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Grossstadtgeflüster - Oh, ein Reh!

Grossstadtgeflüster- Oh, ein Reh!

Four / Sony
VÖ: 07.06.2013

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Oh, eine Rehzension!

"Auf der A12 zwischen Müllrose und Briesen in Richtung Berlin bitte Vorsicht, auf der rechten Spur liegt ein totes Reh." Nicht schwer zu erraten, was dem unfreiwilligen Tiermörder am Steuer seines VW Polo durch den Kopf ging, kurz bevor es rumms machte und ein weiteres Mitglied der Bambi-Dynastie dem Tempowahn der Großstädter zum Opfer fiel. "Oh, ein Reh!" Aber mal ehrlich: Nach dem anfänglichen Schock, einer gekonnten Rangier-Aktion und der Frage im Kopf, wer denn jetzt den ganzen Dreck wegmacht, ist der arme Pendler gedanklich längst wieder beim Feierabendbier und im Autoradio singt irgendjemand von "Ufos überm Fernsehturm".

So alltägliche Autobahn-Action ist für Grossstadtgeflüster aber eigentlich ohnehin zu lahm. "Muss laut sein" hieß schon das Debüt, später ging es um "Pimmel und Erde" oder "Kontrollverlust" und generell sind Außerirdische in der Hauptstadt schon eher das Kaliber der Berliner. Auf "Oh, ein Reh!" spielen sich solche Geschichten wie gewohnt zwischen Autoscooter-Beats, hochgepitchten Stimmen und häufig platten, aber ohrwurmgefährlichen Refrains ab – Druffhauen ist die Devise, da hat sich nichts geändert. Und wer solche Musik macht, muss sich damit abfinden, dass mitgröltaugliche Plattitüden besser passen als durchdachte Gesellschaftskritik. Wie "Sprengstoff" gegen Bio-Propaganda schiebende Gutmenschen mit Yoga-Fable randaliert, ist nett anzuhören, echten Tiefgang braucht aber niemand zu erwarten. Das ist okay, weil alles sehr humorvoll gemacht ist und Grossstadtgeflüster auf der musikalisch einfachen Schiene ohne Frage am besten funktionieren. Wer angesichts des Albumtitels aber Überraschungen erwartet, sollte lieber Disney gucken.

Die Single "Konfetti und Yeah" mit hymnischem Refrain und quietschbuntem Video funktioniert vor allem gut, weil sie die frei-und-sorglos-Attitüde über alles andere stellt und kleine lyrische Raffinessen nur am Rande reinschmuggelt. Generell könnte "Oh, ein Reh!" auch am Strand von Mallorca laufen, wäre nur auffallend unaufdringlich – vergleichen mit sonstigem Ballermann-Vergnügen. Einzig "Wir haben uns gerade noch gefehlt" und "Sirenen" könnten da die Stimmung senken: Beide probieren es mit sanftem Pop. Hinter erstgenanntem Titel verbirgt sich sogar der Versuch, Großstadtromantik mit echtem Herzklopfen zu verkaufen. Kitschiges Klaviergeklimper und Plastikstreicher verhindern letztendlich aber doch zu viel Tiefsinn. Und auf der gesamten restlichen Platte überführt die dröhnende musikalische Verpackung des Berliner Trios jede Ernsthaftigkeit zu allererst in eine wenig anspruchsvolle Partystimmung. Natürlich hat auch die ihre Berechtigung, manchmal braucht's ja gar nichts anderes – solange die Stop-Taste in Reichweite bleibt, geht die Platte gut rein. Und das freche Grinsen von Sängerin Jen Bender kann durchaus auch anstecken. "Uns scheint die Sonne ausm Arsch / Ihr seid erleuchtet."

(Konrad Spremberg)

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Highlights

  • Konfetti und Yeah

Tracklist

  1. Ufos überm Fernsehturm
  2. Konfetti und Yeah
  3. 1000 Tonnen Glück
  4. Düsen
  5. Sprengstoff
  6. Wir haben uns gerade noch gefehlt
  7. Meine Sonne
  8. Das System stürzt ab
  9. DBSTP
  10. Eulen nach Athen
  11. So viel Talente
  12. Chaos
  13. Ende Gelände
  14. Sirenen

Gesamtspielzeit: 45:40 min.

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