Kinski - Cosy moments
Kill Rock Stars / Cargo
VÖ: 07.06.2013
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Im Akkord-Strudel
Tja, sie haben es überzogen. Sind übers Ziel hinausgeschossen. Und haben eben dieses noch nicht einmal wirklich sauber definiert. Kinski, eigentlich Seattles finest Dekonstruktions-Postrocker, haben nach etlichen Alben Sub Pop Bye-bye gesagt und bei den benachbarten Kill Rock Stars angeheuert. Mitgebracht haben sie die zugleich wohl steifste und nachlässigste Platte ihrer Karriere. Drei lange Jahre hat Chef-Musiker Chris Martin angeblich an den Songs getüftelt. Letztlich klingen diese aber eher so, als sei ihm drei lange Jahre nicht besonders viel eingefallen - und als habe er deshalb einfach mal gemacht, was Tausende vor ihm auch schon gemacht haben, und abschließend eine seltsam zähe Reflexionssoße drübergegossen.
Denn das Reflexionsniveau von "Cosy moments" gründet auf einer einzigen, nicht eben tiefschürfenden Idee: glasklaren Kifferrock so zu spielen, dass er jegliche Energie verliert. Sorry, aber um zu wissen, wie das ausgeht, muss man sich nicht - wie Kinksi - erst über ein Jahrzehnt durch Postrock spielen. Dazu reicht es, die Versuchsanordnungen des nach wie vor hervorragenden "Down below it's chaos" mit dem "Cosy moments" eröffnenden "Long term strategy" zu vergleichen: Schlagzeuger Barrett Wilke klopft hier über sieben Minuten lang einen typischen Schluffi-Backbeat, setzt das Tambourin auf die geraden Zählzeiten und belässt es dabei. Dazu phasen, fuzzen und wah-wahen die Gitarren, und Martin schläft beinahe beim Sprechsingen ein. Ganz im Ernst: Wer hier noch näher hinhört, um Details zu entdecken, befindet sich mental schon längst nicht mehr auf diesem Planeten.
Trotz der nach diesem hirnerweichenden Beginn schlank und rank herausgebollerten "Last day on earth" und "Skim MILF" hat erst das instrumentale "Riff dad" wirklich große Momente anzubieten: Ein aufstrebendes, doch mitten im Takt abgestopptes Gitarrenriff deutet gute Laune an, das Schlagzeug hoppelt ihm manchmal davon, Soli jaulen und maulen beleidigt hinterher, schließlich schüttelt sich alles im leicht angenoisten Black-Sabbath-Vibe die nassen Klamotten vom Leib - in diesen drei Minuten steckt weitaus mehr Spielfreude als in den elf zuvor. Und auch für den Rest von "Cosy moments" bleibt es ein rarer Ausbruch, wie gleich der lähmend lärmende Faulpelz-Takt von "Throw it up" beweist, der schlussendlich aber doch noch das Hochton-Fuzz eröffnet - "Plopp" macht das zwar auch nicht und schäumt auch nicht über, entdeckt dafür aber irgendwo unten drunter ein melancholisches Outro und ein paar stimmungmachende Saxophonstöße.
Leider haben Kinski bei all dem halbgaren Gerocke und Gezocke auch vergessen, wie man Postrock ordentlich zum Heulen bringt. Genau das beherrschten sie in ihrer Früh- bis Mittelphase nämlich absolut hervorragend. Auf "Cosy moments" deutet "A little ticker tape never hurt anybody" noch auf so etwas wie den freien Stuhl zwischen Mogwai und Pink Floyd, rhythmisch geht aber auch hier schlussendlich rein gar nichts. Auch der über Jahre derart souverän ausgearbeitete Drone wird bei "We think she's a nurse" unangenehm kifferig - und bleibt es dann auch, denn: Einmal das falsche Kraut erwischt, und schon kann man den Abend bekanntlich aber mal so was von vergessen.
Ringsherum um diese beiden Ausreißer ins Land von "Mir dreht sich alles - hui-hui-hui" stehen drei weitere kurzangebundene Riffstudien pitschnass im Regen rum, deren Funktionieren mit folgenden Faktoren steht oder fällt: Bock des Schlagzeugers auf ein paar mehr Synkopen und Betonungen; Martins fehlender Bock aufs stumpfe Mitsingen der Akkorde; und vor allem: wie sehr man es Kinski nachsieht, dass sie zwar die allerbewährtesten, um nicht zu sagen abgenudelsten Dickhosen-Akkordfolgen bemühen, weder in Sound noch Arrangement aber wirklich drauflosrocken wollen. Stattdessen geraten sie beim eigenen Schlaumeiern mächtig ins Strudeln. Und von diesem schlammigen Boden reflektiert dann eben rein gar nichts mehr zurück.
Highlights
- Riff dad
- Conflict free diamonds
Tracklist
- Long term exit strategy
- Last day on earth
- Skim MILF
- Riff dad
- Throw it up
- A little ticker tape never hurt anybody
- Conflict free diamonds
- Counterpointer
- We think she is a nurse
- Let me take you through my thought process
Gesamtspielzeit: 39:02 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Demon Cleaner User und Moderator Postings: 5646 Registriert seit 15.05.2013 |
2013-06-13 23:10:44 Uhr
4/10. Wirklich nicht. Keine große Kunst, klar, aber 6 oder 7 sind schon drin. Gerade den kritisierten Opener finde ich sehr hübsch. |
Demon Cleaner |
2013-04-16 13:54:08 Uhr
Hm, nuja, Foo Fighters sind nicht gerade die erste Referenz für mich. In einzelnen Momenten vielleicht. Eher Richtung Kyuss. Wobei die nicht sowas wie das Ende von "Throw It Up" hatten (an der Stelle denke ich auch an die Dandy Warhols).Ganz hübsche Rezi bei Pitchfork. |
mend |
2013-04-16 13:48:52 Uhr
ganz cooles schrammel-rock-album. klingt teilweise wie foo fighters, wenn sie dreckiger klingen würden und ohne stadionrefrains. |
Demon Cleaner |
2013-04-16 09:29:13 Uhr
Kommt da eigentlich noch was? Die beiden Vorgänger wurden hier ja auch rezensiert.Das Cover ist wunderbar und allein der Opener ist schon fantastisch. 7/10 sind da eigentlich mindestens drin. |
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Referenzen
Mudhoney; Screaming Trees; fIREHOSE; Meat Puppets; Nirvana; Gravel; MC5; Hüsker Dü; The Stooges; Temple Of The Dog; The Cult; Kyuss; Nebula; Blind Dog; Unida; Masters Of Reality; Queens Of The Stone Age; Yume Bitsu; Flying Saucer Attack; Tarentel; The Low Frequency In Stereo; Billy Mahonie; Sonic Youth; My Bloody Valentine; Frank Zappa; The Velvet Underground; Black Sabbath; Pink Floyd; Deep Purple; Yes; The Who; Elf; Can; Neu!; Amon Düül; Ash Ra Temple; Faust; Gong
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