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Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra - Fuck off get free we pour light on everything

Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra- Fuck off get free we pour light on everything

Constellation / Cargo
VÖ: 17.01.2014

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ohne Etikett(e)

Ein kleines Imageproblem haben sie wohl alle, die Bandkollektive rund um Constellation Records. Siehe Montreals Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra, Schwesterband der allseits geliebten Godspeed You! Black Emperor: Sie führten bereits ein "Tra-La-La" im Bandnamen sowie "Blues" und "Punk-Rock" im Albumtitel. Sie wurden nie müde, ihre Hardcore-Sozialisation hervorzuheben und sind nach wie vor um ein Vielfaches politischer als der gesamte New-School-Hardcore der 1990er Jahre zusammen. Dennoch gelten Efrim Menuck, Thierry Amar, Jessica Moss, Sophie Trudeau und David Payant eher als Feingeister denn als unverbesserliche Ideologen. Und ihre Musik scheint trotz aller Offensivität eher für Ballsäle statt aus der Garage gemacht zu sein. Ob ein "Fuck off" im Titel zu Album Nummer sieben daran etwas ändern wird, darf entsprechend bezweifelt werden. Wirklich stören dürfte dieser Umstand die Fünferbande jedoch nicht, können sie so doch ziemlich sicher sein, dass vorrangig über ihre Platten geredet wird und weniger über diverse Nebenkriegsschauplätze. Ansonsten aber haben Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra auch auf "Fuck off get free we pour light on everything" natürlich Grund zur Klage genug – und sie äußern eben diese auf immer lauteren Sohlen.

Was sich bereits auf Menucks Solodebüt "High gospel" sowie auf Godspeed You! Black Emperors "'Allelujah! Don't Bend. Ascend." ankündigte, wird auf "Fuck off get free we pour light on everything" konsequent weitergeführt: Menuck hat hörbar Spaß daran, seiner Gitarre jede Menge Noise zu entlocken und sie dadurch nach vorne zu schieben. Das ist so lange absolut gar kein Problem, wie er es gleichzeitig schafft, auf die Befindlichkeiten und Arrangements der jeweiligen Bands Rücksicht zu nehmen. Wobei Rücksicht allein natürlich kein tragfähiges Konzept ist – zumal keines, das dem politischen und musikalischen Willen von Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra auch nur ansatzweise gerecht werden würde. Aber das wissen die Montrealer selbst nur zu genau, und in der Tat gelingt es ihnen, all den Krach auf "Fuck off get free we pour light on everything" nicht nur dröge zu integrieren, sondern mit ihm ein magensaures Paket aus Grabenkämpfen, Ruhephasen und scharfkantigen Schnittflächen zu schnüren.

Entsprechend züngeln und schlingern gleich zum Opener "Fuck off get free (For the Island of Montreal)" Violinen und Gitarren zu einem Noise-Wellengang ineinander, den konsistente Gangshouts sowie polternde Bass-Schlagzeug-Figuren unmissverständlich nach vorne spülen. Schließlich klärt sich wie zuletzt auch auf "'Allelujah! Don't Bend. Ascend." alles in tiefe Proto-Sludge-Frequenzen und einen entsprechenden Beat, zu dem die weiblichen Stimmen ihre Solo-Konter flöten. "Take away this early grave blues" nimmt die Marschrichtung auf, beschleunigt aber nochmals die Schrittfrequenz, sodass ein heißgewaschener Schleudergang aus Postcore und Prog entsteht. Zu "What we loved was not enough" wird es schließlich auf allen Ebenen zunächst hymnisch, dann wildwuchernd und zunehmend verkracht. Dazu gibt vor allem Menucks Gesang zwischen Klagemauer, Kopfstimme und gewollt schief sitzenden Noten noch einmal alles und wird zur Belohnung von Moss' und Trudeaus Stimmen in ein gospel-elegisches Outro hineingetröstet.

