Leech - If we get there one day, would you please open the gates?

Instarmental / Cargo
VÖ: 15.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Harren und Hoffen
Unverhofft kommt oft, heißt es. Wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet, trifft einen dieses eine Ereignis mit doppelter Wucht. Jetzt ist es nicht gerade so, dass "The stolen view", das letzte Album der Schweizer Band Leech, auch nur im Entferntesten schlecht war. Ganz im Gegenteil. Und doch schürte das Werk eine gewisse Unruhe, zu unsicher wirkten die Songs teilweise, hier und da fehlte es an Richtung, und diese Wankelmütigkeit ließ die Songs oft schließlich ins Leere laufen. Mit dem Nachfolger "If we get there one day, would you please open the gates?", das außerhalb Deutschlands schon 2012 veröffentlicht wurde, ist das gänzlich anders: Satte 77 Minuten hemmungsloser Arrangements gibt es hier- Die erneut rein instrumentalen Stücke zwischen drei und elf Minuten Länge kennen kein Erbarmen und so jagt ein epischer Brecher den anderen.
Womit wir wieder bei der Hoffnung wären: Hatte man in den ersten Sekunden des Openers "Turbolina" noch die geringsten Zweifel, dass es hier aufgrund des kurzweilig vor sich hin pluckernden Geplänkels eine ruhige Kiste werden könnte, wird man schnell eines Besseren belehrt. Die elektronischen Elemente werden von Stromgitarre und Schlagzeug unterstützt, während die Melodie eine Berg-und-Talfahrt unternimmt, die ihresgleichen sucht. Dieses Schema behalten die meisten Songs auf "If we get there one day, would you please open the gates?" bei, wie auch das großartige "Amazing hog" eindrucksvoll beweist. Fast melancholisch wechseln sich hier die brachialen Parts mit den ruhigeren ab, bis schließlich nur noch eine Akustikgitarre und ein Xylophon erklingen. Dass es dabei nicht bleibt und der nächste Ausbruch nur Augenblicke entfernt ist, dürfte längst klar sein.
Heimliches Highlight des Albums ist aber das mit über elf Minuten längste Stück "Hands full of hearts, heart full of stones". Schwermütig und monoton startet es, nur sehr langsam gesellen sich immer mehr Instrumente dazu, bis nach knapp vier Minuten die Geschwindigkeit etwas zunimmt. Langweile kommt trotzdem nicht auf, zu geisterhaft wird die Stimmung, bis auch hier eine fulminante Explosion stattfindet, die, sobald man sie gerade verarbeitet hat, schon wieder zum Stillstand kommt. Die nächste Verschnaufpause dauert aber glücklicherweise nicht lang. Andere Songs wie das mitreißende "Gravity head" oder das bereits bekannte "October" sorgen für weitere Facetten und machen einmal mehr deutlich, dass sich Leech von dem Einheitsbrei-Image, das Post-Rock seit einiger Zeit anhaftet, ohne große Anstrengung abheben. Mit eben dieser Leichtigkeit endet das Album, vor allem dank des verspielten "Endymion", dessen Höhepunkt nicht minder laut ist als der Herzschlag des Hörers in den allerletzten Sekunden. Unverhofft kommt oft, ja. Aber manchmal lohnt sich das Warten.
Highlights
- Hands full of heart, heart full of stones
- October
- Amazin hog
- Endymion
Tracklist
- Turbolina
- Echolon
- March of the megalomaniacs
- Hands full of hearts, heart full of stones
- Anthracite
- October
- Gravity head
- Amazing hog
- Nearly there
- Endymion
Gesamtspielzeit: 77:01 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fakeboy Postings: 3517 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-04-22 10:45:58 Uhr
Zum Thema Post-Rock, grad auf der Website von Honey For Petzi aufgeschnappt: In May 1994 in The Wire, journalist Simon Reynolds coined the term post-rock, defining it as follows: “Post-rock means using rock instrumentation for non-rock purposes, using guitars as facilitators of timbres and textures rather than riffs and power chords.” Darum sind für mich Leech eben nicht Post-Rock, sondern monumentaler Instrumental-Rock. |
Beefy Postings: 445 Registriert seit 16.03.2015 |
2022-04-06 17:24:05 Uhr
Ich verstehe alle, denen "If We..." zu viel des Guten ist. Sehe es aber wie Leech - mein Liebling von Leech und sogar einer meiner Favoriten überhaupt in diesem Genre. Und damit meine ich Post-Rock :-) |
Leech85 Postings: 599 Registriert seit 15.03.2021 |
2022-04-06 12:52:20 Uhr
Stolen View ist auch historisch. Aber für mich zu kurz geraten wenn man die Interludes wegrechnet die ich nicht wirklich gut finde.Aber mit Inspiral natürlich ihr bester Song drauf! Doch für mich ist es klassischer Post Rock. Ihre alten Scheiben wie Instarmental oder Soundtrack to an emotional picture mindmovie waren hingegen eher Progressiver Instrumentalrock. |
peter73 Postings: 1927 Registriert seit 14.09.2020 |
2022-04-06 10:33:57 Uhr
"Ich mag den Vorgänger Stolen View etwas lieber"me2. und die split-cd (090208) mit long distance calling sollte man auch mal gehört haben als fan... |
fakeboy Postings: 3517 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-04-06 09:46:32 Uhr
Ich mag den Vorgänger Stolen View etwas lieber. Und: eigentlich ist es nicht Post-Rock, was Leech hier spielen. Eher instrumentale epische Rockmusik. |
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Referenzen
Long Distance Calling; pg.lost; If These Trees Could Talk; And The Furies Say; Caspian; This Will Destroy You; God Is An Astronaut; Joy Wants Eternity; The Evpatoria Report; Russian Circles; Ef; The Ascent Of Everest; Isis; Scraps Of Tape; Mono; Windmills by The Ocean; Explosions In The Sky; September Malevolence; Pelican; And So I Watch You From Afar; From Monument To Masses; 65daysofstatic; Crippled Black Phoenix; Gregor Samsa; The Appleseed Cast; Elliott; Carrera; Set Fire To Flames; Godspeed You! Black Emperor; Boris; Black Dice; Red Sparrowes; Kinski; A Whisper In The Noise; Moving Mountains; Múm; Sometree; Meanwhile, Back In Communist Russia; Kyte; The Gloria Record; Mineral; Immanu El; Sigur Rós
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