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Talib Kweli - Prisoner of conscious

Talib Kweli- Prisoner of conscious

Javotti / 3D / Groove Attack
VÖ: 10.05.2013

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Es lebe das Revolutiönchen

Gibt es eigentlich Gemeinsamkeiten zwischen Talib Kweli und Rainer Brüderle? Während der Rapper mit ausgezeichnetem Taktgefühl gesegnet ist, trifft Brüderle bekanntermaßen selten den passenden Ton. Eines eint die beiden jedoch: Auch Kweli war einst ein Five-Percenter - in anderem Wortsinne, klar, aber was zählt ist der Scherz und der betreibt Bashing in die richtige Richtung, wie es auch Kwelis Spezialität ist. Gemeinsam mit seinem Homie Mos Def strebt Kweli seit seinem Erscheinen Mitte der 1990er Jahre straight nach dem Vorbild Malcolm Xs, und das bedeutet: sich nicht unterdrücken zu lassen und den richtigen Leuten zumindest verbal auf die Fresse zu geben. Kumpel Mos Def hatte vor vier Jahren mit "The ecstatic" einen kleinen Meilenstein gesetzt, das ist dem zweiten im Bunde auch mit seinen beiden letzten Platten "Eardrum" und "Gutter rainbows" noch nicht so ganz gelungen. Nun wagt Kweli mit seinem neusten Werk "Prisoner of conscious" den nächsten Versuch.

Das Wortspiel liegt auf der Hand: Während im Englischen ein politischer Gefangener der "prisoner of conscience" ist, reklamiert Kweli für sich die bewusst gewählte Gefangenschaft, die letztlich nur eine steinige Episode hin zur totalen Freiheit bezeichnen soll. Kweli wendet sich im Intro der Platte, in hörbar gewollter 1960er-Jahre-Akustik, an das Volk: "Do your job and spread the word / Make it grow", mahnt er in Martin-Luther-King-Manier. Mit "Human mic" legt er direkt schlagkräftig nach: "My flow revealing they garbage / I'm making 'em throwing up ... for the workers who don't get paid enough / Who take the bus / Hands way too rough for the paper cuts" – das ist Battle-Rap in Richtung der Fratze einer kranken Gesellschaft. So gewillt und reflektierend, wie Kweli sich zu Beginn der Platte darstellt, scheint es eigentlich nur eine Frage der Zeit zu sein, bis irgendein Tea-Party-"Aktivist" den – aus deren Sicht wohl ohnehin allzu pigmentierten – MC nach Guantanamo verfrachtet.

Das hätte er wohl gern, doch wie schon auf den Vorgängeralben bleibt die ganz krasse Message leider aus. "Come here" ist nichts weiter als ein schnöder Liebessong, der zumindest noch das ein oder andere hübsche Wortgeflecht mit sich bringt: "Je ne sais quoi, how you say, voulez vous? / Pardon my French like a tongue kisser." "High life" dreht sich, wie der Name vermuten lässt, ums Kiffen, umschweift das Thema blumig-metaphorisch wie auf einem gelungenen Euphorietrip und beweist, dass das Thema im HipHop immer noch nicht in alle Richtungen ausgeleuchtet wurde. In "Push thru" übernimmt mit der letzten Strophe Kendrick Lamar das Mic, ruft zur selbstbestimmten Wehrhaftigkeit auf und zeigt noch mal, wie Sozialkritik im HipHop funktioniert: "But this environment got us violent / Ready to crash into society / Take this driver seat" – nimm Dein Leben selbst in die Hand und mach kaputt, was Dich kaputt macht. "Life's a bitch when you ain't focused", schiebt Lamar eine Durchhalteparole hinterher.

Leider fehlt es Kweli ein bisschen an ebendieser Fokussierung, schweift er doch immer wieder von den wirklich wichtigen Themen ab. Ein wenig mehr Schmackes im Gesamten stände ihm dabei gar nicht schlecht zu Gesicht. Auf diese Weise fängt er sich sicherlich keine Kugel wie Malcolm X seinerzeit. Weiterleben hat seine Vorteile, das steht außer Frage. Und außerdem ist "Prisoner of conscious" ein absolut hörenswertes HipHop-Album, dessen Existenz mehr als gerechtfertigt ist. Wohltuend wie ein schweizer Kräuterzucker wirkt Kwelis inspirierte Wortkunst gegen die Fülle an Bling-Bling-Bitches-Rap, welche vor lauter Bitte-nicht-schon-wieder-Rufen dem Musikfreund die Kehle kratzig gemacht hat. Es bleibt ein Revolutiönchen, welches Kweli da anstrebt. Der Schlag in die Fresse, er bleibt ein Klapps auf die Wange. Das ist so wie Fair-Trade-Kaffee – schon mal ein nicht zu verachtender Anfang.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Human mic
  • High life (feat. Rubix & Bajah)

Tracklist

  1. Intro
  2. Human mic
  3. Turnt up
  4. Come here (feat. Miguel)
  5. High life (feat. Rubix & Bajah)
  6. Ready set go (feat. Melanie Fiona)
  7. Hold it now
  8. Push thru (feat. Curren$y, Kendrick Lamar & Glen Reynolds)
  9. Hamster wheel
  10. Delicate flowers
  11. Rocket ships (feat. Busta Rhymes)
  12. Before he walked (feat. Nelly & Abby Dobson)
  13. Upper echelon
  14. Favela love (feat. Seu Jorge)
  15. It only gets better (feat. Masha Ambrosius)

Gesamtspielzeit: 56:21 min.

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