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Ebony Bones - Behold, a pale horse

Ebony Bones- Behold, a pale horse

1984 / Rough Trade
VÖ: 30.08.2013

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Selbst vertraut

Ebony Thomas, aka Ebony Bones, misstraut man lieber. So, jedenfalls, sahen das bislang viele – und vielleicht gar nicht mal zu Unrecht: Schließlich wäre eine Karriere zwischen Shakespeare-Theater, langjährigem Daily-Soap-Engangement und etlichen Lifestyle-Magazin-Covern hierzulande jederfrau schneller um die Ohren geflogen als Diddi Bohlen "Hä?" fragen kann. Als Thomas dann noch auf ihrem Debüt-Album "Bone of my bones" aber mal so richtig auf dicke Art-Pop-Hose machte, letztlich aber nur eine Menge erwartbare Sozialkritik poppig-bunt vor sich hin knallen ließ, war die Verwirrung komplett. Will die jetzt Katy Perry die Flausen ausprügeln oder doch eher M.I.A. veralbern? Man wusste das wirklich nicht so genau.

Mit "Behold, a pale horse" erübrigen sich nun zumindest einige dieser Fragen. Denn Ebony Bones' Zweitwerk setzt ganz auf diverse Schattierungen düster-poppiger Atmosphäre, und zwar mit Mehr- und Wiederkennungswert. So klingt etwa "Mystery Babylon balloon" in all seiner kickenden Spartanik, als hätten Siouxsie And The Banshees zwischen "Join hands" und "Kaleidoscope" noch ein weiteres, imaginäres Album aufgenommen. Damals waren den New-Wave-Urgesteinen urplötzlich Gitarrist und Schlagzeuger abgesprungen, worauf die Rest-Banshees einfach Tonnen an Synthis ins Studio kippten, ihren Sound merklich ausdünnten und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein trotziges Meisterwerk aufnahmen. Bei Ebony Bones präsentiert sich all das nun weitaus abgeklärter, aber nicht minder spannend.

Gleich zu Beginn darf das Mumbai Symphony Orchestra ordentlich über die Streicher-Saiten mollen, kriegt zur Belohnung aber Uptempo-Tom-Rolls und ein Geheimagenten-Thema vor den Latz geknallt. "I see, I say" nimmt die Streicher-Arrangements auf und baut sich aus ihnen ein mehrstimmiges, perkussives Vokal-Gebet – inlusive Kinder-Chor, und doch so fern von Radio-Populismus wie nur irgend möglich. Auch aus den Akkorden von "While the people S.L.E.E.P" hätten dutzende Melancholie-Rock-Jünger den einen Monster-Hit herausarrangiert. Thomas aber bleibt gelassen, lässt ihre Stimme aus Achtziger-Drumpads herausplatzen und zeigt den Kaugummi-Kern in jeder Lady-Gaga-Melodie. Und auch das The-Smiths-Cover "What difference does it make" erkennt der Hörer zunächst zwar augenblicklich am Riff, gleich darauf aber zwischen Laid-Back-Rhythmus, einer gepfiffenen Hook-Line und erneut dem New London Children's Choir gar nicht mehr wieder.

In all dem steckt somit eine Menge Überduck, Präzision und Willen zum überraschenden Arrangement. Und bis hierhin sind der Düster-Dub-Hop von "Morphine for the masses", die Jungle-Referenzen von "Neu world blues" oder der unterkühlte Sci-Fi-Funk des instrumentalen "Bread & circus" noch nicht einmal angedacht worden. Wenn dann zum abschließenden "Lazarus" die Wiederauferstehung des TripHop-Gothic-Rock droht, so kontert das Schlagzeug mit ebenso wuchtigen wie hibbeligen Synkopen, um auch hier einen neuen Zungenschlag zu versuchen. Nur zu recht, denn schließlich hatte bereits zuvor "I.N.V.I.N.C.I.B.L.E" ordentlich Augenränder vor lauter Klavier-Moll und Cello-Strichen. Doch auch hier lässt Ebony Bones teils lieber Jungle-ADHS über die Snare trommeln, bevor sie mit Mogwai-Vocoder und -Gitarre den passgenauen Abgang wählt.

Wenn dann "Breathe" eine eins a Swinging-50ies-Dekonstruktion anstimmt, dabei aber derart herzlich bleibt, dass der Song flugs zum besten dieser Platte wird, so steht einmal mehr fest: Auf "Behold, a pale horse" klingt wirklich alles wie eine glasklare Referenz an Zeit, Form und Funktion. Zugleich aber fügt sich noch das letzte Pling, Ploing oder Schrumm in die Arrangements - zwar nicht eben reibungslos, aber genau darum sollte es eben auch gehen. Sprich: Auch als Soundstilistin und Sequencer-Freibeuterin, vor allem aber als ihre eigene Produzentin kann Thomas eine ganze Menge. Und gerade wegen dieser ebenso rücksichts- wie rückhaltlosen Selbstproduktion lässt sich ihr zu "Behold, a pale horse" erneut aufs Vortrefflichste misstrauen. Wie auch herausragender Pop ja stets allem und jedem misstrauen sollte – nur nicht sich selbst.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Mystery Babylon balloon
  • While the people S.L.E.E.P
  • Neu world blues
  • Breathe (feat. Mechanical Elephant)
  • I.N.V.I.N.C.I.B.L.E

Tracklist

  1. Behold, a pale horse (feat. The Mumbai Symphony Orchestra)
  2. I see I say
  3. Mystery Babylon balloon
  4. While the people S.L.E.E.P
  5. What difference does it make (feat. The New London Children's Choir)
  6. Neu world blues
  7. Breathe (feat. Mechanical Elephant)
  8. I.N.V.I.N.C.I.B.L.E
  9. Bread & circus
  10. Morphine for the masses
  11. Lazarus

Gesamtspielzeit: 41:07 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

8hor0

Postings: 996

Registriert seit 14.06.2013

2013-09-08 12:06:06 Uhr
Interssanter Stoff!

Unnerum

Postings: 239

Registriert seit 13.06.2013

2013-09-08 12:02:12 Uhr
So ein Bullshit von Müll...
petrus
2013-09-08 10:58:15 Uhr
erstaunlich schlechtes album, hat im gegensatz zum debüt nichtmals mehr einen "hit".

Cosmig Egg

Postings: 766

Registriert seit 13.06.2013

2013-09-06 13:21:56 Uhr
fällt gegen ende stark ab. Ist aber dennoch ein starkes Album. Da war Plattentests mal wieder hilfreich , auf der Suche nach neuer Musik.

Danke dafür
Blackberry1
2013-09-04 22:31:26 Uhr
"While the People Sleep" ist genial - der Rest des Albums kann dieses Niveau leider nicht halten.

https://soundcloud.com/#just-bcause/ebony-bones-while-the-people-s
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