Grant National - Volume II
BluNoise / Al!ve
VÖ: 19.04.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Servicewüste Ehrenfeld
Vermutlich werden am Rhein keine Hausschweine auf frisierten Mopeds durch die Dünen gejagt. Für Unbedarfte mag sich diese Platte aber so anhören. Grant National haben sich schon ab Werk jeglicher Karriere versagt und praktizieren Wüstenrock nach eigenem Gusto. Dessen Vorreiter hießen Kyuss und sind längst Geschichte. Nur die heiter bis wolkigen Melvins strecken dem Thema weiter ihre unrasierten Popos entgegen. Womit die Losung klar wäre: Breitkrempige Blues- und Doomriffs treffen sich in der Mittagshitze bei hochtönendem Bassgewitter und zähfließendem Schlagzeugverkehr auf einen Stiefel Kerosin. Dazu reibt sich Sänger Gaylord Goldmann III. manchen Ton mit grobem Schleifpapier von den Lippen. Möglich, dass selbst Lemmy Kilmister hierbei für Sekunden sein Lieblingsgetränk vergisst und verzückt an seinen Warzen kaut - zu einem Sound, der ausgerechnet Ehrenfeld, dem trautesten Stadtteil Kölns entspringt, wo sich sonst nur Motorhaube und Rauputzfassade gute Nacht sagen.
"Volume II" wurde anscheinend ohne Übertünchungen und leibhaftig in vier Studionächten auf die Masterbänder gebrutzelt. Ein fürwahr seltenes Unterfangen in Zeiten der glorifizierten Künstlichkeit. Ist es doch das ungeschönte und garantiert deofreie Mackertum, das dieses Album so sympathisch macht. Radiotauglichkeit und Zurückhaltung braucht man hier nirgends zu suchen. Es gibt sie nicht. Stattdessen literweise stinkenden Männerschweiß, hartgekochte Elefanteneier und Grooves bis weit über den Ladenschluss hinaus. Mit einer solchen Allzweckwaffe benötigt man weder Gewerkschaften noch Viagra und ganz bestimmt keinen Crocodile Dundee. Das hier ist native Virilität und keine beschämende Pose.
"Fake bonnet" gniedelt und brettert in den sonnigsten aller Weltuntergänge, "Flask granny" bremst die entstehende Zerstörungswut gekonnt herunter. "Stone tree" wühlt sich mit Bedacht durch sämtliche Körperschläuche, dass es nur so splatattert, und "Propator" ist knarzende, überschwere Schönheit. Der Rest bleibt lustvolles Lärmen wie zu Turnvaters Zeiten. Ein einziges soziales Bratzwerk, das die Haltung der Band unterstreicht: Gib mir Deinen Saft, ich geb Dir meinen.
Verkäuferin Elli Pirelli aus dem Discounter nebenan wird sich jedenfalls wundern, wenn Grant Nationals Schlangengift wirkt und ihr tätowierte Koteletten wachsen. Diese Musik bringt jeden Bewegungslegastheniker zum Veitstanz - garantiert. Selbst Opa Helmut mit seiner Hochglanz-Pläte schüttelt dazu heimlich die imaginäre Matte. Eine Reklamation beim Filialleiter ist somit zwecklos. Wie sagte Tante Emma immer, mit dem ganzen Brustfleisch über der Theke: "Ist leider schon aus, kommt nächste Woche bestimmt wieder rein." Wohl dem, der sein Exemplar bereits in petto hat.
Highlights
- Fake bonnet
- Stone tree
- Propator
Tracklist
- Holy waters
- Fake bonnet
- Poison mind
- Flask granny
- Ricochet
- Stone tree
- Propator
Gesamtspielzeit: 38:08 min.
Referenzen
Kyuss; Melvins; Fudge Tunnel; Corrosion Of Conformity; Down; Black Sabbath; Masters Of Reality; Monster Magnet; Queens Of The Stone Age; Yawning Man; Slo Burn; Hermano; Fu Manchu; Mondo Generator; Colour Haze; Rotor; Sissies; El*ke; Pothead; Samsara Blues Experiment; Smoke Blow; ZZ Top; Sleep; The Cows; Electric Wizard; OM; Crowbar; Eyehategod; Kylesa; Mastodon; Baroness; Acid Bath; Candlemass; Cathedral; Selig; Led Zeppelin; Neurosis; Isis; Cult Of Luna; Pantera; Deep Purple; Desert Sessions; Eagles Of Death Metal; Them Crooked Vultures; Iced Earth; Motörhead; Danzig; Life Of Agony; Biohazard; Prong