Comeback Kid - Die knowing

Victory / Soulfood
VÖ: 07.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Wuchtbrumme
Der Wecker klingelt, Du schreckst hoch, und es dauert ungefähr zehn Sekunden, bis Du vor lauter Müdigkeit gegen die Schlafzimmertür rennst. Die Dusche halbwegs ohne Ausrutscher überstanden, geht’s noch schnell zur Kaffeemaschine. "Was, schon so spät?!" Sturztrunk, und ein lautes "Verdammt!" – die braune Brühe mal eben über die Hand gekippt. Fluchend geht es los zur S-Bahn. Es dauert weitere fünf Minuten, bis Du feststellst: Der Zug kommt später, und alle Hektik war mal wieder umsonst. Ok, dann eben noch zum Kiosk, Zeitung kaufen. Auf dem Weg zurück in Richtung Gleis schreit ein Passant: "Achtung, Hundehaufen!" Zu spät. Man möchte den Tag jetzt schon in die Tonne kloppen. Nicht selten sind diese Tücken des Alltags, die Dich auf 180 bringen können.
Also mal wieder fluchen und meckern – und dazu am besten Comeback Kid auf die Ohren. Denn auch bei den Pionieren des modernen Hardcore-Punks brodelt es ab und an mächtig. Es war im Jahr 2005, als Hardcore eigentlich ziemlich tot war, und all die Defeaters, Touché Amorés und La Disputes und andere heutige Emporkömmlinge zu diesem bis heute nicht totzukriegenden "Wake the dead" wild pogend durch ihre College-Zimmer sprangen. Ein Paukenschlag, ein Aufrüttler, ein Wachmacher zur rechten Zeit. Und dann ist es hin und wieder auch okay, wenn sich Gutes nicht ändert. Denn auch mit ihrer fünften Platte "Die knowing" wetzen Comeback Kid die Klingen gegen politische und gesellschaftliche Missstände und alles Ungehobelte in dieser Welt – denn das stirbt auch anno 2014 nicht aus.
Und so dauert es keine 20 Sekunden, bis der Titelsong vom bedrohlichen Zeigefinger zur geballten Faust mutiert – und gerade mal gute zwei Minuten, schon haben die Kanadier einen am Hemdkragen gepackt. Anschließend krönen "Lower the line" und "Wasted arrows" diesen Auftakt beinahe mit Metalcore-Geprügel. Wer jetzt am Boden liegt, kommt sowieso nicht mehr davon. Für alle anderen wird es noch schwerer, vor allem für melodieverliebte Genre-Fans. Es dauert ganze elf Minuten – für eine Hardcore-Platte also eine halbe Ewigkeit – bis das punktpräzise Trommel-Uhrwerk und die dunklen, meterdicken Gitarrenwände für einen Moment nachlassen und "Should know better“ eine schüchterne Gitarrenmelodie und sogar einen finalen Chor durchgehen lassen. Huch? Um keinen allzu zufriedenen Eindruck zu hinterlassen, prügeln Andrew Neufeld und Co. die Umgebung mit dem großartigen "Losing sleep" und "I depend, I control" aber vorsichtshalber schon mal nieder.
Überhaupt ist festzuhalten: Wo andere Bands des Genres sich mit der Zeit und wachsender Anerkennung in die Altersmilde verabschieden und mitunter Gefahr laufen, beliebig zu werden, knüppeln und schreien sich Comeback Kid durch vier Fünftel dieser Platte. Wenn überhaupt, schaffen es der melodiöse Punkrocker "Didn’t even mind" sowie das tolle "Unconditional" mit seiner Mischung aus Hardcore und Postrock kurzzeitig, diese geballte Wuchtbrumme von Album ein wenig aufzuweichen. Aus lauter Freude über den Beitrag von Ex-Sänger Scott Wade wird aus "Full swing" mindestens eine Tonne Kleinholz, und dieses sich durch vereinte Shoutings immer mächtiger auftürmende "Sink in" wird zum finalen Rundumschlag. Puh. Kurz durchschnaufen. Um dann zu merken, dass mit dem letzten Ton auch die fiesen Alltags-Aggressionen so gut wie abgebaut sind. Und festzustellen: Es dauert an diesem so in Ungnade gefallenen Morgen doch nur eine gute halbe Stunde, bis der Tag dann tatsächlich wieder halbwegs gerettet ist.
Highlights
- Losing sleep (feat. Poli Correia)
- Should know better
- Unconditional
- Sink in
Tracklist
- Die knowing
- Lower the line
- Wasted arrows
- Losing sleep (feat. Poli Correia)
- Should know better
- I depend, I control
- Somewhere in this miserable
- Beyond
- Unconditional
- Don't even mind
- Full swing (fat. Scott wade)
- Sink in
Gesamtspielzeit: 33:12 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2878 Registriert seit 14.06.2013 |
2014-03-07 16:15:03 Uhr
Eben. Geballer, aber mit interessantem Bodensatz. |
MartinS Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 1395 Registriert seit 31.10.2013 |
2014-03-05 15:26:49 Uhr
Eigentlich recht einfältiges Geholze, wenn die es nicht immer wieder schaffen würden, so viel Energie und Dringlichkeit in ihre Songs zu packen. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28293 Registriert seit 08.01.2012 |
2014-03-04 20:36:58 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen? |
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Referenzen
Figure Four; Haste; Modern Life Is War; Champion; Terror; Bane; Give Up The Ghost; Suicide File; Madball; Propagandhi; Donnybrook; American Nightmare; Morning Again; Ensign; Floorpunch; Breather Resist; Strike Anywhere; M; As Friends Rust; Alexisonfire; With Honor; The Hope Conspiracy; A 18; Kill Your Idols; Blacklisted; Norma Jean; Lifetime; Kid Dynamite; Touché Amoré; Gorilla Biscuits; Sick Of It All; AFI; Anti-Flag; Paint It Black
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