So und nicht anders befriedet sich schließlich jeder Song auf "Fuck off get free we pour light on everything" erst nach und nach – und nicht ohne zuvor ordentlich was hinter die Lauschlappen bekommen zu haben. Selbst das abschließende "Rains thru the roof at the Grande Ballroom (For Capital Steez)" mimt zwar einen unterschwelligen Fifties-Vibe, lässt die Chordettes dann aber doch lieber vor der Höllenpforte katatonisch vor sich hin zittern. Und auch sonst sind all diese Stimmen viel eher Proklamationen im Todeskampf als echte Lead Vocals. Sie sterben wie so vieles bei Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra – allerdings nicht einfach so, sondern stets mit einem Knall: "All our cities gonna burn / All our bridges gonna crack / All our pennies gonna rot / There'll be mud across our tracks / All our children gonna die." Drunter machen es Menuck und Co. auch auf ihrer siebten Platte nicht. Wer will es ihnen verdenken: Schließlich haben sich die Welt, das Kapital, die Horden an Verbrechern dort draußen und überhaupt das ganze – ganz recht – Trallala seit Bandgründung noch nicht einmal verschlimmbessert.

Eben diese Entrüstung erzählt "Fuck off get free we pour light on everything" absolut hervorragend. Und auch darüber hinaus ist musikalischer Alarmismus gewiss nicht die schlechteste Entscheidung, wenn die Aufmerksamkeit für ein Genre wie Postrock seit Jahren im Sinkflug begriffen ist – obwohl sich Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra mit eben diesem Etikett nie wirklich anfreunden konnten. (Interne Notiz: 1. Aus dem CD-Regal einfach mal all die Bands aussortieren, die sich ihrem Genre NICHT zugehörig fühlen und / oder die nackte Existenz dieses Genres bezweifeln. 2. Dafür mindestens eine Woche Urlaub beantragen und fünf Garagen als Lagerplatz mieten. 3. Im Plattentests.de-Forum jene Kommentare ignorieren, die finden: "Fünf Garagen also? Huijuijui ... phoney." 4. Die ganze Schnapsidee doch lieber bleiben lassen. 5. Stattdessen all die genervten Blicke ernstnehmen, und im Folgeabsatz noch mal kurz was zur Platte schreiben.)

Super Platte!

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Fuck off get free (For the Island of Montreal)
  • Take away this early grave blues
  • What we loved was not enough

Tracklist

  1. Fuck off get free (For the Island of Montreal)
  2. Austerity blues
  3. Take away this early grave blues
  4. Little ones run
  5. What we loved was not enough
  6. Rains thru the roof at the Grande Ballroom (For Capital Steez)

Gesamtspielzeit: 49:15 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

rainy april day

Postings: 626

Registriert seit 16.06.2013

2022-12-14 19:39:36 Uhr
Was für ein wahnsinniges Stück Rockmusik diese Platte ist. Austerity Blues wäre bei vielen anderen Alben das alles überstrahlende Kernstück, aber hier kommt dann mit What we loved einfach noch mal ein viel größeres Epos.

Marküs

Postings: 1160

Registriert seit 08.02.2018

2019-12-16 09:34:26 Uhr
13 Blues... ist mit Abstand die geilste, gefolgt vom Debut, Fuck off ist aber auch absolut grandios

Given To The Rising

Postings: 7679

Registriert seit 27.09.2019

2019-12-15 18:51:40 Uhr
"Richtig. Und Blindblindblind ist der beste Song von überhaupt immer."
Mein Bruder im Geiste versteht mich. Wobei ich schon bei 1000000 Died To Make This Sound Gänsehaut bekomme und auch Black Waters Blowed/Engine Broke Blues großartig finde.

Clown_im_OP

Postings: 449

Registriert seit 13.06.2013

2019-12-15 18:26:40 Uhr
Jo, nach 13 Blues For Thirteen Moons.

Richtig. Und Blindblindblind ist der beste Song von überhaupt immer.

Klaus

Postings: 7637

Registriert seit 22.08.2019

2019-12-15 17:50:06 Uhr
Kenne auch welche, die das Debüt oder die Kollaps Tradixionales, die ich für die schwächste halte, als stärkstes Album nennen. "

Hier!
Eigentlich sind alle stark.

Das hier jedoch finde ich gar nicht mal so gut. Seinerzeit fand ich die Produktion arg mau und auch seit Jahren nicht gehört.
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