65daysofstatic - Wild light

Superball / EMI
VÖ: 13.09.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Randerscheinungen
Ihre eigenen Stilisten, Grenzgänger zwischen den Genres, partikulare Kräfte in einem Meer aus Gleichlautendem – 65daysofstatic sind und waren bislang Vieles. Doch wer sich die zurückliegenden vier Studioalben der Sheffielder Postrocker besieht, der muss auch zugegeben: Zumindest innovative Sound-Designer sind sie nicht und werden sie wohl auch nicht mehr – sie bleiben Dramaturgen. Zu "Wild light" stellt sich nun erstmals die Frage, ob sie hierfür auch wirklich immer die richtigen Mittel wählen. Die Antwort ist, wie so oft, komplex. Und das rettet 65daysofstatic, wie eigentlich immer, so auch auf ihrem fünften Album den Hals.
So klingen der Beginn von "Prisms" und der Mittelteil des abschließenden "Safe passage", als hätten sich 65daysofstatic von Underworld genau dieselben Dinge abgeschaut wie – ja, leider, sorry – Linkin Park. Na klar: Beide Songs wollen ganz woanders hin als die hochuntalentierten Populisten aus L.A. Und sie kommen dort auch an, landen aber nach wie vor im Postrock-Sternegucker-Land. Dennoch sind all die Geierkrallen-Keyboards und Atmo-Flächen in Sound und Funktion eher Zitate oder eben dramaturgische Elementarteilchen – und produzieren deshalb durchaus auch unangenehme und nicht allein produktive Fragezeichen.
Auf der anderen Seite funktionieren weite Teile von "Wild light" aber erneut durch die enorme Dynamik, die 65daysofstatic dabei entwickeln, die verschiedenen Genres möglichst untereinander zu verstecken. "The undertow" schwillt ganz langsam zu Shoegaze-Stärke an, zerfällt dann aber in ein herzerweichendes Debussy-Klavier-Thema, aus dem sich der Shoegaze nur noch brummend und züngelnd, kongenial kraftlos also erheben kann. "Blackspots" gibt mit einem Sechzehntel-Technoloop und Rob Jones' ebenso an Drum'n'Bass wie an Wumms-Rock geschultem Schlagzeug-Spiel sogleich Konter und bewegt sich zur Klimax ziemlich genau auf der Grenze zwischen Mogwai und Trans Am. Und "Sleepwalk city" lässt die Gitarren über kickendem Krautrock dispergieren, wodurch flugs sowohl Maserati als auch diverse Maserati-Remixe im Spiel sind.
Nur zu recht, denn schließlich ist es nach wie vor die größte Stärke von 65daysofstatic, dass sie die Remixe ihrer Musik stets in ihren Songs selbst mitliefern. Wenn sie eben dies wollen und nicht, wie auf "Taipai", zwischendurch doch lieber die volle Melancholie-Postrock-Dröhnung abfeiern – inklusive Jammer-Delay, Sound-Wand und Plinker-Klavier. "Unmake the wild light" geht in diesem Sinne nochmals die volle Distanz mit, lässt sich mittendrin aber von Knarz-Frequenzen den Kopf freispülen. Eben hier passt dann der vermeintliche Clash der Sound- und Beatgewänder gewohnt stilecht übereinander. Und auch die leisen Fragezeichen stehen letztlich doch eher als die Andeutung einer Klippe da, an deren Rand sich 65daysofstatic immerhin immer wieder stellen. Und das wäre selbst dann aller Ehren wert, wenn sie es einmal nicht mehr schaffen sollten, sich entweder auf die eine Seite zu retten oder im freien Fall gar wunderbare Kapriolen zu drehen.
Highlights
- The undertow
- Blackspots
- Sleepwalk city
- Unmake the wild light
Tracklist
- Heat death infinity splitter
- Prisms
- The undertow
- Blackspots
- Sleepwalk city
- Taipei
- Unmake the wild light
- Safe passage
Gesamtspielzeit: 50:21 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Akim Postings: 223 Registriert seit 17.04.2016 |
2016-07-09 10:51:22 Uhr
Hat ein paar Anläufe gebraucht aber mittlerweile finde ich das Album richtig stark. Meine Highlights: "Prisms", "The Undertow", "Sleepwalk City" und "Safe Passage". Und ja, "Tapei" klingt stellenweise wirklich stark nach Caspian. |
@CoryTrevor |
2013-10-08 22:10:07 Uhr
Was meint er denn damit? |
CoryTrevor |
2013-10-08 20:04:54 Uhr
Der Linkin Park Absatz ist in der Tat lächerlich. Absolut lächerlich. |
Mainstream Postings: 1864 Registriert seit 26.07.2013 |
2013-10-08 13:47:56 Uhr
He, hat ja inzwischen 7/10. Fordere Beichten. |
Wallraff |
2013-10-03 17:49:59 Uhr
Klasse Album. Nach dem ersten Hörern eher nicht so, aber langsam kristallisieren sich richtig starke Stücke raus.Nicht so krawallig wie der Vorgänger, sondern eher ein dezenter Schritt zurück - nicht im negativen Sinne - wenn auch ohne den Vorgänger "Wild Lights" nicht so klingen würde, wie es letztlich geworden ist. "Prisms", "The Undertow" und "Unmake The Wild Light" sind äußerst stark und "Taipei" klingt sowas von 65dos-meets-Caspian: dass das nicht bei den Highlights genannt wird, kann ich nicht verstehen. Den Linkin-Park-Absatz kapiere ich im Übrigen immer noch nicht. |
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Referenzen
Couch; Trans Am; Kraftwerk; Fatboy Slim; Underworld; Chemical Brothers; Unkle; The Prodigy; Goldie; Mouse On Mars; Groove Armada; LCD Soundsystem; Primal Scream; Faithless; Add N To (X); Aphex Twin; Ken Freeman; Nine Inch Nails; Mogwai; Foxhole; Always The Runner; Maserati; From Monument To Masses; Giardini Di Mirò; God Is An Astronaut; Immense; Leech; Sleeping People; The Low Frequency In Stereo; Del Rey; Paul Newman; Honey For Petzi; Kreidler; Explosions In The Sky; Mono; Fly Pan Am; Do Make Say Think; Godspeed You! Black Emperor; A Silver Mt. Zion; HiM; Fridge; Tortoise; The Notwist; 13 & God; Lali Puna; Ms. John Soda; Stereolab
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