Anneke van Giersbergen - Drive

InsideOut / Universal
VÖ: 20.09.2013
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Radio brennt
Nein, man kann wirklich nicht behaupten, dass es Anneke van Giersbergen in den letzten knapp zwei Jahren langweilig geworden ist. Bekannt ist, dass sie dank ihrer Stimme, die im Business immer noch ihresgleichen sucht, eine gefragte Gastsängerin ist. Für Devin Townsend zum Beispiel scheint sie mittlerweile eine Art Muse geworden zu sein und wirkte zuletzt bei der völlig durchgeknallt-überkandidelten "The retinal circus"-Tour mit. Auch als Solokünstlerin konnte van Giersbergen – endlich, möchte man anmerken – mit ihrem feinen Album "Everything is changing" das erste Mal seit der Trennung von The Gathering so richtig durchstarten: Chartplatzierungen, wohin man blickt, Welttour und zuletzt Nominierungen für den wichtigsten niederländischen Musikpreis.
Ihr zu unterstellen, nun Kalkül walten zu lassen, ginge sicherlich zu weit. Aber es dürfte klar sein, dass van Giersbergen mit "Drive" ihr Erfolgsrezept nur marginal geändert hat. Und das heißt vor allem: radiotauglicher Alternative Rock. Wie ohrenschmeichelnd und leichtfüßig dieser Radiorock sein kann, zeigt dann auch gleich "We live on": Dezent klimpernde Gitarren, solider Rhythmus, dazu ein Refrain, bei dem die Arme nicht nur ausgebreitet werden, sondern den Hörer direkt umschlingen. Das hat zwar nicht allzu viele Ecken und Kanten, dafür aber jede Menge Hitpotenzial.
Ähnlich vorwärts marschieren das zickige "Treat me like a lady" oder der mitreißende Titeltrack, bevor van Giersbergen mit "My mother said" diese balladesken Töne anschlägt, die ihre Stimme so wunderbar zur Geltung bringen. Gänsehaut im Refrain inklusive. Gänzlich großartig ist dann "Mental jungle", bei dem die Niederländerin tatsächlich einmal Experimentierfreude zeigt und im Duett mit dem türkischen Sänger und Pianisten Hayko Cepkin eine faszinierende, weil ohne anbiederndes Ethno-Geblubber auskommende orientalische Note einbringt.
Schade ist eigentlich nur, dass sich diese Experimentierfreude ansonsten in engen Grenzen hält. Zwar ist "Drive" ein Album ohne jeden Ausfall, jeder Song für sich genommen höchst gefälliger Rock mit Single-Potenzial. Aber genau das sorgt dafür, dass sich einige Songs bereits nach wenigen Durchläufen abnutzen. "Forgive me" oder das abschließende "The best is yet to come" sind für sich genommen tolle Songs, müssen sich im Albumkontext jedoch den Makel "More of the same" anheften lassen. Mit "Drive" zeigt sich Anneke van Giersbergen von ihrer leichtfüßigen und im positiven wie negativen Sinne kommerziellen Seite. Solo strebt sie also erneut mit Macht in die Charts – für die künstlerisch anspruchsvolleren Ideen sind die Nebenprojekte zuständig.
Highlights
- Treat me like a lady
- My mother said
- Mental jungle
Tracklist
- We live on
- Treat me like a lady
- She
- Drive
- My mother said
- Forgive me
- You will never change
- Mental jungle
- Shooting for the stars
- The best is yet to come
Gesamtspielzeit: 37:28 min.
Referenzen
Agua De Annique; The Gathering; Melissa Auf Der Maur; Anathema; Alternative 4; Autumn; Stream Of Passion; Within Temptation; Delain; Amanda Somerville; After Forever; ReVamp; Mandragora Scream; Flowing Tears; Lacuna Coil; Bloodflowerz; Tristania; Leaves' Eyes; Tarja; Epica; The Nymphs; Evanescence; Garbage; Republica; Krezip; PJ Harvey; Avril Lavigne; Roxette