Texas - The conversation
PIAS / Rough Trade
VÖ: 17.05.2013
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Stockbrot
Sharleen Spiteri hat nicht nur eine zarte Hülle und weiche Stimme, in ihr schlummert auch ein rülpsendes Alphaweibchen. Denkt man ja so gar nicht bei den Promobildern, dem Cover des 1999er-Albums "The hush" oder anderweitigen Fotos der mittlerweile 45-jährigen Texas-Frontfrau. In Interviews aber rutscht Spiteri derart häufig "fuck" raus, dass der Bronze-Rang in der ewigen Bestyeller-Liste hinter Liam und Noel Gallagher in greifbare Nähe rückt. Das schürt die Lust, mit der Schottin in einem Pub abzustürzen. Gesprächsthemen: gerne endlose Schimpftiraden, ein Vierteljahrhundert Bandgeschichte, gerne auch ihr tolles Album "White on blonde" - nur möglichst wenig Wortwechsel über "The conversation".
Sonst müsste die Frage erlaubt sein, warum es acht Jahre gebraucht hat, um neben recht profanen Texten das bislang wohl langweiligste Drumming 2013 auf Platte zu pressen. Einige Aspekte erklären zumindest die Zeitspanne: Spiteri nahm die 1960s-Soulpop-Soloplatte "Melody" auf; es dauerte zudem, bis Gitarrist Ally McErlaine nach Hirn-Aneurysma, neun Wochen Koma und über einem halben Jahr Krankenhausaufenthalt wieder auf die Beine kam; Zeit für Kindererziehung hat sicher eine Rolle gespielt, wohl auch, dass die Band lange ohne Plattenvertrag da stand. Nur lag es sicher nicht an Findungsschwierigkeiten von Rhythmikkonzepten. Da hüpft der Stick so saftlos, monoton und uninspiriert auf den Membranen, man möchte ihm Stück für Stück Brot hinwerfen, damit er über den Kauvorgang etwas Biss bekommt.
Bei Texas müssen es die Gitarren richten. Richard Hawley sollte helfen, auf den zuletzt Richtung Belanglosigkeit abdriftenden Pop der Schotten einen 1950s- und 1960s-Film zu projezieren. Mit Daunen gefüttert, laufen die Klampfen zwar nie Gefahr, eine Anzeige wegen Ruhestörung zu bekommen, werfen aber tatsächlich ein paar Pence Rockabilly, Surf, Blues, Soul, Country in die Poprock-Jukebox. So gelingt Texas der Loop-Riff der country-bluesigen Single "The conversation", das simple "Dry your eyes" - und auch der schwofende Country-Walzer "I will always" sowie das etwas dumpf klingende "Big world" mit Bernard Butler am Piano gehen okay. Doch so begrüßenswert der eingeschlagene Weg bei Texas auch ist, über weite Strecken scheint "The conversation" nicht einmal einer toten Fliege etwas zu leide tun zu wollen.
Das pumpende 1980er-Stück "Detroit city" wäre gerne so erfolgreich wie "Summer son", macht stattdessen aber nur einen Haken hinter jegliches Pop-Klischee, "Talk about love" klaut bei Abbas "Mamma mia" und wirft ein Gitarre in die Schlucht, um wenigstens dessen Echo aufzufangen. In "Maybe I" hat Spiteri nicht nur etwas arg viel Testosteron im Stimmband, die Nummer zeigt auch, wie viel besser Elvis Presleys "Always on my mind" ist. Der King würde sich zwar nicht im Sarg umdrehen, weil das alles immer noch nett klingt. Nur hätte selbst der Bauch des letztlich fetten Elvis noch mehr Kanten gehabt als "The conversation".
Highlights
- The conversation
- Dry your eyes
Tracklist
- The conversation
- Dry your eyes
- If this isn't real
- Detroit city
- I will always
- Talk about love
- Hid from the light
- Be true
- Maybe I
- Hearts are made to stray
- Big world
- I need time
Gesamtspielzeit: 37:15 min.
Referenzen
Sharleen Spiteri; Richard Hawley; Natalie Imbruglia; The Beautiful South; Mike & The Mechanics; Deacon Blue; Del Amitri; Sheryl Crow; Toploader; Elvis Presley; Tom Jones; The Pierces; Neil Diamond; Adam Green; Brett Anderson; Terry Stafford; Frankie Avalon; Roy Orbison; The Pretenders; The Bangles; Nancy Sinatra; Holly Golightly; Neko Case; The Everly Brothers; Perry Como; Buddy Holly; Beach Boys; Amy MacDonald; The Divine Comedy; The Cranberries; Dolores O'Riordan
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