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City And Colour - The hurry and the harm

City And Colour- The hurry and the harm

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 31.05.2013

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Seemannspoesie

Ganz fair ist es ja nicht. Da war Dallas Green Gitarrist und Sänger der Post-Hardcore-Band Alexisonfire und machte damit ein paar Leute ziemlich glücklich. 2005 hatte der Kanadier dann Lust auf etwas Abwechslung und veröffentlichte mit "Sometimes" sein erstes Soloalbum, das so ganz anders klang als das, was er mit seinen Kollegen bisher so produziert hatte. Akustisch-folkige Klänge wärmten das Gemüt, Songs wie "Hello, I'm in Delaware" oder auch die Single "Save your scissors" wiesen auf die sensible Seite des Sängers hin. Es folgten mit "Bring me your love" und "Little hell" zwei weitere Soloausflüge, bevor sich Alexisonfire 2012 endgültig auflösten - zur Freude von Green. Der kann sich nun voll und ganz auf sein Soloding konzentrieren und nebenher versuchen, die Vorwürfe, er mache jetzt Mädchenmusik, entkräften.

Wie gesagt, fair ist das nicht. Gibt ja genügend andere männliche Kollegen, die flanellhemdtragend ihre sanften, oft in hoher Stimmlage vorgetragenen Lagerfeuersongs durch den Vollbart säuseln. Überhaupt, in welchem Jahr leben wir denn, wenn Männer nach wie vor nur in Lederkutte durch die Gegend latschen dürfen und den Dicken markieren müssen? Eben. Das alte Rollenbild ist längst überholt. Dass Green nicht ausschließlich Musik für die Damenwelt macht, sollte ohnehin klar sein. Mit seinem neuen Album "The hurry and the harm" folgt nun der vierte Versuch, sich von etwaigen Altlasten zu befreien. Produziert wurde das Teil wieder von Alex Newport, der auch schon bei "Little hell" mitwirkte und zuvor schon mit Bands wie Death Cab For Cutie, At The Drive-In oder Bloc Party zusammenarbeitete. Herausgekommen sind zwölf Songs zwischen Liebeskummer und Verliebtheit, Einsamkeit und Zweisamkeit, alles im typischen seemannspoetischen Stil Greens, nautische Tattoos natürlich inklusive. Alles beim Alten? Ja und nein. Neu ist unter anderem, dass es sich hier um das erste Album handelt, das außerhalb Kanadas, nämlich in Nashville, aufgenommen wurde.

Der Opener und Titeltrack von "The hurry and the harm" startet jedenfalls gewohnt melancholisch und baut erst gegen Ende eine dichte, atmosphärische Stimmung um sich auf, die von Stromgitarre und Drums unterstützt wird und sich somit zumindest ein wenig von den Vorgängern absetzt. Das düstere "Two coins" schlägt den Bogen zurück zum ersten Album, ohne dabei altbacken zu klingen, während "Of space and time" von der Zeit berichtet, als Alexisonfire eigentlich schon Geschichte waren, bevor es offiziell mitgeteilt wurde: "I'm roaming through the hills all alone / I'm trying to find my direction home", singt Green hier und vertont das Gefühl, zur möglicherweise richtigen Zeit am falschen Ort und mit der nicht mehr ganz richtigen Band zu sein, geradezu auf spielerische Weise. Ansonsten wissen die zwölf Songs des Albums allesamt durchaus zu gefallen, verzichten aber größtenteils auf Überraschungen. So ist "Paradise" die glasklare Popnummer, die höchstwahrscheinlich als eine der nächsten Singles veröffentlicht wird, um gleichsam den Kontrast zur ersten ersten Auskopplung des Albums zu verstärken, dem geradezu aufmüpfigen "Thirst" mit einem grandiosen Jack Lawrence (The Raconteurs, The Dead Weather) am Bass.

Skeptikern seien die letzten beiden Songs von "The hurry and the harm" ans Herz gelegt. Deutlich reduzierter als manch anderes Stück des Albums gibt sich "The golden state" und erzählt vom ambivalenten Gefühl Greens gegenüber dem sonnigen kalifornischen Staat, obgleich man angesichts der schwermütigen Stimmung meinen könnte, er sänge von den eiskalten verschneiten Wäldern in Alaska. Macht aber auch nichts. Gemeinsam mit "Death's song" schafft Green einen angemessenen Abschluss und wartet am Ende noch mit genau der richtigen Menge Bombast auf, um sich anschließend zurücklehnen und abwarten zu können. Mädchenmusik? Sicher nicht. Eher Musik für alle, die ein Faible für Männer mit respektablem Gesangs- und Schreibtalent haben und nicht allzu viel Wert auf große Überraschungseffekte und Experimente legen. Und die gibt es sicher reichlich.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • The hurry and the harm
  • The lonely life
  • The golden state
  • Death's songs

Tracklist

  1. The hurry and the harm
  2. Harder than stone
  3. Of space and time
  4. The lonely life
  5. Paradise
  6. Commentators
  7. Thirst
  8. Two coins
  9. Take care
  10. Ladies and gentlemen
  11. The golden state
  12. Death's song

Gesamtspielzeit: 50:52 min.

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