Girls Names - The new life
Tough Love / Cargo
VÖ: 22.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Alles außer Mord
Neues aus Tötensen. Oder vielmehr Altes. Es muss in den achtziger Jahren gewesen sein, als eine Zeitschrift einem inzwischen weitgehend in Vergessenheit geratenen Musiker die Frage stellte, wen er gerne umbringen würde, sofern er ungestraft davonkäme. Antwort: "Mein erstes Album." Immerhin eine erfreulich pazifistische Reaktion auf das mörderische Anliegen, aber auch eine, die man knapp 30 Jahre später genausogut Girls Names in den Mund legen könnte. Die inzwischen zum Quartett angewachsenen Nordiren schätzten ihr Debüt nämlich bereits bei Erscheinen so gering, dass "Dead to me" nicht ohne Grund so hieß.
Doch obwohl der Nachfolger einen weitaus lebensbejahenderen Titel trägt, ist "The new life" nicht gerade ein Ausbund an Optimismus geworden. Denn wo "Dead to me" noch eine zerspant psychedelische Spielart des Garage-Surf favorisierte, umwölken die neuen Songs nun ansatzweise orchestrale Keyboardschwaden, analoge Synthie-Klackereien und Gitarren, die entweder in spröden Reverb-Effekten zu ersticken drohen oder den Hörer mit akkuraten Licks kitzeln. Gelacht wird trotzdem nicht. Bei "Pittura infamente", das statt Pinsel den schemenhaften Post-Punk-Zaunpfahl schwingt, ebensowenig wie bei den köstlich unscharfen Schlieren von "Drawing lines".
Da verbannt der ungreifbar flirrende Sound den ohnehin verhallten Gesang von Frontmann Cathal Cully oft in die hinterste Studioecke, bevor ein ums andere Mal doch noch gallige Riffs ihren Giftstachel ausfahren. Vielleicht sogar den, der auf dem Cover von The Cures "Faith" zu sehen ist - ein Album, dem "The new life" in seinen hypnotisch-kargen Grautönen mehr als einmal die Ehre erweist. Dennoch drücken Girls Names nicht bloß einen dicken Brocken Dark Wave in die diesige Luft, sondern sorgen immer wieder für Auflockerung: Elektronische Artefakte holen die Songs auf den Boden der Tatsachen zurück, die abgedämpft klagende Stimme addiert einen Hauch himmlischer Melancholie.
Nur selten verliert "The new life" an Schärfe und Schnelligkeit - doch ist das lediglich ein Luftholen vor dem nächsten Aufbegehren. "Occultation" reißt sich nach verschlepptem Beginn deutlich am Riemen und holt Versäumtes eilends nach, in "A second skin" und dem wunderbaren "Notion" erzupft sich die Leadgitarre die Melodien mit der Präzision einer Pinzette. Und wenn das Titelstück zum Schluss monotoniebeflissen dem Krautrock zunickt und Feedback-Nadelstiche setzt, ist endgültig klar: Nach diesem bezaubernd schwermütigen Album muss niemand sterben. Nicht einmal ein kleiner Polyester oder gar ein Polycarbonattierchen. Früher war also doch alles schlechter.
Highlights
- Pittura infamante
- Drawing lines
- Notion
- The new life
Tracklist
- Portrait
- Pittura infamante
- Drawing lines
- Hypnotic regression
- Occultation
- A second skin
- The Olympia
- Notion
- Projektion
- The new life
Gesamtspielzeit: 43:14 min.
Referenzen
Crystal Stilts; The Blue Angel Lounge; The Mary Onettes; Joy Division; The Cure; Motorama; DIIV; Beach Fossils; Brilliant Colors; Black Tambourine; The Jesus And Mary Chain; The Velvet Underground ; The Horrors; S.C.U.M; Electricity In Our Homes; Weekend; Buzz Aldrin; Wire; Fire Engines; Josef K; Orange Juice; Singapore Sling; Galaxie 500; Loop; Spacemen 3; My Bloody Valentine; TOY; The Telescopes; Chapterhouse; The House Of Love; The Mighty Lemon Drops; Close Lobsters; The Railway Children; Glasvegas; The Drums; Echo & The Bunnymen; The Police; The Fixx; Tiger Lou; Deerhunter; Women; Sleepy Sun; The Pains Of Being Pure At Heart; Now, Now Every Children; The Depreciation Guild; The Morning After Girls; No Joy; The Raveonettes; Gliss; Asobi Seksu; Dum Dum Girls; Frankie Rose; The Zombies; The Smoke
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