The Dope - Hinterlandia
Devil Duck / Indigo
VÖ: 19.04.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Die Wildgewachsenen
"Also - da wo ich herkomme, gibt sich kein Mensch freiwillig den Namen 'Der Dude'." So schnurrte der lediglich "The stranger" genannte Erzähler bekanntlich im Prolog zu Joel und Ethan Coens "The Big Lebowski". Dass, wer sich solch einen Namen freiwillig gibt, entweder ein ziemlicher Nullchecker oder aber eine selbstironische Flitzpiepe sein muss, erwies sich am Ende des Films als ziemlich falsche Vermutung. So auch bei dem Münchner Duo The Dope, das sich ob ihres Bandnamens sicherlich nicht über einen ähnlich gelagerten Kommentar beklagen dürfte. Zudem haben Rudi Maier und Franz Neugebauer den verkrachten Slacker-Rock uramerikanischer Prägung mit ihrem Zweitwerk "Hinterlandia" nicht nur zur Herzensangelegenheit erhoben, sondern auch zu einem beinahe halluzinogenen Referenz-Trip verschnitten. Eben dieser sticht auch mal unangenehm - immer aber sitzt dieser Stachel tief und sorgt für angenehmes Kitzeln.
Entsprechend ist vieles auffällig an "Hinterlandia", vieles auch wohlbekannt. Zurückhaltung kennen Maier und Neugebauer zu keiner Sekunde, stattdessen entblößen sie all ihre Tricks aus dem Underground-Zauberkasten in ein wohlproduziertes Indiepop-Universum, das weder nach Underground noch gar nach Punk klingt, sondern eben ausschließlich nach wohlproduziertem Indiepop. Manche Stolperfalle wartet dort und wird durchaus gestreift: So sind die Tiermasken aus dem Video zu "Hollywood..." sicherlich ein Konsens-Kniff, der mittlerweile gar nicht vehement genug abgewunken werden kann. Und wenn sich ihr Label zu einem Modest-Mouse-Diss berufen fühlt, um die Relevanz ihrer Neuentdeckung hervorzuheben, so ist das zwar ebenso kokett wie überflüssig, vermutlich können Maier und Neugebauer aber gar nichts dafür. Dennoch fühlt man sich zu leichtem Stirnrunzeln animiert, wenn der Schlusssatz von "Sputnik sweetheart" eine Modest-Mouse-Dauerschleife anstrengt, die sich zwar nicht wirklich nach Veralberung, aber auch nach keiner Knuddel-Hommage anhört.
"Hinterlandia" steckt voll solch klitzekleiner Fragezeichen, die jedoch dem großen berechtigten "Wow" der Platte nicht wirklich am Zeug flicken können. Denn die Perfektion, mit der The Dope dem Jahrtausendwechsel-Indie fröhnen, ist ein eindeutig größeres Pfund, als etwa der berechnende "Whooohoho"-Ausbruch des Openers verspricht. In der Folge sind gerade einmal zwei Minuten von "Mines of Falun" vergangen, und schon haben sich The Dope durch allerlei Modest-Mouse-Bendings, North-Of-America-Breitseiten und Death-Cab-For-Cutie-Harmonien vorangespielt. "Narratorriors" und "Ikarus the crow" spielen das Spiel weiter, zeigen sich dabei aber nochmals manischer und halten dennoch zu jeder Songphase derart selbstverständlich die Ideallinie, dass es immerhin dem Hörer schon mal schwindelig werden kann beim Hinterherlauschen. Und wohin es "Strawberry fields" so alles treibt, ist letztlich noch nicht mal ausdenkbar - trotzdem klingt es bei The Dope nach Wildwuchs und Euphorie zugleich. Wie der ganze große Rest von "Hinterlandia" im Übrigen auch.
Verzweifelt sind The Dope entsprechend nie und wütend erst recht nicht - obwohl sie genau die Zutaten benutzen, die im amerikanischen Indie für diese Gemütszustände stehen. Stattdessen befeuern noch die aufgeregteste Trompete, das angeschrägteste Riff und der halsbrecherischste Geschwindigkeitswechsel ausschließlich sonniges Entertainment. Dazu singen Maier und Neugebauer über Harry Potter, Beatles vs. Stones und das äußerst gespaltene Verhältnis zur bajuwarischen Heimat. Auch die Texte zeigen sich als multireferentieller Fundus, gar als wohlgelaunte Entdeckungsreise - und, ganz ehrlich, wo findet man so etwas heutzutage schon noch? Auch mit ihrer Hilfe gelingt The Dope auf "Hinterlandia" eine wahrlich erstaunliche Verdichtung von so ziemlich allem, was schon mal durch den US-Untergrund geflucht hat. Und darum geht es schließlich beim frenetischen Zitieren. So sind die bekackten Regeln.
Highlights
- Mines of Falun
- Narratorriors
- Ikarus the crow
- Strawberry fields
- Hollywood...
Tracklist
- Blizzard The Kid
- Mines of Falun
- Entirely zipped
- Sputnik sweetheart
- American girls
- Narratorriors
- Ikarus the crow
- Strawberry fields
- Monstertrucks
- The fuck-you-all-song
- Mother's boy toyed with an idea
- Hollywood...
- ...Mietraching
Gesamtspielzeit: 50:27 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27171 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-01-20 19:17:01 Uhr
Ganz ausgezeichnet! |
Cosmig Egg Postings: 766 Registriert seit 13.06.2013 |
2016-01-20 17:49:47 Uhr
wie waren die denn so live? kann irgendwer mal berichten? |
auch gut. guk du mal: |
2016-01-20 03:43:56 Uhr
https://www.youtube.com/watch?v=I1RSMgW_D9QThe Dope - "Hollywood" live @ Beatpol Dresden |
waren.. |
2016-01-20 02:54:31 Uhr
..doch grad beim pt 16 fest LIVE DABEIalso? |
Herther |
2014-01-05 12:59:56 Uhr
Mit der Editierfunktion, die die unangemeldeten User haben, wäre Dir das nicht passiert.Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal: 05.01.2014 - 13:00 Uhr |
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Referenzen
Bound Stems; Like Pioneers; Modest Mouse; North Of America; The Got To Get Got; Tapes 'N Tapes; Frightened Rabbit; The Dodos; Death Cab For Cutie; Yamon Yamon; Field Music; The Week That Was; School Of Language; Built To Spill; Pixies; Rosa Mota; Broken Social Scene; Sonic Youth; Pavement; Yo La Tengo; 31Knots; Karate; Minus The Bear; Guided By Voices; The Flaming Lips; +/-; Eels; Grandaddy; Deerhoof; Arcade Fire; Menomena; Cursive; The Academy Is...; Les Savy Fav; Q And Not U; McLusky; Bloc Party; Maritime; Shannon Wright; Victory At Sea
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- The Dope - Hinterlandia (26 Beiträge / Letzter am 20.01.2016 - 19:17 Uhr)