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Max Prosa - Rangoon

Max Prosa- Rangoon

Columbia / Sony
VÖ: 19.04.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Clowns & Helden

Einfach einen Stuhl nehmen und dazusetzen. In einem Buch schmökern und doch nur über den Rand hinweg das Geschehen beobachten. Zu gerne säße man in Max Prosas "Cafe noir". In dem Song, der Protokollant einer zentrierten, vertrunkenen Odyssee durch die Kultur der Jahrhunderte ist. Ein Treffen der "heiligen Halunken", nennt Prosa das später in dem Song. Fühlen wie Gil Pender in Woody Allens "Midnight in Paris". Sehen, wie Persönlichkeiten im Schnapskonsum die Rollen mit den Alltagsverdrossenen tauschen. Der Kleingeld und Zigaretten schnorrende Napoleon trifft auch gleichgesinnte Poeten und Philosophen; Romeo sitzt vor dem sechsten Bier, in dem Glauben, er sei Shakespeare, schreibt er Julia ein Sonnett, wobei sie doch lieber Captain Flint mag. Über die Köpfe der schwallenden Gesellschaft schreibt Prosa in die Luft: "Wir sind nicht wirklich böse, wir töten bloß die Zeit."

Natürlich fehlt in der Cafe-Runde auch nicht Bob, "der alte Riese". So direkt hat Prosa Dylan noch nicht erwähnt, und doch war er schon auf seinem Debüt "Die Phantasie wird siegen" zwischen den Zeilen als musikalischer Einfluss immer wieder präsent. Prosa bewahrt sich für "Rangoon" seinen erzählerischen Stil, fügt aufgeschnappte Wortfetzen in seinem kleinen Notizbuch erst zu Skizzen und schließlich zu eigenen Geschichten zusammen. Der künftige Wahl-Leipziger dockt dafür an Literatur an, an Kunst und Politik, erzählt in "Rangoon" vom Blut in Myanmar und schlägt seinen Protagonisten in "Chaossohn" auf die Seite mahnender Querdenker: "Ideologie gegen Phantasie / Menschen werden nie, so wie ihr sie wollt." Das ist fast höflicher Punk, vorgetragen im rockigsten Stück von "Rangoon". Und weil er anderer Stelle auch unbeschwert über rote Kleider, schwule Jungs, Treffen in der Croissanterie und dem Tasten nach der Liebsten singen kann, passt kaum ein junger deutscher Liedermacher besser auf das Salut-Album für Hannes Wader.

Die großen Hallen sieht Max Prosa sicherlich auch in den nächsten Monaten und Jahren weiter nur von außen. Und das sollte ihn freuen. "Rangoon" hält die kulturelle Schlagdistanz, Eingängigkeiten seines Erstlings - wie etwa "Flügel" - verschwinden hinter einem Vorhängeschloss. Prosa spielt eine Nummer kleiner, weil er eine Nummer größer ist. Trotz der autorisierten deutschen Übersetzung von Leonard Cohens "Hallelujah", das auch weiterhin im Englischen wesentlich besser aufgehoben bleibt, und den im Kontext etwas desorientiert wirkenden Surf-Licks von "Verlorene Söhne". Dafür gerät "Solange ich darf" umso lieblicher und reichen für die melancholische Note von "Heimkehr" gerade einmal anderthalb Minuten. "C'est la vie" trauert an der Schulter der Akustikgitarre, und die radioheadeske Rhythmik aus "Charlie" mündet in ein jazziges Outro. "Seid sicher, Ihr hört von mir", sagt Prosa bestimmt. Geht klar, wurde aber auch nie angezweifelt.

(Stephan Müller)

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Highlights

  • Der Clown
  • C'est la vie
  • Chaossohn
  • Cafe noir

Tracklist

  1. Der Clown
  2. Charlie
  3. Zwei Falter
  4. Der Zauberer
  5. C'est la vie
  6. Chaossohn
  7. Verlorene Söhne
  8. Hallelujah
  9. Rangoon
  10. Solange ich darf
  11. Cafe noir
  12. Heimkehr

Gesamtspielzeit: 51:35 min.

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