Gov't Mule - Shout!

Mascot / Rough Trade
VÖ: 20.09.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ist Jazz anders?
Sie spielen auf Jazzfestivals, veröffentlichen fast alle ihre Konzerte im Internet und spielen regelmäßig ganz besondere Sets mit sehr eigen interpretierten Coverversionen. Gov't Mule sind eine ganz klassische Band für Musiker, Sammler und Blues-Fanatiker, aber nicht so sehr für den Rock-Mainstream. Ein Wunder ist das nicht unbedingt. Gov't Mule nehmen Alben auf, die oft länger als eine Stunde sind, stopfen ihre Songs voll mit Soli aller beteiligten Instrumente und wirken manchmal ein wenig träge in ihrer Wucht.
"Shout!" ist in all dieser Hinsicht keine Überraschung. Über 74 Minuten rollt die Blues-Welle aus den Boxen, fünf Minuten sind das absolute Minimum pro Song, genau wie gefühlte drei Gitarrensoli. Der Brocken, den Warren Haynes und seine Truppe dem Hörer hier vorwerfen, ist sicher keine Anbiederung an das Zugängliche. Aber - um die skeptische Distanz in Positive zu drehen - gleichzeitig füllt die Band jede einzelne Minute mit spannender Musik. "World boss" groovt ab dem ersten Takt mächtig los. Haynes' gelassene Reibeisenstimme schiebt sich mal passgenau und mal ein bisschen schludrig über die Akkorde. "No reward" und "Whisper in your soul" schlagen in dieselbe Kerbe. Die ersten paar Songs auf "Shout!" sind relativ straight, aber trotzdem vielschichtig und damit immerhin ein wenig einsteigerfreundlich.
Nun ist es ja nicht so, dass Gov't Mule in den elf Minuten von "Bring on the music" oder den neun Minuten von "Captured" furchtbar komplizierte Musik machen würden. Aber eben ausufernde. Es braucht ein wenig Geduld, um dabei nicht den Faden zu verlieren. Wer bereit ist, die Zeit zu investieren und nicht während des ersten Durchlaufs bei der Drei-Minuten-Marke von "How could you scoop so low" gelangweilt weiterschaltet, wird belohnt. Vielleicht noch nicht beim dritten, aber sicher beim vierten Hören. Mit Kopfhörern und dem imaginären Dirigentenstab in der Hand ist "Shout!" das perfekte Album für einen Nachmittag auf der Couch, soweit das bei einer Platte mit klassischem Rocksound möglich ist.
Und anders als bei seinem prestigeträchtigen Job als Leadgitarrist bei der Allman Brothers Band hat Warren Haynes bei seiner eigenen Truppe natürlich mehr Spielraum in Sachen Kreativität. Man merkt "Shout!" das durchaus an, denn obwohl die Platte natürlich vorrangig den Südstaaten-Blues zelebriert, schimmert in Songs wie "Forsaken savior" oder "How could you stoop so low" immer wieder eine unüberhörbare Liebe zu klassischem Rythm and Blues und 60er-Jahre-Soul durch. Die Leidenschaft zeigt sich bei Gov't Mule nicht in der unmittelbaren Dynamik und nicht in angeberischem Gehabe, sondern in der Detailverliebtheit, mit der die Band jeden Song bis zum letzten Takt ausschmückt. Und daher passen sie vielleicht besser auf ein Jazzfestival als so manches klassische Trio.
Highlights
- World boss
- How could you scoop so low
- Done got wise
Tracklist
- World boss
- No reward
- Whisper in your soul
- Captured
- Scared to live
- How could you stoop so low
- Forsaken saviour
- Done got wise
- When the world gets small
- Funny little tragedy
- Bring on the music
Gesamtspielzeit: 74:46 min.
Referenzen
The Allman Brothers Band; Lynyrd Skynyrd; Masters Of Reality; Tedeschi Trucks Band; The Derek Trucks Band; Led Zeppelin; Widespread Panic; Phish; King's X; The Black Crowes; Neil Young; Creedence Clearwater Revival; Black Country Communion; Humble Pie; Free; The Grateful Dead; Molly Hatchet; Blackfoot; Mountain; Drive-By Truckers; Grand Funk Railroad; Black Oak Arkansas; Wishbone Ash; Gary Moore; Bad Company; Canned Heat; Chickenfoot; Cream; ZZ Top; Thin Lizzy; Five Horse Johnson
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