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Editors - The weight of your love

Editors- The weight of your love

PIAS / Rough Trade
VÖ: 28.06.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Fortschritt durch Rückschritt

Schon mal einen fröhlichen Editors-Song gehört? Nein? Dann bitte mal "A ton of love" anklicken. Die Engländer besingen das Gewicht der Liebe, ohne dabei auch nur annähernd ins Schwere abzugleiten. Selbst Tom Smiths sonst so düsterer Bariton lässt hier auf einmal leidenschaftliche Züge erkennen. Wäre diese Stimme nicht derart unverkennbar, könnte der Titel glatt ein U2- oder Bon-Jovi-Track sein, und das ist noch nicht einmal böse gemeint. "The weight of your love" ist schon ein kleiner Neuanfang. Umstrukturiert – Leadgitarrist ersetzt, Synthie-Experten addiert – und nunmehr zu fünft, lassen es Editors wie gewohnt regnen. Einzig mündet die bitterliche Säuredusche vergangener Tage zunehmend in einen aufatmenden Schauer weniger ätzender Wirkung.

"Sugar" ist ein Titel, der den Bezug zum früheren Schaffen von Editors verdeutlicht. Das molllastige Piano, der straighte Beat und das zerfahrene Gitarrenriff im Schlussdrittel demonstrieren anschaulich, wer einst die Vorbilder der Fünfergruppe waren. "You swallow me whole / [...] / And it breaks my heart to love you", heißt es in der peitschend tragischen Hookline des Stücks. Hintennach schließt sich die bereits erwähnte Erstsingle "A ton of love" an und drückt Rückwärtiges wieder zu Boden. In "What is this thing called love" packt Smith dann gar die Kopfstimme aus – das ist neu, klingt aber erstaunlich harmonisch und verbittet sich jegliche Chris-Martin-Assoziation, obgleich der Track coldplayeske Züge aufweist, wenn ergreifende Violinen einsetzen und der Kehrvers choral untergraben wird.

Ein ganzes Geigengewitter zieht in "Bird of prey" auf, welches insgesamt anschaulich aufschlüsselt, wie innerhalb des Albums alte und neue Schaffensmuster ineinandergreifen. Das eintönige Klopfen bewegt sich nah an den Wurzeln des New-Wave, verliert sich dabei aber nicht im Zynischen bis unmittelbar Präapokalyptischen. Weitaus zarter inszeniert erscheinen die Streicher in der Liebesballade "Nothing", welches die titelgebende Textzeile emporbringt: "I'm a man / Holding the weight of your love / But without it my strength just isn't enough / So strike down on me", haucht der sinnzweifelnde Sänger beängstigt vom bevorstehenden Tod seiner Geliebten. Das Stück bricht das wohlige Miteinander entzwei und verleiht der Atmosphäre des Langspielers ein Merkmal retrospektivischer Düsterkeit, gibt dabei Einblick in die Tiefe des Innerseelischen und steht den Editors hervorragend wie eh und je.

Die Engländer sind klug genug, ihren Stil so zurückzusetzen, dass es weder unnatürlich noch rückschrittlich wirkt. Trotz freundlicherer Züge ist eine Spaßexplosion mitnichten zu erwarten. Tom Smith ist Gott sei Dank nicht Brandon Flowers, der sich plötzlich anzieht wie ein Textmarker und im Egotrip eine potenzielle Lieblingsband zerstört. "Ich bin zwar wirklich stolz darauf, aber wir drei wollten das eben nicht noch einmal machen", äußert sich Smith im Namen der verbliebenen Gründungsmitglieder über das Vorgängerwerk "In this light and on this evening". Das muss sein, als stünde man kopfkratzend im Keller und hätte auf dem Weg vom fünften Stock vergessen, was man da eigentlich wollte. Die einzige Lösung für so ein Dilemma lautet: Wieder zurückgehen und von Neuem überlegen. So ist "The weight of your love" der eigentliche, legitimere Nachfolger des 2007er "An end has a start" – ein andersdimensionaler Fortschritt.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • A ton of love
  • Sugar
  • Nothing

Tracklist

  1. The weight
  2. Sugar
  3. A ton of love
  4. What is this thing called love
  5. Honesty
  6. Nothing
  7. Formaldehyde
  8. Hyena
  9. Two hearted spider
  10. The phone book
  11. Bird of prey

Gesamtspielzeit: 48:32 min.

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