingt eine trotzige Nicht-mit-mir-Stimmung mit, und das abschließende "They don't know" ist ein sonniges Duett mit einem so melodiösen Refrain, dass die Zeilen "They don't know about us / They've never heard of love" noch lange im Ohr klingen.
Aus Nashville kommt solch angeknackster Country ja mittlerweile nur noch selten. Für die Country Top 100 schickt es sich halt immer noch nicht, wenn jemand mal das F-Wort benutzt und die Dreadnought-Gitarre durch eine abgenutzte Stratocaster ersetzt. So kommt es, dass auch die im besten Sinne poppigsten Herzschmerz-Ohrwürmer wie das sich in die eigene Zerrissenheit reinsteigernde "Hurts so bad" oder die bittersüße Uptempo-Nummer "Wine lips" nichts fürs Radio sind. Und wohl auch nichts für Taylor Swift.
Highlights
- Really wanna see you
- Wine lips
- They don't know
Tracklist
- Really wanna see you
- Wine lips
- Chris Isaak
- To love somebody
- Hurts so bad
- Head
- Verlaine shot rimbaud
- Somewhere else
- Everything's gone
- They don't know
Gesamtspielzeit: 42:17 min.
Referenzen
Uncle Tupelo; Son Volt; Arliss Nancy; William Elliott Whitmore; Scott H. Biram; Ryan Bingham; Lady Antebellum; Alison Krauss; Susan Tedeschi; Dixie Chicks; Drive-By Truckers; Jason Isbell; Amy LaVere; The Lumineers; Emmylou Harris; Lucinda Williams; Little Green Cars; The Waco Brothers; Whiskeytown; Lucero; Jay Farrar; Melissa Etheridge; Amanda Shires; The Bottle Rockets; Old Man Markley; Justin Townes Earle; Centro-matic; The Dexateens; Patterson Hood; The Old 97's; Craig Finn; The Reverend Peyton's Big Damn Band; Steve Earle; Jeff Bridges; Band Of Horses; Blitzen Trapper; Richmond Fontaine; The Jayhawks