Chris Grant - It's not about war!
359 / Rough Trade
VÖ: 08.11.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Kurz mal durchatmen
Mensch, ist der verknallt. "It's not about religion / It's not about war / It's you", schmachtet der Liverpooler Singer-Songwriter Chris Grant seiner Angebeteten entgegen. Nunja, da steckt ein guter Schuss Erkenntnis drin; "It's you!" ist ein distinguierter Protestsong, welcher die Liebe als letztes Mittel dem Systemhass entgegenstellt. Als Frontmann der Band The Grants hatte sich Grant bereits vor Jahren einen Namen gemacht. Alan McGee, seines Zeichens Entdecker und Förderer von Größen wie Oasis oder auch My Bloody Valentine, behauptete bereits 2008 in einem Blogpost für den Guardian, The Grants seien die beste ungesignte Band der Welt. Allein die schiere Ermangelung des passenden Labels verwehrte ihm damals die Untervertragnahme. Ein paar Jährchen später hat es dann doch noch geklappt und McGee veröffentlicht Grants Solodebüt auf seinem erst kürzlich gegründeten Label 359 Music. Sein Riecher hat ihn nicht verlassen: "It's not about war!" ist ein ziemliches Brett.
Das bereits angesprochene "It's you!" ist eine Widerstand-Ergebenheits-Schimäre, welche die innere Zerissenheit zur Glücksfindung ummünzt. Der Song umschwebt altmeisterliche Folksongraster; die kratzige Akustikgitarre wird von zarten Violinen untermalt – wieder unterliegt der Gegensatz einer Vereinigung. "How many times" erinnert eingangs an "What is this thing called love" vom 2013er "The weight of your love" der Editors, überzeugt dabei durch seinen Eben-Nicht-Charakter: Der Track ist eben nicht so durchgebügelt, eben nicht so kitschig, dafür aber eben auch nicht so für's Stadion geeignet. Als ob das auch ein Gütekriterium wäre. Grants Stimme erhebt sich aus den Tiefen, erficht sich den Triumph gegen den Kummer eines Liebenden. "Pretty mean" erzählt die Geschichte einer falschen Freundschaft, voranschreitend mimt Grant den Erzähler der tragischen Novelle von Lüge und Enttäuschung. Die Stakkatogitarre spielt dabei eine Hauptrolle im Stück und drückt unweigerlich ein funkiges Kopfnicken in den Nacken.
"I'm too cool to die", behauptet Grant im vorletzten Titel von "It's not about war!". Dreckige Noisegitarren und ein fabulöser Breakbeat kulminieren im marschierenden Chorus. Den Kerl hält keiner auf, gilt es zu resümieren. Mit niedrigsten Produktionskosten, aufgenommen auf einem 80-Pfund-Rechner und später von McGee gemastert, gelingt dem Album der wundersame Spagat zwischen patinaummantelter Lässigkeit und großer musikalischer Finesse. Das Liverpooler Trinkwasser ist ja seit jeher verseucht vom perfidesten Stamm aller Popmusikbakterien, dass aber immer wieder solche Perlen aus dem Hahn purzeln, ist schon erstaunlich. Wenn es auch nicht jederzeit die Liebe ist, die das Schlechte in der Welt kurz vergessen lässt, die einen kurzen Augenblick des Durchatmens beschert, dann ist es trotzdem immer die Musik. Zum Beispiel die von Chris Grant.
Highlights
- It's you!
- Pretty mean
- How many times
- Too cool to die
Tracklist
- Our story
- I am the one
- It's you!
- Pretty mean
- Like a 45
- How many times
- Maybe now
- Moonlit wall
- Too cool to die
- Baby pink
Gesamtspielzeit: 43:31 min.
Referenzen
Damien Rice; Nick Drake; Frank Turner; Tim Buckley; José González; Elliott Smith; Vashti Bunyan; Bert Jansch; Loudon Wainwright III; Turin Brakes; Simon & Garfunkel; Bob Dylan; Neil Young; Bonnie 'Prince' Billy; The Mountain Goats; Kristofer Åström; Ane Brun; Aaron Schroeder; Eef Barzelay; Saint Thomas; Songs:Ohia; Loney, Dear; Tom McRae; Neil Halstead; John Martyn; Bright Eyes; Josh Ritter; Yusuf; Kings Of Convenience; Fionn Regan; Howie Beck; Beth Orton; Belle & Sebastian; Oasis; Beck; Pelle Carlberg; Björn Kleinhenz; Christian Kjellvander; Kathryn Williams; Judee Sill; Declan O'Rourke; Teitur; Sufjan Stevens; Denison Witmer; Ray LaMontagne; M. Ward; Adem; Boy Omega; Devendra Banhart