Dido - Girl who got away

RCA / Sony
VÖ: 01.03.2013
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der Asphaltengel
"My tea's gone cold, I'm wondering why / I got out of bed at all / The morning rain clouds up my window / And I can't see at all", da springt doch jeder sofort an. Auch ohne Melodie, alleine schon beim Lesen dieser Zeilen denkt man direkt zurück ans Jahr 2000. Gerade als man meinte, dass Eminem nur wieder einer dieser bestimmten Rapper sei, die zwischen Provokation und übermäßiger Aggressivität nichts weiter drauf hätten, veröffentlicht der einfach mal so das bis heute absolut grandiose "Stan" und stellt der breiten Öffentlichkeit darin eine Sängerin vor, die man vorher noch nicht so richtig auf dem Schirm hatte. Didos "Thank you" war der eigentliche Hit hinter dem Hit, und ihr Debüt "No angel", ursprünglich von 1999, erfuhr dadurch auch nochmal einen netten Anschubser hoch in die Charts.
Es folgten mit "Life for rent" und "Safe trip home" zwei weitere Alben der Britin, die irgendwo zwischen Pop, TripHop und Alternative Music angesiedelt waren, bis sie sich schließlich für über vier Jahre verabschiedete. Die nun 41-Jährige ist mittlerweile Mutter eines Sohnes (der passenderweise Stanley heißt) und veröffentlicht mit "Girl who got away" ihr viertes Album. Viel verändert hat sich darauf nicht - macht auch nichts. Dido tat niemandem mit ihrer Musik je wirklich weh, und hinter dem blonden Porzellangesicht mit der glockenhellen Stimme, die auf dem ersten Album noch mit sanften Tönen darauf bestand, kein Engel zu sein, steckte doch immer irgendwie eben genau das. Ein Asphaltengel von der Straße, der mit Rappern zusammenarbeiten kann, ohne dabei auf das prollig-billige Häschen reduziert zu werden. Da ist es nur konsequent, dass sie vom Feature zur Hauptattraktion wird und Eminem im Jahr 2013 einfach mal so gegen Kendrick Lamar eintauscht.
Genau, DER Kendrick Lamar. Das neue Wunderkind des Rap gibt sich auf "Let us move on" die Ehre, was klugerweise als erster Vorbote von "Girl who got away" bereits im Dezember letzten Jahres veröffentlicht wurde. Der Song, eingeleitet von sachten Pianoklängen und einem schweren, dumpfen Beat, erzählt natürlich von viel mehr als einem schnöden Umzug in eine neue Bude und entwickelt sich, obgleich er recht früh in der Tracklist auftaucht, schnell zu einem Highlight des Albums - und das nicht nur dank seines bärenstarken Gaststars. Der Titeltrack von "Girl who got away" hingegen zeigt Dido, wie man sie damals vor 13 Jahren zum ersten Mal wahrgenommen hatte, in Reinform: Wie eine Nachtigall tiriliert sie anfangs nur zu einer akustischen Gitarre, der entspannte Rhythmus und der mehrstimmige Refrain zeugen von einem ordentlichen Popsong, wie es natürlich viele in dieser Form gibt - aber bei Dido fast nur gute.
Ein Stück wie "Happy new year" passiert aber auch nicht einfach nur so. Ein dumpfer Ton begleitet Dido, und auch wenn ihr Gesang natürlich wie immer unbeschwert wie ein Blümchen klingt, hängt ein tiefschwarzer Schleier in der Luft. Es ist einer der wenigen Songs, die Dido nicht gemeinsam mit ihrem Bruder Rollo Armstrong produziert hat, und Greg Kurstin (The Bird And The Bee) macht aus diesem engelsgleichen Wesen ein todtrauriges Gespenst aus der Dunkelheit, das der vergangenen Liebe nachtrauert. Sicher keine leichte Kost. Muss es auch nicht. Stücke wie das zerbrechliche "Sitting on the roof of the world" oder auch das tanzbare "Go dreaming" sorgen für genügend weitere Facetten, bis der Endspurt mit "Loveless heart" in all seiner Schwermut und Melancholie nahezu ohne Umwege ganz nach unten führt - rein emotional gesehen. Zum Schluss gibt es mit "Day before we went to war" den zweitbesten Song des Albums und mit einen der besten, den man je von der Sängerin gehört haben dürfte. Spätestens da wird dann endgültig klar: Auch Engel können jemandem zum Heulen bringen - kaum einer aber so geübt wie Dido.
Highlights
- No freedom
- Let us move on (feat. Kendrick Lamar)
- Sitting on the roof of the world
- Day before we went to war
Tracklist
- No freedom
- Girl who got away
- Let us move on (feat. Kendrick Lamar)
- Blackbird
- End of night
- Sitting on the roof of the world
- Love to blame
- Go dreaming
- Happy new year
- Loveless hearts
- Day before we went to war
Gesamtspielzeit: 43:00 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Klassika |
2013-12-07 00:49:37 Uhr
Na "Safe trip home". ;) |
xy |
2013-12-07 00:46:00 Uhr
welches denn? ;) |
Klassika |
2013-12-07 00:38:33 Uhr
Ich hab noch ein Dido-Album auf der Festplatte. |
Trav |
2013-03-03 00:20:14 Uhr
Oh, das ging schnell! ;D"Zum Schluss gibt es mit "Day before we went to war" den zweitbesten Song des Albums und mit einen der besten, den man je von der Sängerin gehört haben dürfte" Hätte man nicht besser sagen können! Gute Rezension! |
Jennifer |
2013-03-02 01:37:05 Uhr
- Die Tracklist ist übrigens falsch, liebes Plattentestteam. Girl Who Got Away besitzt keinen Titel mit dem Namen "Sex Tonight"!War beim Stream leider fälschlicherweise so angegeben. Ist angepasst, vielen Dank! |
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Referenzen
Everything But The Girl; Beth Orton; Sinéad O'Connor; Lamb; Kosheen; Morcheeba; Fleps; Lisa Stansfield; Neneh Cherry; Katie Melua; Sophie B. Hawkins; Denali; Suzie van der Meer; Bobo In White Wooden Houses; Sarah McLachlan; Lene Marlin; Natalie Imbruglia; Jewel; Heather Nova; Skin; Tracy Chapman; Paula Cole; Beverley Craven; Annie Lennox; Tasmin Archer; Enya; Kate Bush; Super700; Portishead; Björk; Seal; Moby; Faithless
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