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Cabadzi - Digère et recrache

Cabadzi- Digère et recrache

Le Cirque Absent / Broken Silence
VÖ: 10.05.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Manege frei!

Treten Sie heran, kommen Sie näher! Zirkus Cabadzi ist in der Stadt. Freuen Sie sich auf großartige Wortakrobatik inmitten von E-Gitarre, Cello, Klarinette, Trompete, Ukulele, sowie Synthie- und Pianoklängen. Seien Sie gespannt auf den artistischen Sprechgesang vierer waschechter Bohemians. Ein buntes Potpourri französischsprachiger Jonglierkunst und ausgeflippt-balkanesker Interpretationen erwartet Sie. Es ist kaum zu überhören: Tatsächlich entstammen Cabadzi dem französischen Zirkusmilieu. "Digère et recrache" klingt mitunter so, als hätte Beirut kurzerhand Zach Condon durch ein paar Rapper ersetzt. Episodenweise erinnern Cabadzi an den Battle-Rap alter Schule, wobei die Trompete allgegenwärtig bleibt. Gesprochen vorgetragene Parts, divergierend zwischen keltischer Mystik und orientalisch-erotischer Klänge, komplettieren die spektralfarbige Ausgestaltung des Debütalbums.

Der Albumtitel bedeutet soviel wie "verdauen und ausspucken" – wenn man den Mist schon fressen muss, dann ist er erst recht wieder in hohem Bogen auszuspeien. Das ist so eine Art "Macht kaputt, was Euch kaputt macht", ohne das hier die ganz radikalen, steinewerfenden Register der Gesellschaftskritik gezogen werden. Ein wütend aufbegehrender Track ist beispielsweise "Avant eux", dessen Protagonist sich lieber damit beschäftigt Mauern aufzubauen, als Brücken zu schlagen: "Je passerai mon temps à construire des murs et pas des ponts". Die inhaltliche Aggression entlädt sich auch im Musikalischen: Sirenengeheul begleitet den Rap unabdinglich in seiner geschwinden Fortbewegung, der metallisch-rustikale Beat macht einen Ausflug auf's Fabrikgelände, die schreiende Geige untermalt den gesellschaftlichen Abgesang.

"Trader" startet mit einem geheimnisvollen Sprechpart, welcher die Grundsituation auffächert und den folgenden Wutsturm schon einmal ankündigt. Eine klimpernd gezupfte Gitarre und gewaltig aufbrausende Paukenschläge machen Bahn für das bevorstehende Inferno. Mit einem Mal explodiert der Beat, der Sprech findet seinen Flow und nimmt schnell Fahrt auf. Tobend und nimmermüde schimpfend kulminiert der Titel im tiefschockierenden Unhappy End. An anderer Stelle kritisieren Cabadzi gänzlich Profanes: Weihnachten wird immer mehr zur Farce, das "Fest der Liebe" ist doch längst nichts weiter als ein großes, teures Pflichtspektakel und auch den Franzoßen scheint dies sauer aufzustoßen. "J'aime pas noël", gibt das Vierergespann daher zum Besten. Mit dieser Beschwerde sind Cabadzi keineswegs die Ersten, doch der abgefreakte Up-Tempo-Balkansong geht unweigerlich ins Ohr und verschanzt sich dort eine ganze Weile.

Mit dem Zirkus den das HipHop-Quartett veranstaltet, verhält es sich wohl ähnlich wie mit dem Kabarett: Oftmals gibt es einen hinterfragenden Aufhänger, am Ende steht aber die Unterhaltung doch irgendwie im Vordergrund. Doch hier verbindet sich letztlich nur das Notwendige mit dem Angenehmen – da macht man wenig verkehrt. Der frankophonen Hörerschaft fällt es natürlich bisweilen leichter zu folgen, doch die musikalisch aufgespannten Stimmungsgefüge durchbrechen die Sprachbarriere so oder so. Und Französisch ist nun auch kein nordfinnischer Inuit-Dialekt. Das Vierergespann kippt siebzehn Eimer Sand ins Hörerhirn und spannt sein imposantes Zelt über die Schädeldecke des Rezipienten – es gilt sich nur darauf einzulassen. In diesem Sinne: Manege frei!

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Avant eux
  • J'aime pas noël
  • Trader

Tracklist

  1. Lachons les
  2. Avant eux
  3. Cruel
  4. Le temps passe
  5. Nicolas, Jean-Pierre et Michel
  6. J'aime pas noël
  7. Piscines et gamines en strings
  8. Interlude
  9. Princesse
  10. Trader
  11. Robots
  12. Lidl des jeunes
  13. On voulait juste
  14. Digère et recrache

Gesamtspielzeit: 44:32 min.

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