Protest The Hero - Volition

Spinefarm / Universal
VÖ: 02.11.2013
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Vorsprung durch Technik
Luke Hoskin und Tim Millar sind im Progressive Rock so etwas wie das alte Duo del Piero - Nedved im Fußball: gehobene Kombinationsklasse, die ihre Zuschauer schneller bezirzt, als sie mit der Zunge schnalzen könnten. Keine drei Songs halten Hoskin und Millar auf der Platte "Volition" ihrer Band Protest The Hero durch, dann setzt es vor Halbzeit des Songs "Drumhead trial" den ersten Battle in Stereo von vielen: Hoskin und Millar berauschen sich abwechselnd von rechts und links mit Solokunststückchen auf E-Gitarre. Hoskin spielt die Licks und gibt den Rhythmus vor, Millar gniedelt seine Saiten rauf und runter, als sei schon die Erwähung des Songnamens eine Aufforderung zum Workout für seine Flitzefinger. Dann folgt der Rollentausch. Und alles beginnt von vorn.
"Volition" ist die vierte Platte der Band. Auch auf ihr sind Protest The Hero die ADHS-Variante von Progcore, und das ist nicht einmal negativ gemeint. Es ist bloß so, dass niemand auf die Idee käme, mit ihren Songs jemals Schlaftabletten-Werbung zu unterjingeln – außer Geistesgestörte, vielleicht. Exemplarisch dafür müssen Musikfans nur mal für eine Sekunde tief einatmen, wieder ausatmen und sich an das Stück "Without prejudice" herantrauen: Im Vordergrund stoßen sie auf Strophe-Refrain-Strophe-Strukturen, Melodien, und tatsächlich etwas, das sich nach zweieinhalb Durchläufen als Chorus identifizieren lässt. Völlig reibungslos. Im Hintergrund finden sie Licks, die die Gitarren in einem Affenzahn runterpinseln. Geschwindigkeitsrekorde und mindestens acht Unfassbarkeiten, die für Normalsterbliche ohne Superzeitlupe und Co-Kommentar von Béla Réthy und Alan Bangs kaum noch nachzuvollziehen sind. Und gegen Ende ufert die Nummer in eine Fingerübung aus: Für den Bassisten, der slapt. Für den Schlagzeuger, der sich in Drumpatterns wie Labyrinthen vertrommelt. Für den Hörer, den das schon beeindruckt zurück lässt. Ein bisschen.
Zwischen den wilden Rhythmuswechseln, dem geballten Muckertum und Songstrukturen wie aus dem Gitarren-Übungsbuch für Maximal-Fortgeschrittene sind es aber letztlich die Melodien, die haften bleiben. Haften bleiben müssen, wollen Protest The Hero und "Volition" nicht dort enden, wo schon andere Prog-Alben vor ihnen geendet sind: In der Liste der Platten, die bloß Musiker listen – in der Hall Of No Fame, die außer Eingeweihten kaum ein Publikum versammelt. Und genau dort, an der Schnittstelle Technik und Publikum, ist "Volition" oft, aber nicht immer so souverän wie seine Protagonisten an Griffbrett, Taste und Trommel. In den letzten Sekunden von "Plato's tripartite" holen Sänger Rody Walker und Gastsängerin Jadea Kelly die Platte für ein paar Sekunden wieder auf die Erde zurück. In diesen kurzen Momenten, die Gitarre schrubbt simple Akustikakorde, sind Protest The Hero (Bauch-)Gefühle plötzlich wichtiger als der Schwierigkeitsgrad beim versuchten Nachspielen. Apropos: Fans haben "Volition" vorab mitfinanziert – über die Crowdsurfingplattform Indiegogo. Vorsprung durch Technik, in doppelter Hinsicht.
Highlights
- Mist
- Skies
Tracklist
- Clarity
- Drumhead trial
- Tilting against windmills
- Without prejudice
- Yellow teeth
- Plato's tripartite
- A life embossed
- Mist
- Underbite
- Animal bones
- Skies
Gesamtspielzeit: 52:51 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Delirium Postings: 366 Registriert seit 16.06.2013 |
2013-11-22 13:12:05 Uhr
Für Genreliebhaber ist die 6/10 natürlich ein Scherz. Allerdings dürften Prog-Metal-Fans, die Plattentests ernsthaft als Informationsquelle nutzen, auch sonst nicht viel zu lachen haben, von daher passt das schon. Logischerweise liest sich die zugehörige Rezension dann auch in weiten Teilen einfach wie die allgemeine Beschreibung der üblichen PTH-Trademarks. Löblich allerdings das Überschriftenrecycling aus der Constellations-Rezi. Vorsprung durch Effizienz ;) |
Delirium Postings: 366 Registriert seit 16.06.2013 |
2013-11-01 10:07:28 Uhr
Falls hier ne Rezension kommen sollte, müsste das Album damit inzwischen Jochen Gedwien in den Ohren liegen. Aber irgendwie glaub ich nicht, dass der da "noch mal" Lust zu hat. Vielleicht ja Peter Somogyi... |
hexed all Postings: 247 Registriert seit 15.06.2013 |
2013-10-28 22:51:51 Uhr
Wird hier hoffentlich noch besprochen. Großartiges Album, vielleicht ihr bestes. |
Delirium Postings: 366 Registriert seit 16.06.2013 |
2013-10-24 12:15:46 Uhr
Morgen erscheint das vierte, diesmal über eine Crowdfunding-Kampagne finanzierte Studioalbum von Protest the Hero. Die Vorgängeralben der Band, insbesondere "Kezia" finde ich immernoch großartig - aber so ganz in der Verfassung, mir vom Volition-Stream das Nervenkostüm schreddern zu lassen, war ich bislang nicht. Man weiß halt was einen erwartet - im Guten wie im Schlechten... |
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Referenzen
The Human Abstract; Between The Buried And Me; The Dillinger Escape Plan; The Copperpot Journals; Circa Survive; Thrice; The Fall Of Troy; Poison The Well; Christiansen; Glassjaw; Mastodon; Refused; Chiodos; At The Drive-In; Atreyu; Coalesce; From Autumn To Ashes; Trivium; As I Lay Dying; The Mars Volta; The Blood Brothers; Saosin; The Bled; Enter Shikari; Armor For Sleep; Muse; Coheed & Cambria; August Burns Red; Johnny Truant; The Black Dahlia Murder; Misery Signals; Norma Jean; Alexisonfire; Underoath; Architects; Every Time I Die
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