Per Anders - Empty house
Anders / H'art
VÖ: 21.02.2014
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Baby Melancholie
Es gibt Paare, da möchte man einfach ab und zu mal Mäuschen spielen. Mit am Tisch sitzen, zuhören bei den morgendlichen Gesprächen, abends neben ihnen auf der Couch hocken und herausfinden, ob die auch gern in Jogginghose vor dem Fernseher hocken und in unbeobachteten Momenten merkwürdige Fratzen schneiden. Mit ihnen in den Urlaub fahren, sehen, warum es bei denen klappt und mit der eigenen letzten Beziehung nicht. Im Hause zweier ehemaliger Helden hingegen, so fühlt es sich zumindest an, war doch irgendwie jeder schon zu Gast. Judith Holofernes und Gatte Pola Roy sind die Art Paar, wie es jeder im Freundeskreis hat, ob man das nun gut findet oder nicht. Und wenn man bei den beiden gerne mal lauschen will, dann höchstens, weil der normale Alltag dort gerade wohl dem geordneten Chaos gewichen ist. Nicht nur, dass Mama Judith erst kürzlich ihr erstes Soloalbum "Ein leichtes Schwert" vorgestellt hat – jetzt zieht auch Papa Pola nach und veröffentlicht mit seinem Nebenprojekt Per Anders sogar schon das zweite Album.
"Empty house" ist nach dem Debüt "Per Anders" also schon das zweite Kind, das aus der Zusammenarbeit von Roy und Tele-Bassist und Multiinstrumentalist Jörg Holdinghausen entstanden ist, und erblickt wie der Vorgänger zur richtigen Zeit das Licht der Welt: War der Vorgänger im November 2010 mit seiner traurig-besinnlichen Stimmung passend zum kalten Winter, tönt das neue Album zwar nicht weniger melancholisch, aber immerhin etwas positiver, gar aufblühender daher, wie schon der Opener "There is a place" unter Beweis stellt. Dessen bärenstarkes Video hat ganz offensichtlich nicht zu viele Groschen gekostet, muss aber an Charme erstmal überboten werden. Auch "Goodbye" überzeugt dank seines im Vordergrund spielenden Schlagzeugs, und wenn am Ende eine wahnsinnig gewordene Orgel die eben noch ausgelassene Stimmung unterbricht, darf das ruhig als gelungenes Experiment betrachtet werden.
Gut dreieinhalb Jahre nach "Per Anders" sind Holdinghausen und Roy, diese Zwei-Mann-Verschmelzung zu einer erfundenen Person, also weitaus weniger schwermütig, was dem folk-poppigen "I'll catch you a lullaby" keinen Abbruch tut, während ausgerechnet dem zappendusteren Titeltrack der nötige Aha-Effekt fehlt, um ihn vor dem Untergang in die Monotonie zu retten. Deutlich besser funktioniert das tiefgründige "Monsters", Album-Teiler und erstes richtiges Highlight, bis das sphärische "Floating time" um die Ecke kommt, "Hallelujah" indeed, wie Holdinghausen so schön singt. "All I know / My mind's just blown away / Because of you / My darling I love you", heißt es dann im abschließenden "Grey like this", klassisch auf der Akustischen vorgetragen, und auch wenn "Empty house" wenige Überraschungen auf Lager hatte, kommt das Ende doch etwas zu schnell. Bei welchem Paar denken wir uns denn jetzt an den Tisch?
Highlights
- Monsters
- Floating time
- Grey like this
Tracklist
- There is a place
- Alone in the dark
- Empty house
- Squirrel's song
- Goodbye
- Monsters
- Floating time
- I'll catch you a lullaby
- You in Shanghai
- The hole between words
- Grey like this
Gesamtspielzeit: 40:35 min.
Referenzen
Iron & Wine; Sufjan Stevens; Elliott Smith; Damien Rice; Ron Sexsmith; Bright Eyes; Sun Kil Moon; Heatmiser; Nick Drake; St. Thomas; James Yorkston; Teitur; Tindersticks; Mat Kearney; Unkle Bob; Tim Buckley; Jeff Buckley; Marzuki; M. Ward; Tim Hardin; Okkervil River; Kings Of Convenience; José González; Damien Jurado; Ray LaMontagne; Shooting John; Vashti Bunyan; The Mountain Goats; Yusuf; Fionn Regan; Gomez; Scott Garth; Great Lake Swimmers; Sparklehorse; Sophia; My Morning Jacket; Wilco; Joni Mitchell