William Fitzsimmons - Lions
Grönland / Rough Trade
VÖ: 14.02.2014
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Der Schmusekater
Liebe Leser, viele von Euch wissen ja mittlerweile, dass wir bei Plattentests.de nicht nur ein besonderes Faible für Musik und Pilzrahmsuppen haben – in dieser Reihenfolge –, sondern generell äußerst harmoniebedürftige Menschen sind. Und weil wir uns alle doll lieb haben und viel zu selten sehen, da die Flure im verglasten Redaktionsgebäude an der Isar wirklich irre lang sind, treffen wir uns ab und zu, um bei einem leckeren Gläschen Limonade eine gute Zeit zu haben. Als wir uns das letzte Mal in größerer Runde verabredet hatten, wurden aus einem Gläschen jedoch irgendwann zwei oder drei, und die Limonade schmeckte auch ganz anders. So passierte es schließlich, dass am Tag danach drei Redakteure und ein Leser in einer Hotellobby vor den Toren Münchens saßen, die Augen eher halb geschlossen als halb offen, die Köpfe waren schwer, der Gedanke an die bevorstehende Heimfahrt beinahe ekelerregend. Nebenbei hörten die vier über die Lautsprecher der Radiomoderatorin zu, die da von irgendeinem neuen Song erzählte, "...von seinem neuen Album...", sagte sie, und "...produziert von Chris Walla..." – und sofort war trotz des verkaterten Sonntags das Interesse geweckt.
Dass die Guteste von William Fitzsimmons sprach, dessen fünftes Album "Lions" sicher nicht zufällig ausgerechnet an Valentinstag erscheint, war da noch nicht ganz klar. Dass "Centralia", der Song, den der 35-jährige Bärtige aus Pennsylvania da vortrug, direkt ins Herz ging, jedoch recht schnell. Glaubt man aufgrund Fitzsimmons' Erscheinungsbildes öfter mal, dass er eher der shoutende Frontmann einer Hardcore-Band sein könnte, ist seine Stimme eigentlich das genaue Gegenteil – quasi Lovecore: Kuschelig, warm und liebevoll klingt er, da macht auch das leicht krachige Intro der besagten Single nichts, zumal es vom Radio ohnehin wohlweislich ausgeblendet wurde. Und so wuchs an diesem Tag ganz kurz vor Weihnachten mit dem Schädel im Limonadenrausch plötzlich das Interesse an "Lions", einem Album, das man bis dahin eigentlich noch gar nicht wirklich auf dem Schirm hatte.
Natürlich hat das auch etwas mit Chris Wallas Beteiligung zu tun. Und ganz sicher auch damit, dass Fitzsimmons' Musik gerade in der kalten, trüben Jahreszeit bestens funktioniert. Melancholische Stücke wie der Opener "Well enough" kennt man womöglich schon von den Vorgängern oder vom letzten Album "Gold in the shadow", mit dem ungleich poppigeren "Fortune" zeigt der Amerikaner jedoch auch, dass er in den letzten Jahren eine Entwicklung durchgemacht und an Stärke gewonnen hat. Die Geschichte seiner Eltern und seiner zerrütteten Ehe prägten in der Vergangenheit seine Songs und gaben ihnen oft einen traurigen Unterton, der auf "Lions" nun einer hoffnungsfreudigeren Stimmung weicht. So auch im abwechlungsreichen "From you", das seine starke Schulter zum Anlehnen nicht nur im Text deutlich zum Ausdruck bringt, sondern auch an grauen Tagen eine vorzügliche emotionale Stütze abgibt.
Ebenso zu überzeugen weiß das beschwingte "Took", das einst in der Hotellobby sicher für einen ähnlich großen Effekt gesorgt hätte wie "Centralia", und auch "Josie's song" geht mit den Zeilen "When you find me out of sight / I will still be here / To measure out my love" tief unter die Haut. Klar ist das cheesy ohne Ende, und Fitzsimmons erweist sich eher als Schmusekater denn als Löwe, wie der folkige Titeltrack mit seinem mehrstimmigen Finale eindrucksvoll unter Beweis stellt. Mit "Speak" geht es abschließend noch auf eine mit gerade mal zwei Minuten viel zu kurze, aber hochemotionale Reise, bei der sich jede einzelne Klaviernote wie ein erfrischender Regentropfen auf der warmen Haut anfühlt. Immer noch zu cheesy? So ist das eben im Lovecore. Und darauf noch ein Gläschen.
Highlights
- Josie's song
- Took
- Centralia
- Lions
Tracklist
- Well enough
- Josie's song
- Brandon
- Took
- Fortune
- Blood / chest
- Hold on
- Centralia
- From you
- Sister
- Lions
- Speak
Gesamtspielzeit: 42:39 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Tim L. |
2018-03-21 10:35:50 Uhr
darf ich später das wieder hören? hab lust u liebeskummer (jana vom arbeitplatz)als mp3? danke schomal |
Kevin Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 1034 Registriert seit 14.05.2013 |
2014-03-06 02:38:45 Uhr
Ein sehr schönes Album, Freunde und Würmer! |
schneid dein haar |
2014-02-07 12:35:33 Uhr
Hey Lena, ich hab dir im letzten Jahr doch voll zugestimmt und nach nem Date gefragt? Was ist denn jetzt? Da war doch eine Verbindung zwischen uns! |
Die Lena |
2014-02-07 12:34:36 Uhr
Ich geh jetzt lieber wieder Rihanna hören! |
Skinny Boy Postings: 43 Registriert seit 18.06.2013 |
2014-02-02 16:56:49 Uhr
Und ob das was aussagt. Wenn er so arrogant wäre, hätte er sich wohl kaum Zeit für die Leute genommen und hätte sich sofort backstage verdrückt. In den 10 Minuten, in denen ich mich mit ihm unterhalten hab, kam er jedenfalls nicht so rüber, wie hier dargestellt wird. Ist doch einfach ein netter Zug von ihm, dass er sich die Zeit genommen hat. Und es hat nichts damit zutun, dass er hier in Deutschland noch nicht so bekannt ist (was auch komplett falsch ist). Er ist hier mittlerweile bekannter als in den Staaten. Die erste Single "Fortune" vom neuen Album ist jedenfalls draußen: http://www.youtube.com/watch?v=lSyOotY5NEw Für seine Verhältnisse schon fast "rockig". Gefällt mir recht gut. Bin gespannt auf das restliche Album. |
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Referenzen
Iron & Wine; Sufjan Stevens; Elliott Smith; Damien Rice; Ron Sexsmith; Bright Eyes; Sun Kil Moon; Heatmiser; Nick Drake; Tim Buckley; Jeff Buckley; Marzuki; M. Ward; Tim Hardin; Okkervil River; Kings Of Convenience; José González; Damien Jurado; Ray LaMontagne; Shooting John; Vashti Bunyan; The Mountain Goats; Yusuf; Fionn Regan; Gomez; Scott Garth; Great Lake Swimmers; Sparklehorse; Sophia; My Morning Jacket; Wilco; Joni Mitchell
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