Ska-P - 99%
Warner
VÖ: 08.03.2013
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Prozente für alle
Ein weit verbreitetes Vorurteil über Eros Ramazzotti besagt, dass der italienische Schmusebarde hierzulande vor allem deshalb so erfolgreich ist, weil 90 Prozent der deutschen Hausfrauen seine Texte nicht verstehen können. Eine empirische Studie zu diesem Thema steht noch aus, doch es ist nicht abwegig, den Fall bei Ska-P ähnlich zu lagern. Die spanischen Ska-Punker können in Deutschland seit über einem Jahrzehnt auf eine eingeschworene, aber gewiss nicht komplett textsichere Fangemeinde zählen. Warum die Leute trotzdem abgehen, ist klar: Kaum jemand vertont anarchistisches Gedankengut tanzbarer und mitreißender als die Madrilenen, und Schlagworte wie "Legalisación" und "Revolución" verstehen auch Nicht-Muttersprachler problemlos. Im Moshpit auf den Konzerten ist der gemeinsame Feind ohnehin klar und bedarf keiner näheren Beschreibung. Auch die mehrjährige Pause zur Mitte des letzten Jahrzehnts tat der Popularität von Ska-P keinen Abbruch. Zumal sich das Comeback mit "Lágrimas y gozos" vor fünf Jahren sehr gut anließ.
Auf "99%", dessen Titel auf die von der Occupy-Bewegung geprägte Formel von der Verteilung des Wohlstands auf der Welt anspielt, setzen die Spanier weiterhin auf die bewährte Formel: Locker-flockiger Offbeat trifft auf harte Punk-Gitarren und hymnenhafte Melodien. Die Bläser feuern aus allen Rohren, die Backgroundchöre johlen und pfeifen wie schon zu seligen "Planeta Eskoria"-Zeiten. Experimente sind auf "99%" zwar nicht verboten, werden allerdings nur dosiert eingestreut. Etwa im angejazzten Ende des instrumentalen Openers "Full gas" oder im wippenden Reggae von "Africa agónica". Statt ihre Energie mit dem Beackern neuer Felder zu vergeuden, arbeiten Sänger Pulpul und seine Kollegen lieber das gesamte Spektrum dessen ab, was sie seit jeher wütend macht: Korrupte Staatsgewalt, lügende Politiker, Ausbeutung des einfachen Bürgers, die Ungleichheit zwischen den Kontinenten, die dunkle und heuchlerische Seite des Kapitalismus.
Diese Punkte mögen zwar auf praktisch jedes Ska-P-Album seit "El vals del obrero" zutreffen und auf Eintönigkeit hindeuten. Doch auch auf Longplayer Nummer sieben langweilien die Spanier zu keiner Sekunde. Immer wieder peitschen eingängige Melodien mit gnadenloser Energie auf den Hörer ein. Der Refrain von "Ciudadano papagayo" entpuppt sich als bissige Punk-Walze, während "Pandemia, S.L." trotz seines Party-Charakters eine gelungene und bitterböse Abrechnung mit der Pharmaindustrie ist. Mit "Se acabó" haben Ska-P zudem eine großartige Hymne und das womöglich beste Lied ihrer Karriere zu bieten. Nicht jeder Song auf "99%" vermag sich derart positiv abzusetzen, doch die zahlreichen Fans werden das insgesamt starke Album zu Recht abfeiern. Ska-P sind sich treu geblieben. Deshalb werden auch künftig glücklicherweise ca. 99 Prozent aller Eros-Ramazzotti-Fans keine Wunderkerzen im Moshpit entzünden.
Highlights
- Ciudadano papagayo
- Pandemia, S.L.
- Se acabó
Tracklist
- Full gas
- Canto a la rebelión
- Ciudadano papagayo
- Pandemia, S.L.
- Se acabó
- Ska-Pa
- Marinaleda
- Alí Baba
- Victoria
- Bajo vigilancia
- Maquis
- Oniomanos
- Quienes sois?
- Radio falacia
- Africa agónica
Gesamtspielzeit: 59:23 min.
Referenzen
The Locos; No Relax; Talco; Skalariak; Persiana Jones; Athena; La Vela Puerca; Once Tiros; Karamelo Santo; Asesinos Cereales; Tijuana No!; Rancid; Left Alone; Reel Big Fish; Less Than Jake; Catch 22; Streetlight Manifesto; Mad Caddies; Sublime; Rantanplan; No Respect; The Busters; BeNuts; Spitfire; Distemper; La Ruda; Ya Basta!
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- Ska-P (53 Beiträge / Letzter am 13.04.2006 - 18:46 Uhr)